Der Wert eines Verfahrens auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung ist mit dem Jahreswert des monatlich geforderten Betrags zu bemessen. Bei Antragstellung fällige Beträge sind hinzuzurechnen.
BGB § 745 Abs. 2; FamGKG § 35, § 39 Abs. 1, Abs. 2, § 40 Abs. 1 S. 1, § 42 Abs. 1 Das Problem
Die rechtskräftig geschiedenen Eheleute streiten gem. § 745 BGB um die Höhe einer Nutzungsentschädigung für ein in ihrem Miteigentum stehendes Haus. Wie ist der Gegenstandswert für dieses Verfahren festzusetzen? Die Entscheidung des Gerichts
Zunächst schließt der Senat entgegen einer Mindermeinung die Festsetzung gem. § 48 FamGKG aus (so aber OLG Hamm v. 8.1.2013 – 6 UF 96/12, juris Rz. 8 = FamRZ 2013, 1421 = FamRB 2013, 218 [Neumann]). Der Streit um die nacheheliche Zahlung von Nutzungsentschädigung gem. § 745 Abs. 2 BGB sei keine Ehewohnungssache i.S.v. § 200 FamFG. Er stelle vielmehr eine sonstige Familienstreitsache nach § 266 Abs. 1 FamFG dar. Damit richte sich die Bewertung nach § 35, § 42 Abs. 1 FamGKG. Die bei Antragstellung bereits fälligen Beträge seien gem. § 35 FamGKG zu bemessen. Der Wert der künftig fällig werdenden Beträge sei gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen (OLG Brandenburg v. 23.6.2020 – 15 UF 15/20, juris Rz. 15 m.w.N.). Bei der Ausfüllung des in § 42 Abs. 1 FamGKG eröffneten Ermessens sei auf die in § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG enthaltene Wertung zurückzugreifen und der 12-fache Monatswert der geltend gemachten monatlichen Nutzungsentschädigung heranzuziehen (so auch OLG Hamm v. 20.7.2023 – 5 UF 78/23, juris Rz. 3; OLG Frankfurt v. 30.9.2021 – 6 UF 87/21, juris Rz. 7; OLG Braunschweig v. 21.3.2017 – 1 UF 106/16, juris Rz. 14 ff. = FamRZ 2017, 1767; OLG Naumburg v. 2.9.2014 – 3 UF 229/13, juris Rz. 13 = FamRZ 2015, 953 und v. 7.12.2017 – 3 W 15/17, juris Rz. 7 = FamRZ 2018, 1106; Dürbeck in Prütting/Helms, 6. Aufl., § 200 FamFG Rz. 8). Die Beschränkung des Werts für die Geltendmachung wiederkehrender Unterhaltsleistungen auf den für die ersten 12 Monate nach Einreichung des Antrags geforderten Betrag diene dem Zweck, die anfallenden Gebühren auf ein sozialverträgliches Maß zu beschränken. Damit solle das Kostenrisiko für die Beteiligten überschaubar bleiben (Neumann in BeckOK, Kostenrecht, § 51 FamGKG Rz. 4 [Stand: 1.4.2024]; Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl., § 51 FamGKG Rz. 1). Dieser Schutzzweck lasse sich auf Streitigkeiten der Eheleute für die nacheheliche Nutzung gemeinsam erworbenen Wohnraums übertragen. Die Materien Unterhalt und Nutzungsvergütung sowie die Fragen betreffend die Bedienung oder Freistellung von gemeinsamen Darlehensverbindlichkeiten stünden häufig in engem Zusammenhang und Wechselwirkung zueinander. Zwar habe die gemeinsame Immobilie nach der Scheidung ihren Charakter als Ehewohnung verloren (Faber in juris PK-BGB, 10. Aufl., § 1361b Rz. 10). Dennoch bleibe die Bruchteilsgemeinschaft der ehemaligen Ehegatten familienrechtlich überlagert. Eine unterschiedliche Behandlung gegenüber sonstigen Bruchteilsgemeinschaften in gebührenrechtlicher Hinsicht sei daher gerechtfertigt ist (vgl. OLG Naumburg v. 7.12.2017 – 3 W 15/17, juris Rz. 7 = FamRZ 2018, 1106; a.A. OLG Brandenburg v. 23.6.2020 – 15 UF 15/20, juris Rz. 17). Der vereinzelt befürwortete Rückgriff auf § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO und daraus folgend die Heranziehung des 3 1/2fachen Jahreswerts der geforderten Nutzungsentschädigung (so OLG Brandenburg v. 23.6.2020 – 15 UF 15/20, juris Rz. 16 f.; OLG Frankfurt v. 7.5.2013 – 6 UF 373/11, juris Rz. 4 = FamRZ 2014, 1732 = FamRB 2013, 360 [Dimmler]) führe demgegenüber zu nicht sachgerechten Ergebnissen wegen der überhöhten Verfahrenswerte.