OLG Köln, Beschl. 4.3.2024 - 2 Wx 22/24
Ehegüterstatut bei Eheleuten mit deutscher und russischer Staatsangehörigkeit und gemeinsamem Wohnsitz in Deutschland
Autor: RAin Olga Schöler-Stambulova, FAinFamR, Nordhorn
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 01/2025
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 01/2025
Die güterrechtliche Verhältnisse des mittlerweile verstorbenen Ehemannes mit deutscher Staatsangehörigkeit sowie der Ehefrau mit russischer Staatsangehörigkeit richtet sich nach dem Russischen Kollisionsrecht (Art. 161 Nr. 1 Satz 1 des Familiengesetzbuches der Russischen Föderation) bei gemeinsamen Aufenthalt der Eheleute zur Zeit der Heirat in Russland und deren späteren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland nach deutschem Recht, sofern sich die Eheleute in Deutschland ständig oder überwiegend aufhalten.
EGBGB Art. 4, 14, 15, 229 § 47 Abs. 2; EuErbVO Art. 21 Abs. 1; FGB der Russischen Föderation Art. 161 Nr. 1 S. 1; ZGB der Russischen Föderation Art. 20 Abs. 1.
Gemäß Art. 21 Abs. 1 EuErbVO ist deutsches Recht anzuwenden (gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland zum Zeitpunkt des Todes). Auch nach dem Konsularvertrag zwischen der BRD und UdSSR (gilt für die BRD und die Russische Föderation und hat gem. Art. 75 Abs. 1 EuErbVO Vorrang vor der EuErbVO) ist das deutsche Recht anzuwenden. § 1371 Abs. 1 (Erhöhung der Quote des § 1931 Abs. 1, 3 BGB um 1/4) ist anzuwenden, da auch für das Ehegüterstatut deutsches Recht gilt.
Die Bestimmung des Ehegüterstatuts für die im Jahr 2014 geschlossene Ehe richtet sich gem. Art. 229 § 47 Abs. 2 EGBGB hier nach Art. 15 i.V.m. Art. 14 EGBGB in der vom 1.10.1994 bis einschließlich 28.1.2019 geltenden Fassung (im Folgenden: EGBGB 1994). Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB 1994 unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe bei fehlender Rechtswahl dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Danach ist – insoweit abweichend von der Regelung der allgemeinen Ehewirkungen – von der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts auszugehen, d.h., dass nur das bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebende Recht anwendbar ist (vgl. BGH v. 9.12.2009 – XII ZR 107/08, BGHZ 183, 287, juris Rz. 21 = FamRZ 2010, 533 m. Anm. Henrich = FamRBint 2010, 25 [Mörsdorf-Schulte]). Die Ehegatten hatten bei der Eheschließung keine gemeinsame Staatsangehörigkeit i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB 1994 und hatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 EGBGB 1994 noch in Russland.
Die Alt. 2 des Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB 1994 ist wegen der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts nicht anwendbar (vgl. Mankowski in Staudinger, BGB (2010), Art. 25 EGBGB Rz. 28 m.w.N.). Mithin verweist das deutsche internationale Privatrecht auf das russische Recht. So auch das Nachlassgericht.
Art. 161 des Familienkodex der RF vom 29.12.1995 verweist allerdings für die vermögensrechtlichen Fragen auf den letzten gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten (diese Rückverweisung hat das Nachlassgericht nicht angewendet). Das deutsche Recht nimmt die Rückverweisung als Verweisung auf die deutschen Sachvorschriften in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB an (vgl. auch KG v. 17.11.2004 – 3 UF 52/04, juris Rz. 19 = FamRZ 2005, 1676), so dass für die Ehe das deutsche materielle Ehegüterrecht gilt.
EGBGB Art. 4, 14, 15, 229 § 47 Abs. 2; EuErbVO Art. 21 Abs. 1; FGB der Russischen Föderation Art. 161 Nr. 1 S. 1; ZGB der Russischen Föderation Art. 20 Abs. 1.
Das Problem
Der Verstorbene war Deutscher, seine Witwe Staatsangehörige der Russischen Föderation, die Eheschließung erfolgte in Moskau, später wohnten die Eheleute in Deutschland. Während dieser Zeit reisten die beiden oft nach Russland, wobei die Ehefrau dort längere Zeiträume verbracht hat als der Ehemann. Der letzte gemeinsame Wohnsitz war in Köln. Die Witwe beansprucht ¾ der Erbmasse (1/2 der Erbquote der Ehefrau, erhöht um ¼ gem. § 1371 BGB) und beruft sich auf deutsches Güterrecht. Die zwei Schwestern des Verstorbenen sollen jeweils 1/8 bekommen. Diese begehren jeweils ¼ und halten § 1371 für nicht anwendbar, da das russische Ehegüterrecht gelte. Die Beteiligten seien am engsten mit Russland verbunden gewesen sein und es habe kein gemeinsamer Wohnsitz in Deutschland bestanden. Der Nachlassrichter folgt letzterem und weist den Antrag der Witwe ab. Sie wendet sich dagegen mit der Beschwerde.Die Entscheidung des Gerichts
Das Beschwerdegericht hebt den angefochtenen Beschluss auf und setzt die für den Erbschein begründeten Tatsachen fest (§ 352e Abs. 1 FamFG). Danach ist die Witwe zu ¾ und die zwei Schwestern des Verstorbenen zu je 1/8 Erben (§ 1931 Abs. 1 Satz 1, Alt. 2 i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB).Gemäß Art. 21 Abs. 1 EuErbVO ist deutsches Recht anzuwenden (gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland zum Zeitpunkt des Todes). Auch nach dem Konsularvertrag zwischen der BRD und UdSSR (gilt für die BRD und die Russische Föderation und hat gem. Art. 75 Abs. 1 EuErbVO Vorrang vor der EuErbVO) ist das deutsche Recht anzuwenden. § 1371 Abs. 1 (Erhöhung der Quote des § 1931 Abs. 1, 3 BGB um 1/4) ist anzuwenden, da auch für das Ehegüterstatut deutsches Recht gilt.
Die Bestimmung des Ehegüterstatuts für die im Jahr 2014 geschlossene Ehe richtet sich gem. Art. 229 § 47 Abs. 2 EGBGB hier nach Art. 15 i.V.m. Art. 14 EGBGB in der vom 1.10.1994 bis einschließlich 28.1.2019 geltenden Fassung (im Folgenden: EGBGB 1994). Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB 1994 unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe bei fehlender Rechtswahl dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Danach ist – insoweit abweichend von der Regelung der allgemeinen Ehewirkungen – von der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts auszugehen, d.h., dass nur das bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebende Recht anwendbar ist (vgl. BGH v. 9.12.2009 – XII ZR 107/08, BGHZ 183, 287, juris Rz. 21 = FamRZ 2010, 533 m. Anm. Henrich = FamRBint 2010, 25 [Mörsdorf-Schulte]). Die Ehegatten hatten bei der Eheschließung keine gemeinsame Staatsangehörigkeit i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB 1994 und hatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 EGBGB 1994 noch in Russland.
Die Alt. 2 des Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB 1994 ist wegen der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts nicht anwendbar (vgl. Mankowski in Staudinger, BGB (2010), Art. 25 EGBGB Rz. 28 m.w.N.). Mithin verweist das deutsche internationale Privatrecht auf das russische Recht. So auch das Nachlassgericht.
Art. 161 des Familienkodex der RF vom 29.12.1995 verweist allerdings für die vermögensrechtlichen Fragen auf den letzten gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten (diese Rückverweisung hat das Nachlassgericht nicht angewendet). Das deutsche Recht nimmt die Rückverweisung als Verweisung auf die deutschen Sachvorschriften in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB an (vgl. auch KG v. 17.11.2004 – 3 UF 52/04, juris Rz. 19 = FamRZ 2005, 1676), so dass für die Ehe das deutsche materielle Ehegüterrecht gilt.