OLG München, Urt. 31.1.2019 - 29 U 1582/18

Angabe der wesentlichen Eigenschaften angebotener Ware auf Amazon

Autor: RAin Daniela Köhnlechner/RAin Laura-Sophie Walter, KREMER RECHTSANWÄLTE, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 06/2019
Onlinehändler wie Amazon müssen die wesentlichen Eigenschaften der angebotenen Ware unmittelbar auf der Bestellabschlussseite im Kaufprozess angeben. Sind die Angaben nur über einen Link im virtuellen Warenkorb vor der Bestellabschlussseite einsehbar, genügt dies nicht.

OLG München, Urt. v. 31.1.2019 - 29 U 1582/18 (nrkr.)

Vorinstanz: LG München I, Urt. v. 4.4.2018 - 33 O 9318/17

RL 2011/83/EU Art. 8 Abs. 2; BGB § 312j Abs. 2; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; UWG §§ 3, 3a

Das Problem

Der Onlinehändler Amazon bot in seinem deutschsprachigen Onlineshop u.a. einen Sonnenschirm und ein Kleid an, auf deren Produktdetailseiten dem Kunden eine Vielzahl an Informationen zur Verfügung gestellt wurden. Legte man die Produkte in den virtuellen Warenkorb, war bei dem Sonnenschirm nur ein Foto des Produkts, der Produktname nebst der Angabe „natur, ca. 300 × 300 cm 8-teilig, quadratisch” und der Preis abgebildet. Bei dem Kleid waren nach Einlegen in den Warenkorb der Modellname, die Farbe und die Konfektionsgröße sichtbar. Die Produkte waren im Warenkorb jeweils mit der entsprechenden Produktdetailseite verlinkt. Nach Anklicken des Buttons „Zur Kasse gehen” gelangte der Kunde auf die Bestellabschlussseite, auf der ebenfalls nur die eingeschränkten Produktinformationen sichtbar waren. Ein Link auf die Produktdetailseite war auf der Bestellabschlussseite nicht mehr vorhanden.

Ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen seiner Mitglieder wandte sich gegen die Produktdarstellung, da Angaben zum Material der Produkte und zum Gewicht des Sonnenständers auf der Bestellabschlussseite nicht vorhanden waren.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG München bejaht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch des Vereins und bestätigt damit die erstinstanzliche Entscheidung des LG München I.

Bereitstellung der Produktinformationen: Gemäß § 312j Abs. 2 BGB sei der Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr verpflichtet, dem Verbraucher u.a. die Informationen gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB über die wesentlichen Eigenschaften der Ware in dem für das Kommunikationsmittel und für die Ware angemessenen Umfang unmittelbar, bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen. Dem werde Amazon durch die Produktdarstellung im Bestellprozess nicht gerecht. Die Informationen seien nur dann „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt” verfügbar, wenn sie sich auf der Internetseite befänden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließe. Ein Link dort oder auf einer vorgeschalteten Internetseite sei nicht ausreichend. Dies ergebe sich unzweideutig aus der Gesetzesbegründung.

Keine Vorlage an den EuGH: Eine Vorlage an den EuGH sei nicht veranlasst, da sich auch aus Art. 8 Abs. 2 RL 2011/83/EU ergebe, dass die Anzeige der wesentlichen Eigenschaften auf derselben Internetseite wie der Abschluss der Bestellung erfolgen müsse.

Übersichtlichkeit der Bestellung: Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit komme es bei größeren Bestellungen de lege ferenda in Betracht, hinsichtlich der wesentlichen Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen auch eine Verlinkung auf andere Seiten in der Nähe der Bestellschaltfläche für ausreichend zu erachten. De lege lata genüge dies den Anforderungen jedoch nicht.


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