OLG Naumburg, Urt. 7.11.2019 - 9 U 6/19
Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen
Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 01/2020
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 01/2020
Ein Verstoß gegen Vorgaben der DSGVO (hier: fehlende Einwilligung i.S.v. Art. 9 DSGVO) kann einen Verstoß gegen Marktverhaltensregeln darstellen.
UWG §§ 3a, 8 Abs. 1, 9; VO (EU) 2016/679 Art. 9
Verstoß gegen Marktverhaltensregel: Im Anschluss an die Rechtsauffassung des OLG Hamburg (OLG Hamburg v. 25.10.2018 – 3 U 66/17, CR 2019, 33 = ITRB 2019, 7 [Kunczik]) sei die jeweilige konkrete Norm der DSGVO dahingehend zu überprüfen, ob es sich um eine Regelung des Marktverhaltens handle. Dies sei im Fall von Art. 9 DSGVO zu bejahen. Gegen die Vorgaben der Vorschrift habe der Verantwortliche mangels vorheriger Einholung einer Einwilligung seiner Kunden verstoßen (Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO). Die Bestellung von apothekenpflichtigen Medikamenten lasse Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Bestellers zu, so dass die verarbeiteten Bestelldaten „Gesundheitsdaten“ i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO seien.
Kein Schadensersatz: Einen Anspruch auf Schadensersatz (§ 9 UWG) sei indes mangels Verschuldens abzulehnen. Der Apotheker sei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB analog) unterlegen, da die Rechtsfrage, ob die DSGVO marktregelnden Charakter habe, noch nicht geklärt sei.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sei die Revision zuzulassen.
UWG §§ 3a, 8 Abs. 1, 9; VO (EU) 2016/679 Art. 9
Das Problem
Ein Apotheker vertrieb über die Handelsplattform Amazon rezeptfreie, apothekenpflichtige Medikamente. Hierbei wurden u.a. die Bestelldaten der Kunden ohne Einwilligung verarbeitet. Ein Mitbewerber sah hierin Verstöße gegen apothekenrechtliche Vorschriften sowie gegen die Vorgaben der DSGVO und nahm den Apotheker u.a. auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Gegen das klageabweisende Urteil des LG richtet sich die Berufung.Die Entscheidung des Gerichts
Auch das OLG stellte keinen Verstoß gegen das Berufsrecht der Apotheker fest. Anders als die Vorinstanz (s. hierzu LG Magdeburg v. 18.1.2019 – 36 O 48/18, ITRB 2019, 158 f. [Kartheuser]) bejahte das Berufungsgericht aber einen Unterlassungsanspruch des Mitbewerbers wegen des Verstoßes gegen die DSGVO (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 3a UWG, Art. 9 DSGVO).Verstoß gegen Marktverhaltensregel: Im Anschluss an die Rechtsauffassung des OLG Hamburg (OLG Hamburg v. 25.10.2018 – 3 U 66/17, CR 2019, 33 = ITRB 2019, 7 [Kunczik]) sei die jeweilige konkrete Norm der DSGVO dahingehend zu überprüfen, ob es sich um eine Regelung des Marktverhaltens handle. Dies sei im Fall von Art. 9 DSGVO zu bejahen. Gegen die Vorgaben der Vorschrift habe der Verantwortliche mangels vorheriger Einholung einer Einwilligung seiner Kunden verstoßen (Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO). Die Bestellung von apothekenpflichtigen Medikamenten lasse Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Bestellers zu, so dass die verarbeiteten Bestelldaten „Gesundheitsdaten“ i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO seien.
Kein Schadensersatz: Einen Anspruch auf Schadensersatz (§ 9 UWG) sei indes mangels Verschuldens abzulehnen. Der Apotheker sei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB analog) unterlegen, da die Rechtsfrage, ob die DSGVO marktregelnden Charakter habe, noch nicht geklärt sei.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sei die Revision zuzulassen.