OLG Stuttgart, Beschl. 17.2.2022 - 16 UF 108/22

Auseinandersetzung einer Ehegattenaußengesellschaft

Autor: VPräsOLG a.D. Reinhardt Wever, Bremen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 08/2022
Für die Zeit bis zur Trennung besteht regelmäßig kein Anspruch auf nachträgliche hälftige Gewinnbeteiligung nach dem Ende der Gesellschaft, wenn im gesetzlichen Güterstand lebende Eheleute als Gesellschafter einer BGB-Außengesellschaft freie Gewinnentnahme vereinbart und praktiziert haben.

BGB § 722 Abs. 1

Das Problem

Die Eheleute hatten über viele Jahre in Form einer BGB-Außengesellschaft eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei geführt. Sie hatten mündlich vereinbart, dass die Entnahmen aus der Gesellschaft verwendet würden, um das für den Erwerb der Kanzlei aufgenommene Darlehen zurückzuführen, den Alltag und die Ausbildung der Kinder zu finanzieren und Rücklagen für das Alter zu bilden. Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag gab es nicht. Nachdem es zur Trennung gekommen war, kündigte die Ehefrau die BGB-Gesellschaft und verlangte vom Ehemann als Gewinnbeteiligung die Zahlung von rund 502.000 € mit der Behauptung, dieser habe während der Zeit des gemeinsamen Wirtschaftens mehr entnommen als sie selbst.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG bestätigt die Abweisung des Begehrens durch die Vorinstanz. Zwar sei die Ehefrau durchaus befugt, Ausgleichsansprüche im Wege einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar dem Ehemann gegenüber geltend zu machen, statt sie als unselbständige Rechnungsposten in eine Auseinandersetzungsbilanz einstellen zu müssen. Denn außer Bankguthaben und Ansprüchen gegen die Gesellschafter sei zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen nicht vorhanden. Doch bestünden solche Ausgleichsansprüche nicht. Seien wie hier bei einer im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geführten Ehe die Eheleute Gesellschafter einer Zwei-Personen-GbR, müsse bei vereinbarter freier Entnahme im Zweifel davon ausgegangen werden, dass eine konkludente Vereinbarung getroffen worden sei, wonach es nach dem Ende der Gesellschaft bei der bis dahin erfolgten Entnahmepraxis verbleibe und kein Ausgleich entsprechend einer hälftigen Gewinnbeteiligung erfolge. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Eheleute während ihres Zusammenlebens davon ausgegangen seien, nach Beendigung der BGB-Gesellschaft solle ein Ausgleich sämtlicher Entnahmen erfolgen. Vielmehr habe es ihrer einvernehmlichen Übung entsprochen, dass jeder Ehegatte die von ihm benötigten Beträge entnehmen konnte und es sei gemeinsam gewirtschaftet worden. Zu keinem Zeitpunkt habe ein Ehegatte den auf ihn entfallenden Gewinn beansprucht. Ab Trennung allerdings bestehe kein Anlass mehr für die Vermutung einer abweichenden Vereinbarung über die Gewinnverteilung. Vielmehr sei ab diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Grundregel der hälftigen Beteiligung an Gewinn und Verlust gem. § 722 Abs. 1 BGB einschlägig sei. Soweit ein Ehegatte nach der Trennung mehr entnommen habe, als seinem Gewinnanteil entsprach, habe ein Ausgleich zu erfolgen. Ein Ausgleichsanspruch der Ehefrau insoweit bestehe jedoch nicht, da sie nach der Trennung mehr entnommen habe als der Mann.


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