Pauschale Abgeltung von Überstunden

Autor: RA FAArbR Dr. Jessica Jacobi, Kliemt & Vollstädt, Berlin
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 09/2012
Auch eine mündlich vereinbarte Vertragsbedingung kann eine Allgemeine Geschäftsbedingung sein. Die pauschale Abgeltung von Überstunden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine Hauptleistungsabrede und deshalb von der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen.

BAG, Urt. v. 16.5.2012 - 5 AZR 331/11

Vorinstanz: LAG München - 6 Sa 595/10

BGB §§ 138, 305 Abs. 1, 305c Abs. 1, 307

Das Problem:

Der Kläger war im Unternehmen der Beklagten von Februar 2007 bis zum 15.3.2008 beschäftigt. Er bezog bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ein monatliches Grundgehalt von 2.184,84 € brutto. Einen schriftlichen Vertrag schlossen die Parteien nicht. Gemäß der Abrede der Parteien beim Einstellungsgespräch wurden die ersten 20 Überstunden im Monat nicht vergütet. Ab der 21. Überstunde zahlte die Beklagte Überstundenvergütung zzgl. eines Zuschlags von 25 %.

Der Kläger macht mit seiner nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erhobenen Klage Überstundenvergütung auch für die ersten zwanzig Überstunden im Monat geltend. Die mündliche Abrede („mit drin”) sei unwirksam. Außerdem sei die vereinbarte Vergütung sittenwidrig, da sie zwei Drittel des üblichen Tarifentgelts unterschreite. Als Vergleichsgruppe zieht der Kläger den Entgeltrahmentarifvertrag für die bayerische Metall- und Elektroindustrie heran.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das BAG bestätigt das klageabweisende Urteil des LAG. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung der ersten zwanzig Überstunden im Monat. Die pauschale Vereinbarung der Abgeltung der ersten zwanzig Überstunden im Monat durch das Arbeitsentgelt sei wirksamer Bestandteil des mündlichen Arbeitsvertrags geworden. Hierbei handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klausel sei nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB, da die pauschale Abgeltung von Überstunden im Arbeitsleben weit verbreitet sei. Sie sei auch ausreichend transparent i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da sich aus ihrer Formulierung klar und verständlich erkennen lasse, was der Arbeitnehmer leisten müsse. Die Klausel unterliege zudem keiner weiteren Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, da eine Klausel, die den Umfang der geschuldeten Vertragsleistung festlege, keine von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelung enthalte.

Des Weiteren sei die gezahlte Vergütung auch nicht sittenwidrig, da weder der objektive noch der subjektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB erfüllt sei. Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, dass ein objektiv auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliege, und auch nicht dargelegt, dass der Arbeitgeber subjektiv eine verwerfliche Gesinnung gehabt habe.


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