Pfälz. OLG, Urt. 18.6.2021 - 2 U 52/20

Zum Pflichtenprogramm des Rechtsanwalts im beschränkten und umfassenden güterrechtlichen Mandat

Autor: RA Dr. Walter Kogel, FAFamR, Dr. Kogel & Mast Familienanwälte, Aachen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 10/2021
Ein Rechtsanwalt, der im Zusammenhang mit der Abwehr eines güterrechtlichen Auskunftsersuchens mandatiert worden ist, kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er seinen Mandanten nicht in unverjährter Zeit auf die offensichtlich bestehende erfolgsversprechende Möglichkeit der Geltendmachung eines eigenen Zugewinnausgleichsanspruchs hinweist.

BGB § 280, § 611, § 675, § 1363, § 1373 Abs. 4

Das Problem

Die Ehe des Klägers wurde 2012 rechtskräftig geschieden. Seine Verfahrensbevollmächtigte, die Beklagte, übersandte ihm damals den rechtskräftigen Scheidungsbeschluss mit einem Merkblatt, das u.a. den Hinweis auf die dreijährige Verjährungsfrist eines etwaigen Zugewinnanspruchs enthielt. 2015 forderte die geschiedene Ehefrau den Kläger zur Auskunft zum Zugewinn auf. In der darauffolgenden Korrespondenz wies die Beklagte auf höheres Anfangsvermögen des Klägers hin. Ihm stehe überschlägig ein Zugewinn von ca. 11.500 € zu. Dieser Betrag wurde allerdings nicht gerichtlich anhängig gemacht. Die Beklagte glaubte, der Kläger sei an einem derart geringen Ausgleichsanspruch nicht interessiert. Sie war im Übrigen der Auffassung, der Zugewinn könne im Zuge der Auseinandersetzung der gemeinsamen Immobilie der Eheleute geregelt werden. Diese stand noch an.

Nunmehr nimmt der Kläger die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung in Anspruch. Den Zugewinn von 11.500 € könne er wegen Verjährung nicht mehr gegen seine Ehefrau durchsetzen. Das LG wies seine Klage ab. Die Beklagte habe lediglich einen Auftrag zur Beantwortung des Auskunftsersuchens der Ehefrau gehabt. Daher sei sie nicht verpflichtet gewesen, den Kläger über das Bestehen und die Verjährung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs zu beraten.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat hebt die Entscheidung teilweise auf und verurteilt die Beklagte zur Zahlung eines Teilbetrags von 3.500 €. Die Beratungsleistung der Beklagten sei rechtsfehlerhaft gewesen. Ein Rechtsanwalt sei aufgrund seines Vertrags verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung umfassend wahrzunehmen. Habe der Mandant seinem Anwalt nur einen beschränkten Auftrag erteilt, könne er ihm grundsätzlich nicht vorwerfen, er habe seinen Auftrag fehlerlos erledigt, hätte aber zur Verhinderung eines anderen verursachten Schadens über sein Mandat hinausgehen müssen. Auch im beschränkten Mandat bestehe aber eine Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB zur Warnung vor Gefahren außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstands, soweit diese dem Anwalt bekannt oder offenkundig seien oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängten (ebenso OLG Karlsruhe v. 25.11.2015 – 16 U 1/15, FamRZ 2000, 1019). Hier habe die Beklagte nicht lediglich die Auskunft für den Kläger erteilt, sondern auch Zahlungsansprüche zumindest überschlägig geprüft. Dabei sei auf den ersten Blick erkennbar gewesen, dass der Kläger wegen seines höheren Anfangsvermögens einen Ausgleichsanspruch gehabt habe. Über die gemeinsame Immobilie wäre eine Durchsetzung keinesfalls möglich gewesen. Einerseits gebe es den stichtagsbezogenen Zugewinnausgleichsanspruch, andererseits die Miteigentumsgemeinschaft, die nötigenfalls durch eine Teilungsversteigerung auseinanderzusetzen sei. Schließlich habe die Beklagte auch nicht ohne weitere Anhaltspunkte davon ausgehen können, dass der Kläger wegen der Geringfügigkeit der Forderung kein Interesse an deren Geltendmachung gehabt habe. Allerdings sei der Schaden nur i.H.v. ca. 3.500 € eingetreten. Der Senat stellt hierbei die unstreitigen Positionen im Anfangsvermögen gegenüber. Hieraus errechnet er die Differenz (geteilt durch 2). Weitere Schenkungen, die der Kläger behauptet habe, hätte er im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens nicht nachweisen können. Der Kläger sei im Haftungsprozess nicht nur dafür beweispflichtig, dass die Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzt worden sei. Er habe auch die Pflicht, die Höhe des Schadens nachzuweisen.


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