Privatinsolvenz: Was sollten Verbraucher wissen?
20.06.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Wenn eine Privatperson zahlungsunfähig wird, kann sie die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen. Ein anderer Name dafür ist Privatinsolvenzverfahren. Dieses steht natürlichen Personen offen, die nicht selbstständig tätig sind. Verbraucher, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, können außerdem eine Restschuldbefreiung beantragen. Nach einer sogenannten Wohlverhaltensphase können ihnen ihre restlichen Schulden erlassen werden. Ende 2020 wurde das "Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens" vom Bundesrat beschlossen. Dieses enthält mehrere Änderungen der Insolvenzordnung, die auch die Privatinsolvenz betreffen. So wurde die Dauer eines Restschuldbefreiungsverfahrens von drei bis sechs Jahren generell auf drei Jahre herabgesetzt.
Ein Insolvenzverfahren bezweckt in erster Linie den Schutz der Gläubiger. Wenn ein Schuldner nicht mehr zahlungsfähig ist, sieht nämlich in der Regel nur derjenige sein Geld wieder, der zufällig zuerst klagt und pfändet. Im Insolvenzverfahren wird das verbliebene Vermögen des Schuldners vor Pfändungen geschützt und dann unter den Gläubigern aufgeteilt, sodass jeder eine bestimmte Quote bekommt.
Allerdings möchte der Gesetzgeber im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens Schuldnern die Möglichkeit geben, nach einer gewissen Zeit wieder frei von Schulden zu sein. Daher unterscheidet sich das Verbraucherinsolvenzverfahren in mehreren Punkten vom Regelinsolvenzverfahren, das bei Unternehmen oder Selbstständigen zur Anwendung kommt.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Regelinsolvenzverfahren:
Unternehmensinsolvenz - was sollten Unternehmer wissen?
Ein Verbraucherinsolvenzverfahren kann beantragen, wer
- zahlungsunfähig ist (d. h. seine Schulden nicht mehr bezahlen kann oder absehen kann, dass dies demnächst der Fall sein wird),
- nicht selbstständig tätig ist und auch keine Schulden aus früherer Selbstständigkeit hat,
- nicht mehr als 20 Gläubiger hat.
Auch ein früherer Selbstständiger kann in Privatinsolvenz gehen, wenn er weniger als 20 Gläubiger hat und wenn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (also zum Beispiel auf Lohnzahlung) gegen ihn bestehen.
Das Privatinsolvenzverfahren setzt voraus, dass der Schuldner zuerst versucht hat, sich mit seinen Gläubigern gütlich zu einigen. Dafür muss zuerst ein Schuldenbereinigungsplan erstellt werden. Mit dessen Hilfe kann der Schuldner seine Gläubiger mit Ratenzahlungen befriedigen. Allerdings gilt dieser Versuch als gescheitert, wenn einer der Gläubiger gar nicht auf den Vorschlag reagiert, die Zwangsvollstreckung einleitet oder der Schuldner die angebotenen Zahlungen überhaupt nicht leisten kann.
Verbraucher müssen einen solchen gescheiterten Versuch nachweisen, um ein Privatinsolvenzverfahren beantragen zu können. Der Nachweis kann beispielsweise mit einer Bescheinigung von einer Schuldnerberatungsstelle oder von einem Anwalt erbracht werden.
Der Schuldner kann beim örtlichen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Dabei handelt es sich um das Amtsgericht an seinem Wohnort. Dem Antrag müssen folgende Unterlagen beiliegen:
- Bescheinigung über einen erfolglosen außergerichtlichen Einigungsversuch,
- Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung oder Erklärung, dass diese nicht beantragt werden soll,
- Verzeichnis des Einkommens und des Vermögens, Verzeichnis der Gläubiger, Verzeichnis aller Schulden und Forderungen, mit der Versicherung, dass die Angaben der Wahrheit entsprechen,
- Schuldenbereinigungsplan.
Das Gericht schickt zunächst den Schuldenbereinigungsplan und die Vermögensübersicht an die Gläubiger. Diese können sich dann einen Monat lang dazu äußern. Melden sie sich nicht, gilt dies als Zustimmung.
Wenn über die Hälfte der Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt hat und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Ansprüche insgesamt beträgt, kann das Gericht die Zustimmung der restlichen Gläubiger durch seine eigene Entscheidung ersetzen. Dies muss jedoch der Schuldner oder ein Gläubiger beantragen.
Haben die Gläubiger zugestimmt oder wurde ihre Zustimmung vom Gericht ersetzt, gilt dies als rechtswirksamer gerichtlicher Vergleich. Alle Beteiligten müssen sich daran halten.
Wenn dieses Zustimmungsverfahren fehlschlägt, leitet das Gericht das Verbraucherinsolvenzverfahren ein.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass das Gericht ein Verbraucherinsolvenzverfahren "mangels Masse" ablehnt. Dies wird es tun, wenn der Schuldner nicht einmal mehr genug Vermögen besitzt, um die Gerichtskosten und die Kosten des Insolvenzverwalters zu bezahlen. Dann kann also auch keine Restschuldbefreiung stattfinden. Das Gericht kann jedoch dem Schuldner unter bestimmten Umständen diese Kosten auch stunden, sodass das Verfahren trotzdem durchgeführt werden kann.
Das Gericht setzt einen Insolvenzverwalter ein. Dessen Aufgabe ist es, die restlichen Vermögensgegenstände des Schuldners zu verwalten und letztlich zu verwerten und für eine Befriedigung der Gläubiger zu sorgen. Im Privatinsolvenzverfahren bezeichnet man den Insolvenzverwalter als Treuhänder. Dieser verwaltet das pfändbare Vermögen. Bestimmte Gegenstände sind nicht pfändbar - etwa der notwendige Hausrat, für den Beruf nötige Gegenstände, oder persönliche Gegenstände wie der Ehering. Das eigentliche Insolvenzverfahren kann bis zu einem Jahr andauern. Während es läuft, können einzelne Gläubiger nichts mehr pfänden. Das Insolvenzverfahren endet mit der Verteilung der Insolvenzmasse an die Gläubiger.
Verschuldete Verbraucher können die Restschuldbefreiung im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens beantragen. Hier handelt es sich um ein gesondertes Verfahren, das erst beginnt, wenn das Insolvenzverfahren endet.
Mit dem Abschluss des Insolvenzverfahrens beginnt für den Schuldner die sogenannte Wohlverhaltensperiode. Sich nun an die Regeln zu halten, ist die wichtigste Voraussetzung für die Restschuldbefreiung.
In der Wohlverhaltensphase muss der Schuldner mit seinem laufenden Einkommen weiter versuchen, seine restlichen Schulden zu begleichen - so gut es eben geht. Dafür geht ein Teil seines laufenden Einkommens an den Treuhänder. Während dieser Zeit muss der Schuldner arbeiten. Wenn er keine Arbeit hat, muss er sich zumindest ernsthaft um eine bemühen. Er darf Arbeit nicht ablehnen, die ihm zumutbar ist.
Die Wohlverhaltensphase dauerte früher sechs Jahre. Sie konnte auf fünf Jahre reduziert werden, wenn der Schuldner dann zumindest die Verfahrenskosten bezahlt hatte. Eine Herabsetzung auf drei Jahre war möglich, wenn der Schuldner 35 Prozent der Schulden plus Verfahrenskosten beglichen hatte. Da dies den wenigsten gelang, war eine Verfahrensdauer von unter sechs Jahren eher Theorie.
Durch die 2020 geplante Gesetzesänderung wurde die Dauer der Wohlverhaltensphase generell auf drei Jahre gesenkt, und zwar ohne die bisher erforderlichen Mindestzahlungen von Verfahrenskosten oder Schuldenabtrag. Diese Verkürzung gilt bei Verbraucherinsolvenzverfahren zunächst bis 30. Juni 2025. Dann soll überprüft werden, ob die Regelung beibehalten wird.
Da die zugrunde liegende EU-Richtlinie bereits vorher in Kraft getreten ist, wurde auch bei schon vorher beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens bzw. der Wohlverhaltensphase schrittweise verkürzt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Insolvenzantrags.
Für alle Verfahren, die zwischen dem 16.12.2019 und dem 30.9.2020 beantragt wurden, gilt folgende Tabelle:
beantragt zwischen: Verfahrensdauer:
17.12.2019 und 16.01.2020 5 Jahre und 7 Monate
17.01.2020 und 16.02.2020 5 Jahre und 6 Monate
17.02.2020 und 16.032020 5 Jahre und 5 Monate
17.03.2020 und 16.04.2020 5 Jahre und 4 Monate
17.04.2020 und 16.05.2020 5 Jahre und 3 Monate
17.05.2020 und 16.06.2020 5 Jahre und 2 Monate
17.06.2020 und 16.07.2020 5 Jahre und 1 Monat
17.07.2020 und 16.08.2020 5 Jahre
17.08.2020 und 16.09.2020 4 Jahre und 11 Monate
17.09.2020 und 30.09.2020 4 Jahre und 10 Monate
seit 01.10.2020 3 Jahre
Der Schuldner hat während der Wohlverhaltensphase nichts mehr mit dem Insolvenzgericht zu tun. Die Insolvenzmasse ist aufgeteilt. Der Schuldner muss den Treuhänder einmal im Jahr durch einen ausgefüllten Fragebogen auf dem Laufenden halten. Natürlich muss er die folgenden Regeln des "Wohlverhaltens" beachten und einen Teil seines Einkommens an den Treuhänder überweisen.
Unbedingt zu beachten ist außerdem:
- Erbt der Schuldner jetzt irgendwelches Vermögen, muss er die Hälfte des Wertes an den Treuhänder herausgeben. Dies gilt seit 2020 auch für Vermögen, das durch Schenkung oder wegen eines künftigen Erbrechts anfällt.
- Lottogewinne oder Gewinne aus anderen Glücksspielen sind vollständig herauszugeben.
- Jeder Wechsel von Wohnsitz oder Arbeitsstelle ist unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder mitzuteilen.
- Vermögen oder Einkünfte dürfen nicht verheimlicht werden.
- Der Schuldner darf Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder leisten, der diese dann weiterleitet. Kein Gläubiger darf durch Direktzahlung bevorzugt werden.
- Der Schuldner darf keine unangemessenen neuen Schulden machen. Wer dies grob fahrlässig missachtet, verliert die Restschuldbefreiung.
Ist die Wohlverhaltensphase erfolgreich abgeschlossen, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung. Nun erlöschen die restlichen Forderungen der Gläubiger. Der Verbraucher ist jetzt schuldenfrei und kann einen Neuanfang wagen.
Bestimmte Schulden sind allerdings davon ausgeschlossen und bleiben bestehen: Dies gilt für Geldstrafen, Bußgelder, nicht gezahlten Unterhalt und hinterzogene Steuern nach rechtskräftiger Verurteilung.
Einem Schuldner können im Rahmen der Insolvenz unter Umständen für längere Zeiträume berufliche Tätigkeitsverbote auferlegt werden. Nach der Neuregelung von 2020 treten solche Tätigkeitsverbote mit Eintritt der Restschuldbefreiung außer Kraft.
Ja, aber mit Einschränkungen. Früher gab es eine Sperrfrist von zehn Jahren für eine weitere Restschuldbefreiung. Bei dieser dauerte die Wohlverhaltensphase dann nur noch drei Jahre.
Seit der Reform von 2020 beträgt die Sperrfrist elf Jahre und die dann folgende neue Wohlverhaltensphase fünf Jahre.
Ein wichtiges Hilfsmittel für Schuldner ist das Pfändungsschutzkonto. Damit lässt sich zumindest der Geldbetrag, den man für die wichtigsten Lebenshaltungs- und Wohnkosten braucht, vor Pfändungen sichern. Jede Bank muss auf Antrag ein bestehendes Konto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln.
Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht kann Sie kompetent zu allen Fragen beraten, die mit der Privatinsolvenz zusammenhängen. Er unterstützt Sie auch bei der Ausarbeitung des Schuldenbereinigungsplanes und des Insolvenzantrages.
Das Privat- oder Verbraucherinsolvenzverfahren bietet die Möglichkeit, nach drei Jahren schuldenfrei zu werden. 2020 wurden einige Vereinfachungen eingeführt. Welche Voraussetzungen gibt es?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist der Zweck eines Insolvenzverfahrens? Wer kann ein Privatinsolvenzverfahren beantragen? Welche Grundvoraussetzung muss ich für ein Verbraucherinsolvenzverfahren erfüllen? Wie beginnt das Verbraucherinsolvenzverfahren? Wann leitet das Gericht das Verfahren ein? Welche Hürde gibt es noch für die Verbraucherinsolvenz noch? Was passiert im Verbraucherinsolvenzverfahren? Wie funktioniert die Restschuldbefreiung? Wie lange dauert die Wohlverhaltensphase? Welche Regeln gelten während der Wohlverhaltensphase noch? Was passiert bei der Restschuldbefreiung? Neue Schulden: Ist eine zweite Restschuldbefreiung möglich? Praxistipp zum Verbraucherinsolvenzverfahren Was ist der Zweck eines Insolvenzverfahrens?
Ein Insolvenzverfahren bezweckt in erster Linie den Schutz der Gläubiger. Wenn ein Schuldner nicht mehr zahlungsfähig ist, sieht nämlich in der Regel nur derjenige sein Geld wieder, der zufällig zuerst klagt und pfändet. Im Insolvenzverfahren wird das verbliebene Vermögen des Schuldners vor Pfändungen geschützt und dann unter den Gläubigern aufgeteilt, sodass jeder eine bestimmte Quote bekommt.
Allerdings möchte der Gesetzgeber im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens Schuldnern die Möglichkeit geben, nach einer gewissen Zeit wieder frei von Schulden zu sein. Daher unterscheidet sich das Verbraucherinsolvenzverfahren in mehreren Punkten vom Regelinsolvenzverfahren, das bei Unternehmen oder Selbstständigen zur Anwendung kommt.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Regelinsolvenzverfahren:
Unternehmensinsolvenz - was sollten Unternehmer wissen?
Wer kann ein Privatinsolvenzverfahren beantragen?
Ein Verbraucherinsolvenzverfahren kann beantragen, wer
- zahlungsunfähig ist (d. h. seine Schulden nicht mehr bezahlen kann oder absehen kann, dass dies demnächst der Fall sein wird),
- nicht selbstständig tätig ist und auch keine Schulden aus früherer Selbstständigkeit hat,
- nicht mehr als 20 Gläubiger hat.
Auch ein früherer Selbstständiger kann in Privatinsolvenz gehen, wenn er weniger als 20 Gläubiger hat und wenn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (also zum Beispiel auf Lohnzahlung) gegen ihn bestehen.
Welche Grundvoraussetzung muss ich für ein Verbraucherinsolvenzverfahren erfüllen?
Das Privatinsolvenzverfahren setzt voraus, dass der Schuldner zuerst versucht hat, sich mit seinen Gläubigern gütlich zu einigen. Dafür muss zuerst ein Schuldenbereinigungsplan erstellt werden. Mit dessen Hilfe kann der Schuldner seine Gläubiger mit Ratenzahlungen befriedigen. Allerdings gilt dieser Versuch als gescheitert, wenn einer der Gläubiger gar nicht auf den Vorschlag reagiert, die Zwangsvollstreckung einleitet oder der Schuldner die angebotenen Zahlungen überhaupt nicht leisten kann.
Verbraucher müssen einen solchen gescheiterten Versuch nachweisen, um ein Privatinsolvenzverfahren beantragen zu können. Der Nachweis kann beispielsweise mit einer Bescheinigung von einer Schuldnerberatungsstelle oder von einem Anwalt erbracht werden.
Wie beginnt das Verbraucherinsolvenzverfahren?
Der Schuldner kann beim örtlichen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Dabei handelt es sich um das Amtsgericht an seinem Wohnort. Dem Antrag müssen folgende Unterlagen beiliegen:
- Bescheinigung über einen erfolglosen außergerichtlichen Einigungsversuch,
- Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung oder Erklärung, dass diese nicht beantragt werden soll,
- Verzeichnis des Einkommens und des Vermögens, Verzeichnis der Gläubiger, Verzeichnis aller Schulden und Forderungen, mit der Versicherung, dass die Angaben der Wahrheit entsprechen,
- Schuldenbereinigungsplan.
Wann leitet das Gericht das Verfahren ein?
Das Gericht schickt zunächst den Schuldenbereinigungsplan und die Vermögensübersicht an die Gläubiger. Diese können sich dann einen Monat lang dazu äußern. Melden sie sich nicht, gilt dies als Zustimmung.
Wenn über die Hälfte der Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt hat und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Ansprüche insgesamt beträgt, kann das Gericht die Zustimmung der restlichen Gläubiger durch seine eigene Entscheidung ersetzen. Dies muss jedoch der Schuldner oder ein Gläubiger beantragen.
Haben die Gläubiger zugestimmt oder wurde ihre Zustimmung vom Gericht ersetzt, gilt dies als rechtswirksamer gerichtlicher Vergleich. Alle Beteiligten müssen sich daran halten.
Wenn dieses Zustimmungsverfahren fehlschlägt, leitet das Gericht das Verbraucherinsolvenzverfahren ein.
Welche Hürde gibt es noch für die Verbraucherinsolvenz noch?
Es besteht auch die Möglichkeit, dass das Gericht ein Verbraucherinsolvenzverfahren "mangels Masse" ablehnt. Dies wird es tun, wenn der Schuldner nicht einmal mehr genug Vermögen besitzt, um die Gerichtskosten und die Kosten des Insolvenzverwalters zu bezahlen. Dann kann also auch keine Restschuldbefreiung stattfinden. Das Gericht kann jedoch dem Schuldner unter bestimmten Umständen diese Kosten auch stunden, sodass das Verfahren trotzdem durchgeführt werden kann.
Was passiert im Verbraucherinsolvenzverfahren?
Das Gericht setzt einen Insolvenzverwalter ein. Dessen Aufgabe ist es, die restlichen Vermögensgegenstände des Schuldners zu verwalten und letztlich zu verwerten und für eine Befriedigung der Gläubiger zu sorgen. Im Privatinsolvenzverfahren bezeichnet man den Insolvenzverwalter als Treuhänder. Dieser verwaltet das pfändbare Vermögen. Bestimmte Gegenstände sind nicht pfändbar - etwa der notwendige Hausrat, für den Beruf nötige Gegenstände, oder persönliche Gegenstände wie der Ehering. Das eigentliche Insolvenzverfahren kann bis zu einem Jahr andauern. Während es läuft, können einzelne Gläubiger nichts mehr pfänden. Das Insolvenzverfahren endet mit der Verteilung der Insolvenzmasse an die Gläubiger.
Wie funktioniert die Restschuldbefreiung?
Verschuldete Verbraucher können die Restschuldbefreiung im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens beantragen. Hier handelt es sich um ein gesondertes Verfahren, das erst beginnt, wenn das Insolvenzverfahren endet.
Mit dem Abschluss des Insolvenzverfahrens beginnt für den Schuldner die sogenannte Wohlverhaltensperiode. Sich nun an die Regeln zu halten, ist die wichtigste Voraussetzung für die Restschuldbefreiung.
In der Wohlverhaltensphase muss der Schuldner mit seinem laufenden Einkommen weiter versuchen, seine restlichen Schulden zu begleichen - so gut es eben geht. Dafür geht ein Teil seines laufenden Einkommens an den Treuhänder. Während dieser Zeit muss der Schuldner arbeiten. Wenn er keine Arbeit hat, muss er sich zumindest ernsthaft um eine bemühen. Er darf Arbeit nicht ablehnen, die ihm zumutbar ist.
Wie lange dauert die Wohlverhaltensphase?
Die Wohlverhaltensphase dauerte früher sechs Jahre. Sie konnte auf fünf Jahre reduziert werden, wenn der Schuldner dann zumindest die Verfahrenskosten bezahlt hatte. Eine Herabsetzung auf drei Jahre war möglich, wenn der Schuldner 35 Prozent der Schulden plus Verfahrenskosten beglichen hatte. Da dies den wenigsten gelang, war eine Verfahrensdauer von unter sechs Jahren eher Theorie.
Durch die 2020 geplante Gesetzesänderung wurde die Dauer der Wohlverhaltensphase generell auf drei Jahre gesenkt, und zwar ohne die bisher erforderlichen Mindestzahlungen von Verfahrenskosten oder Schuldenabtrag. Diese Verkürzung gilt bei Verbraucherinsolvenzverfahren zunächst bis 30. Juni 2025. Dann soll überprüft werden, ob die Regelung beibehalten wird.
Da die zugrunde liegende EU-Richtlinie bereits vorher in Kraft getreten ist, wurde auch bei schon vorher beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens bzw. der Wohlverhaltensphase schrittweise verkürzt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Insolvenzantrags.
Für alle Verfahren, die zwischen dem 16.12.2019 und dem 30.9.2020 beantragt wurden, gilt folgende Tabelle:
beantragt zwischen: Verfahrensdauer:
17.12.2019 und 16.01.2020 5 Jahre und 7 Monate
17.01.2020 und 16.02.2020 5 Jahre und 6 Monate
17.02.2020 und 16.032020 5 Jahre und 5 Monate
17.03.2020 und 16.04.2020 5 Jahre und 4 Monate
17.04.2020 und 16.05.2020 5 Jahre und 3 Monate
17.05.2020 und 16.06.2020 5 Jahre und 2 Monate
17.06.2020 und 16.07.2020 5 Jahre und 1 Monat
17.07.2020 und 16.08.2020 5 Jahre
17.08.2020 und 16.09.2020 4 Jahre und 11 Monate
17.09.2020 und 30.09.2020 4 Jahre und 10 Monate
seit 01.10.2020 3 Jahre
Welche Regeln gelten während der Wohlverhaltensphase noch?
Der Schuldner hat während der Wohlverhaltensphase nichts mehr mit dem Insolvenzgericht zu tun. Die Insolvenzmasse ist aufgeteilt. Der Schuldner muss den Treuhänder einmal im Jahr durch einen ausgefüllten Fragebogen auf dem Laufenden halten. Natürlich muss er die folgenden Regeln des "Wohlverhaltens" beachten und einen Teil seines Einkommens an den Treuhänder überweisen.
Unbedingt zu beachten ist außerdem:
- Erbt der Schuldner jetzt irgendwelches Vermögen, muss er die Hälfte des Wertes an den Treuhänder herausgeben. Dies gilt seit 2020 auch für Vermögen, das durch Schenkung oder wegen eines künftigen Erbrechts anfällt.
- Lottogewinne oder Gewinne aus anderen Glücksspielen sind vollständig herauszugeben.
- Jeder Wechsel von Wohnsitz oder Arbeitsstelle ist unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder mitzuteilen.
- Vermögen oder Einkünfte dürfen nicht verheimlicht werden.
- Der Schuldner darf Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder leisten, der diese dann weiterleitet. Kein Gläubiger darf durch Direktzahlung bevorzugt werden.
- Der Schuldner darf keine unangemessenen neuen Schulden machen. Wer dies grob fahrlässig missachtet, verliert die Restschuldbefreiung.
Was passiert bei der Restschuldbefreiung?
Ist die Wohlverhaltensphase erfolgreich abgeschlossen, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung. Nun erlöschen die restlichen Forderungen der Gläubiger. Der Verbraucher ist jetzt schuldenfrei und kann einen Neuanfang wagen.
Bestimmte Schulden sind allerdings davon ausgeschlossen und bleiben bestehen: Dies gilt für Geldstrafen, Bußgelder, nicht gezahlten Unterhalt und hinterzogene Steuern nach rechtskräftiger Verurteilung.
Einem Schuldner können im Rahmen der Insolvenz unter Umständen für längere Zeiträume berufliche Tätigkeitsverbote auferlegt werden. Nach der Neuregelung von 2020 treten solche Tätigkeitsverbote mit Eintritt der Restschuldbefreiung außer Kraft.
Neue Schulden: Ist eine zweite Restschuldbefreiung möglich?
Ja, aber mit Einschränkungen. Früher gab es eine Sperrfrist von zehn Jahren für eine weitere Restschuldbefreiung. Bei dieser dauerte die Wohlverhaltensphase dann nur noch drei Jahre.
Seit der Reform von 2020 beträgt die Sperrfrist elf Jahre und die dann folgende neue Wohlverhaltensphase fünf Jahre.
Praxistipp zum Verbraucherinsolvenzverfahren
Ein wichtiges Hilfsmittel für Schuldner ist das Pfändungsschutzkonto. Damit lässt sich zumindest der Geldbetrag, den man für die wichtigsten Lebenshaltungs- und Wohnkosten braucht, vor Pfändungen sichern. Jede Bank muss auf Antrag ein bestehendes Konto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln.
Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht kann Sie kompetent zu allen Fragen beraten, die mit der Privatinsolvenz zusammenhängen. Er unterstützt Sie auch bei der Ausarbeitung des Schuldenbereinigungsplanes und des Insolvenzantrages.
(Bu)