Räumungsverfügung nach § 940a ZPO: Nicht gegen Kinder des Mieters

Autor: RA Robert Harsch, Lörrach
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 01/2016
Die Räumung von Wohnraum gegenüber einem minderjährigen oder volljährigen Kind des Mieters mittels einstweiliger Verfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO ist deshalb nicht durchsetzbar, weil es an dessen Eigenschaft als mitbesitzende Drittperson fehlt. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn das Kind durch einen Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrag mit den Eltern ein selbständiges Besitzrecht an Räumen hat.

AG Wiesbaden, Urt. v. 21.5.2015 - 92 C 1677/15 (30)

BGB §§ 854, 855; ZPO § 940a Abs. 2

Das Problem

Der Verfügungskläger ist Vermieter einer Wohnung, die von der Mutter des Verfügungsbeklagten angemietet war. Im vorangegangenen Räumungsprozess wurde die Mieterin in 2. Instanz vorläufig vollstreckbar zur Räumung verurteilt. Die Gerichtsvollzieherin hob einen Räumungstermin auf, nachdem die Mutter des Verfügungsbeklagten einwandte, dass ihr Sohn mit in der Wohnung wohne. Der Sohn hatte während des Räumungsprozesses seine Ausbildung beendet und danach eine Arbeitsstelle angetreten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung zur einstweiligen Verfügung befand er sich auf Wohnungssuche. Der Vermieter begehrt deshalb eine Räumungsverfügung gegen den Sohn.

Die Entscheidung des Gerichts

Eine Räumungsverfügung gegen einen Dritten setzt neben einem vollstreckbaren Räumungstitel und der nachträglichen Kenntnis des Vermieters von der Drittperson nach § 940a Abs. 2 BGB voraus, dass der Dritte Besitzer der Wohnung ist. Kinder eines Mieters haben kein selbständiges Recht zum Besitz oder Mitbesitz. Erwachsene Kinder, die in der elterlichen Wohnung wohnen, stehen insbesondere während ihrer Berufsausbildung in einem sozialen Abhängigkeitsverhältnis zu den Eltern. Gerade wegen der gewünschten Bindung an die Eltern oder einen Elternteil halten sie sich dort auf. Sie haben nach sozialer Anschauung deswegen keine volle tatsächliche Sachherrschaft, sondern sind lediglich Besitzdiener nach § 855 BGB (BGH v. 19.3.2008 – I ZB 56/07, MietRB 2008, 228 = MDR 2008, 824).


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