Recht beim Friseur: Haarschnitt mit Schönheitsfehlern

28.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Friseur,Haare,verschnitten,falsch,gefärbt,Fehler,Blondierung,Verätzung,Schmerzensgeld Verschnittene Haare, falsche Tönung: Welche Rechte haben Friseurkunden? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Unzufriedenheit mit Haarschnitt: Ist der Kunde mit dem Haarschnitt unzufrieden, kann er allenfalls dann Ansprüche geltend machen, wenn die Leistung des Friseurs objektiv handwerklich mangelhaft ist.

2. Rechte bei mangelhaftem Haarschnitt: Der Kunde hat das Recht auf Nachbesserung der misslungenen Frisur. Möglich ist auch ein Anspruch auf Schadensersatz sowie auf den Ersatz der Fahrtkosten.

3. Schmerzensgeld: Friseurkunden können Schmerzensgeld für eine misslungene Frisur fordern, wenn sie körperliche Verletzungen oder seelische Beeinträchtigungen erlitten haben. Voraussetzung ist eine ernsthafte Beeinträchtigung des Wohlbefindens, wozu auch psychische Belastungen aufgrund einer misslungenen Frisur zählen.
Ein verunglückter Haarschnitt ist immer ärgerlich. Schließlich lässt er sich kaum reparieren – die Haare sind unwiderruflich ab. Schlimmer sind auf jeden Fall aber kahle Stellen oder eine seltsame Haarfarbe durch den unsachgemäßen Einsatz von Chemie. Selbst Hautverletzungen kommen manchmal vor. Was ist zu tun, wenn man vom Friseurbesuch nicht verschönert, sondern verunstaltet zurückkommt? Einen Haarschnitt oder eine durchgeführte Tönung kann man ja nicht wie ein paar Schuhe aus dem Online-Shop wegen Nichtgefallens einfach wieder zurückgeben. Und: Muss der Friseursalon bei Verletzungen Schmerzensgeld zahlen?

Bekomme ich bei Unzufriedenheit Geld zurück?


Grundsätzlich bekommen Kunden ihr Geld nicht zurück, wenn sie mit der Leistung des Friseurs oder der Friseurin nicht einverstanden sind. Zwischen dem Friseur und dem Kunden kommt ein Werkvertrag im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches zustande. Dies ist der gleiche Vertragstyp wie etwa bei Handwerkerarbeiten an einem Haus. Ansprüche können die Kunden allenfalls dann geltend gemacht werden, wenn die Leistung des Friseurs ganz objektiv handwerklich mangelhaft ist.

Muss ich dem Friseur Gelegenheit zur Nachbesserung geben?


Eine Nachbesserung dürfen Friseur-Kunden jedoch fordern. Dies ist auch die Voraussetzung dafür, später weitere Ansprüche wegen einer mangelhaften Leistung anzumelden. In einigen Fällen allerdings ist eine Nachbesserung entbehrlich, weil sie für die Kundin oder den Kunden nicht zumutbar ist. So etwas kann vorkommen, wenn das Verhalten des Friseurs das Vertrauensverhältnis zum Kunden komplett zerstört hat.

Welche weiteren Ansprüche habe ich möglicherweise?


Weigert sich der Friseur, den verhunzten Haarschnitt nachzubessern, kann der Kunde unter Umständen den Schaden bei einem anderen Salon in Ordnung bringen lassen und die Kosten dem ersten Friseur berechnen. Möglich ist auch ein Anspruch auf Schadensersatz sowie auf den Ersatz von Aufwendungen wie zum Beispiel Fahrtkosten. Immer ist die Voraussetzung, dass die Leistung des Friseurs tatsächlich fehlerhaft war und dass der Kunde diesem – erfolglos – die Gelegenheit zur Nachbesserung eingeräumt hat. Die Nachbesserung muss nicht zwingend vom gleichen Mitarbeiter durchführt werden. Kunden sollten darauf achten, Nachweise für die mangelhafte Arbeit des Friseurs zu haben.

Wann bekommen Friseurkunden Schmerzensgeld?


Friseurkunden können unter Umständen Schmerzensgeld fordern, wenn sie körperliche Verletzungen oder seelische Beeinträchtigungen erlitten haben. Das Schmerzensgeld dient nicht dazu, einen entstandenen Schaden in Geld auszugleichen. Es soll vielmehr für erlittene Leiden und Schmerzen entschädigen. Es muss dafür zu einer ernsthaften Beeinträchtigung des Wohlbefindens gekommen sein. Auch psychische Belastungen werden dabei einbezogen.

1000 Euro Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Blondierung


Eine Frau hatte sich von ihrem Friseur im Sommer ein paar blonde Strähnchen machen lassen wollen. Zu Hause fiel ihr auf, dass ihre Haare am Hinterkopf Brandstellen zeigten und porös aussahen und dass die Haarspitzen brüchig waren. Bald fielen ihr büschelweise die Haare am Hinterkopf aus. Der Friseursalon weigerte sich aber, sich mit dem Problem zu befassen. Hier behauptete man einfach, die Kundin habe die unerwünschten Folgen durch einen eigenen Nachschnitt zu Hause selbst verursacht.

Das Gericht jedoch glaubte der Kundin und ihrem Freund als Zeugen, dass sie nicht selbst an ihren Haaren herummanipuliert hatte – und auch, dass sie vom Friseur nicht über die Risiken der durchgeführten Haarbehandlung aufgeklärt worden war. Die Kundin hatte hier eine Sachverständige aufgesucht, die ihr schriftlich bestätigte, dass die Blondierung unsachgemäß ausgeführt worden sei. Das Gericht sprach ihr daraufhin ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro zu. Auch musste der Friseur als Schadensersatz die 60 Euro für die Frisur zurückerstatten und die Kosten für die Sachverständige in Höhe von 300 Euro ersetzen (AG Erkelenz, Urteil vom 7. Mai 2009, Az. 8 C 351/08).

4000 Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Blondierung


Schlimmer noch erging es einer Friseurkundin in Köln. Bei dem Versuch einer Strähnen-Blondierung hatte sie in einem handtellergroßen Bereich Verbrennungen und Verätzungen 1. und 2. Grades erlitten. Ursache war offenbar eine viel zu lange Einwirkzeit des Blondiermittels. Es folgte eine monatelange Behandlung mit Schmerzmitteln und Antibiotika. Der Friseur bot als Entschädigung einen Friseurgutschein an.

Das Landgericht Köln verurteilte den Friseursalon zur Zahlung von 4.000 Euro Schmerzensgeld. Es sei fahrlässig gewesen, die Behandlung selbst noch nach einer Beschwerde der Kundin wegen eines Brennens der Kopfhaut fortzusetzen. Das Schmerzensgeld fiel nur so gering aus, weil die verletzte Stelle sich durch die langen Haare der Klägerin kaschieren ließ. Auch wurde der Friseur dazu verurteilt, mögliche spätere Schäden zu ersetzen (Urteil vom 11.10.2019, Az. 7 O 216/17).

5000 Euro Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Blondierung III


Einer Kundin war bei ihrem Friseur ein Blondiermittel versehentlich direkt auf die Kopfhaut aufgetragen worden. Dadurch wurde eine fünf mal fünf Zentimeter große Hautpartie verätzt. Die Folge waren Schmerzen, und es wuchsen auf der Stelle auch keine Haare mehr. Allein eine Haartransplantation versprach Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht Coburg gestand der Kundin ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro zu (Urteil vom 29.7.2009, Az. 21 O 205/09).

4.000 Euro Schmerzensgeld für fehlerhafte Blondierung


Vor dem Amtsgericht München klagte eine Frau auf Schmerzensgeld, die ihre vorher schwarz gefärbten Harre hatte blondieren lassen. Sie hatte Verletzungen und Verbrennungen am Hinterkopf erlitten, an einer Stelle wuchsen keine Haare mehr. Der Friseur berief sich darauf, mit einem 4,5-prozentigen Oxidant gearbeitet zu haben, bei dem dies nicht passieren könne. Auch müsse sie dann Verletzungen am ganzen Kopf haben. Ein gerichtlicher Sachverständiger erklärte, dass derartige Verletzungen bei einer 4,5-prozentigen Lösung von Wasserstoffperoxid praktisch ausgeschlossen seien. Erst ab 9 Prozent könnten solche Folgen auftreten - auch an einer einzelnen Stelle, etwa in Zusammenhang mit einem Hitzestau und besonders intensiver Kopfhautberührung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass hier fehlerhafterweise ein über 9-prozentiges Oxidant verwendet worden sei. Es sei dann durch das Aufdrehen der Haare und das Auflegen der Folie zu einem Kontakt mit der Kopfhaut der Klägerin gekommen. In diesem Fall hielt das Gericht ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro für angemessen. Dabei würden Art, Intensität und Dauer der erlittenen Rechtsverletzung berücksichtigt (Urteil vom 27.11.2023, Az. 159 C 18073/21).

Schmerzensgeld wegen zu kurz geschnittenen Deckhaars?


In München hatte eine Kundin ihrer Friseurin den Auftrag erteilt, ihre Haare zu färben und an den Spitzen zu kürzen. Sie hatte dabei deutlich betont, dass ihre Haare nur um einen halben Zentimeter gekürzt werden sollten, weil diese besonders dünn wären. Beim Schneiden sah die Kundin bei der Ausführung zu. Anschließend war sie zunächst zufrieden, kam aber ein paar Tage später zurück und beschwerte sich: Ihre Haare seien zu kurz geschnitten. Nun sei durch regelrechte Löcher die Kopfhaut sichtbar. Sie verlangte Schmerzensgeld.

Das Amtsgericht München wies ihre Klage ab. Zunächst habe sie den kompletten Haarschnitt ohne Einwände beobachtet. Auch könne man nur Schmerzensgeld fordern, wenn man nach einem vollkommen misslungenen Haarschnitt praktisch "entstellt" sei. Dies sei hier jedoch nicht gegeben (Urteil vom 7.10.2011, Az. 173 C 15875/11).

Schmerzensgeld wegen Verlusts langer Haare?


Eine andere Kundin wollte ihre langen schwarzen Haare gern blond färben lassen. Die Friseurin riet ihr wegen des schlechten Zustands der Haare allerdings davon ab. Stattdessen schlug sie die sogenannte „Painting“-Methode vor. Der Versuch, diese anzuwenden, misslang jedoch gründlich: Die etwa 90 Zentimeter langen Haare der Kundin wurden im Nacken so stark angesengt, dass sie auf Boblänge zurückgeschnitten werden mussten. Die Kundin ging vor Gericht. Das Amtsgericht Rheine gab ihr recht und gestand ihr 1.000 Euro Schmerzensgeld zu. Verlangt hatte sie 4.000 Euro. Das Gericht setzte den Betrag herab, weil der Schaden nur durch die Vorschädigung der Haare so schlimm gewesen war (Urteil vom 12.5.2016, Az. 14 C 391/14).

Muss dem Friseur eine Frist zur Nachbesserung gesetzt werden?


Eine Friseurkundin hatte ein Foto einer Bloggerin gezeigt und darum gebeten, ihre Haare nach der gleichen Methode zu färben. Dabei handelte es sich um die sogenannte Balayage-Technik. Das Färbemittel blieb zwei Stunden lang auf ihrem Kopf. Dann spürte sie brennende Schmerzen und Juckreiz. Ihre Haare waren nach dem Ausspülen dottergelb – was nicht der gewünschte Effekt war. Die Friseurin weigerte sich, daran etwas zu ändern. Sie hatte auch keinen neuen Termin frei. Daher gab sie ihrer Kundin nur eine Tönung für Zuhause mit. Diese zahlte und ging.

Auch sie ging vor Gericht. Allerdings wies das Amtsgericht München ihre Klage ab: Die Kundin hätte der Friseurin ausdrücklich eine Frist zur Nachbesserung setzen müssen. Ohne eine solche Fristsetzung bestünde kein Anspruch auf Schadensersatz (Urteil vom 24.1.2019, Az. 213 C 8595/18).

Praxistipp zum schiefgelaufenen Friseurbesuch


Man sollte beim Friseur durchaus darauf achten, was gerade passiert – und unverzüglich Einspruch erheben, wenn etwas nicht wunschgemäß ist oder gar Schmerzen verursacht. Empfehlenswert sind möglichst genaue Anweisungen zum gewünschten Schnitt. Läuft doch einmal etwas schief, sollte man es zuerst mit einer Nachbesserung versuchen. Der Friseur ist dazu verpflichtet. Gerichtliche Schritte sind nur bei ganz erheblichen Fehlern erfolgversprechend. Aus Beweisgründen ist es empfehlenswert, zeitnah einen Sachverständigen aufzusuchen. Es gibt besondere Sachverständige des Friseurhandwerks oder Friseurgutachter. Auskunft erteilen die Handwerkskammern. Ein Rechtsanwalt für Zivilrecht hilft Ihnen, zu Ihrem Recht zu kommen.

(Bu)


 Stephan Buch
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