Welche Rechte und Pflichten haben Hinterbliebene?

04.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Kränze,Blumen Nach einem Todesfall sind einige rechtliche Notwendigkeiten zu beachten. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Arzt informieren: Angehörige, die ein verstorbenens Familienmitglied vorfinden, sollten unverzüglich den Hausarzt oder den ärztlichen Notdienst informieren.

2. Bestattung organisieren: Hat der Verstorbene selbst zu Lebzeiten keine Vorkehrungen getroffen, müssen sich die nächsten Angehörigen um die Bestattung kümmern. Es empfiehlt sich, ein Bestattungsinstitut hinzuzuziehen.

3. Sonstige Formalitäten: Die Angehörigen und Erben müssen sich um Sterbeurkunde, soweit vorhanden das Testament, Erbschein und Bankvollmachten kümmern, eine Vermögensaufstellung anfertigen sowie die Rentenversicherung benachrichtigen.
Gerade bei Formalien ist im Todesfall oft schnelles Handeln gefragt. Häufig bleibt den Hinterbliebenen nur sehr wenig Zeit, bestimmte Ansprüche geltend zu machen, oder einigen rechtlichen Pflichten nachzukommen. Welche Rechte und Pflichten haben Hinterbliebene? Im Folgenden sind die wichtigsten Maßnahmen, die im Falle des Todes eines Angehörigen einzuleiten sind, in der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit aufgelistet.

Welche Maßnahmen sind in welcher Reihenfolge zu treffen?


Hier folgt eine Liste der wichtigsten Maßnahmen, die Hinterbliebene im Fall des Todes eines Angehörigen treffen müssen. Wer merkt, dass er, aufgrund des schmerzlichen Verlustes, dieser Aufgabe nicht gewachsen ist, sollte sich dringend Hilfe im Freundeskreis suchen. Diese Maßnahmen müssen in jedem Fall umgehend eingeleitet werden, damit die Hinterbliebenen nicht mit dem Recht in Konflikt geraten und ihnen keine sonstigen Nachteile entstehen.

Wann muss ich einen Arzt informieren?


Bei einem Todesfall muss immer als Erstes ein Arzt benachrichtigt werden. Hier gibt es drei mögliche Szenarien:

Der Angehörige verstarb Zuhause
Man sollte in diesem Fall am besten den Hausarzt verständigen. Dieser untersucht den Leichnam und stellt den Totenschein aus. Ist der Hausarzt nicht erreichbar, kann alternativ auch der ärztliche Notdienst gerufen werden.

Der Todesfall hat sich in einem Heim oder Krankenhaus ereignet
Die Verantwortlichen im Heim beziehungsweise Krankenhaus sind dazu verpflichtet, einen Arzt zu verständigen. Das Krankenhauspersonal händigt den Angehörigen den Totenschein aus.

Es besteht der Verdacht auf Unfall, Suizid oder Fremdverschulden
Solche Umstände vermerkt der Arzt auf dem Totenschein. Der Arzt informiert diesbezüglich auch die Kriminalpolizei. Dann wird der Leichnam in der Regel zur äußerlichen Untersuchung in ein Institut für Rechtsmedizin gebracht. Mit diesem sollten die Angehörigen Kontakt aufnehmen. Liegen Hinweise auf ein Fremdverschulden vor, wird eine Obduktion angeordnet. Die Bestattung kann erst erfolgen, wenn die Staatsanwaltschaft den Leichnam freigegeben hat.

Die Bestattung organisieren


Hat der Verstorbene selbst zu Lebzeiten keine Vorkehrungen getroffen, müssen die nächsten Angehörigen über die Art der Bestattung entscheiden. Die Hinterbliebenen sollten dazu sofort ein Bestattungsinstitut aufsuchen, welches die üblichen Formalitäten übernimmt, etwa die Beantragung einer Sterbeurkunde oder die Terminabsprache mit der Friedhofsverwaltung.

Wie die Bestattung organisiert sein soll, liegt in erster Linie beim Verstorbenen selbst. Dieser kann im Vorfeld des Todes den Umfang der Bestattung sowie alle Einzelheiten festlegen, etwa in Form einer Bestattungsverfügung. Häufig wird sogar ein Bestattungsvertrag geschlossen. Gab es keine derartigen Vorkehrungen, ist es das Recht und zugleich die Pflicht der nächsten Angehörigen, nicht der Erben, die Totenfürsorge zu übernehmen und für eine ordnungsgemäße Bestattung zu sorgen.

Dafür gilt innerhalb der Angehörigen folgende Reihenfolge:

- Ehegatte,
- volljährige Kinder,
- Eltern,
- Großeltern,
- volljährige Geschwister,
- Enkel.

Sind gleich mehrere Angehörige des gleichen Grades zuständig, muss unter diesen Einigkeit über das Vorgehen herrschen. Wenn sie sich nicht einigen können, wird in der Regel die ortsübliche Bestattung vorgenommen. Dabei handelt es sich meist um eine Erdbestattung. Die Erben tragen laut § 1968 BGB die Kosten der Bestattung.

Die Sterbeurkunde beantragen


Für sämtliche weiteren Schritte muss man die Sterbeurkunde vorlegen (bitte nicht mit dem Erbschein verwechseln). Die Sterbeurkunde wird beim Standesamt abgeholt. Dies übernimmt in der Regel das Bestattungsinstitut. Dabei sollten gleich mehrere Exemplare beantragt werden, da Behörden und Versicherungen jeweils eine Urkunde als Nachweis für den Tod des Betreffenden haben möchten.
Falls die Hinterbliebenen den Antrag selbst stellen, müssen sie ihren Personalausweis, die Sterbefallanzeige des Krankenhauses und die Todesbescheinigung des Arztes vorlegen. Bei unverheirateten Verstorbenen wird zusätzlich die Geburtsurkunde verlangt, bei verheirateten die Heiratsurkunde und bei geschiedenen die Scheidungsurkunde.

Das Testament einreichen


Die Hinterbliebenen sollten nun in den Unterlagen des Verstorbenen nach dessen Testament suchen. Im Testament wird geregelt, wer den Nachlass des Verstorbenen erhält. Die Hinterbliebenen haben die gesetzliche Pflicht, das Testament dem Nachlassgericht vorzulegen. Unterlassen sie dies, machen sie sich strafbar. Wenn in den Unterlagen kein Testament zu finden ist, kann dieses auch bei der Bank - etwa in einem Schließfach - aufbewahrt sein. Möglich ist auch eine amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht. Wenn das Testament mit Hilfe eines Notars erstellt wurde, wird dieser es zur Verwahrung zum Nachlassgericht gegeben haben.

Die Lebens- und Unfallversicherung in Kenntnis setzen


Wenn der Verstorbene eine Lebens- oder Unfallversicherung abgeschlossen hatte, muss man dieser den Todesfall innerhalb einer sehr kurzen Frist melden. Bei Lebensversicherungen beträgt diese je nach Versicherer 24 bis 72 Stunden, bei Unfallversicherungen sind es meist 48 Stunden. Diese Meldung kann heute oft über das Online-Serviceportal der Versicherung erfolgen. Dazu benötigt man unter anderem die Versicherungsnummer. Die Versicherungsgesellschaften zahlen die Summe in der Regel erst nach schriftlicher Benachrichtigung über den Tod des Versicherungsnehmers aus. Die sofortige Meldung ist trotzdem nicht entbehrlich.

Den Erbschein beantragen


Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis des Nachlassgerichtes über die Erbfolge. Damit können Erben gegenüber offiziellen Stellen nachweisen, dass sie Erben geworden sind. In der Regel stellt ihn das Nachlassgericht am Amtsgericht des letzten Wohnortes des Verstorbenen aus. Den Erbschein muss man offiziell beantragen. Dazu ist die Vorlage bestimmter Dokumente erforderlich, etwa der Geburtsurkunde und gegebenenfalls des Testaments. Dann prüft das Nachlassgericht dessen Rechtsgültigkeit und auch, ob bereits Erbschaftsstreitigkeiten bestehen, welche die Ausstellung des Erbscheins verzögern könnten.

Für einen Erbschein fallen Kosten an, deren Höhe vom Nachlasswert abhängt. Er ist jedoch nicht in jedem Fall erforderlich. Geldinstitute dürfen nicht mehr pauschal einen Erbschein verlangen, um Erben Zugriff auf den Nachlass zu gewähren. In vielen Fällen reicht ein vom Nachlassgericht eröffnetes Testament oder ein notarielles Testament aus. Allerdings kommen gesetzliche Erben ohne Testament meist nicht um einen Erbschein herum. Das Grundbuchamt fordert in der Regel für eine Eigentumsumschreibung von Immobilien einen Erbschein oder ein notarielles Testament mit gerichtlichem Eröffnungsprotokoll.

Wichtig: Durch die Beantragung eines Erbscheines nimmt man automatisch und unwiderruflich das Erbe an. Wenn der Verstorbene nur Schulden an den Erben weitergibt, sollte dieser sich vorher überlegen, das Erbe auszuschlagen.

Einen Postnachsendeantrag stellen


Wenn der Erbe nicht in der Wohnung oder im Haus des Verstorbenen lebt, sollte er bei der Post einen Nachsendeantrag stellen. Damit ist sichergestellt, dass mögliche offene Rechnungen und andere relevante Dokumente den Erben erreichen. Gibt es mehrere Erben, sollte man eine Person auswählen, die stellvertretend für alle die Post annimmt.

Die Bankvollmacht widerrufen


Die Erben sollten zeitnah überprüfen, ob womöglich Dritte Verfügungsgewalt über das Bankkonto des Verstorbenen haben. Es gibt nämlich Vollmachten, die über den Tod hinaus gelten. Solche Vollmachten sollten die Erben umgehend schriftlich bei der Bank widerrufen, da sonst Dritte weiter Geld abheben und das Erbe beträchtlich schmälern könnten. Dies gilt auch für Lastschriften und Einzugsermächtigungen. Ebenso sollten die EC- und Kreditkarten gesperrt werden. Allerdings muss man hier im Hinblick auf den individuellen Einzelfall entscheiden, welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Kontovollmacht kann auch praktisch sein, falls es keinen Streit unter den Erben gibt oder man Alleinerbe ist.

Die gesetzliche Rentenversicherung in Kenntnis setzen


Hatte der Verstorbene Rentenbezüge aus einer Renten- oder Unfallversicherung, muss diese Stelle ebenfalls umgehend informiert werden. Die Erben müssen Beträge, die nach dem Tod weitergezahlt werden, nämlich zurückerstatten. Von welchem Rententräger der Erblasser vielleicht eine Rente erhält, ergibt sich aus den Kontoauszügen. Wenn diese nicht auffindbar sind, kann man sich an das entsprechende Postrentenzentrum der Deutschen Post AG wenden. Betriebsrenten und Pensionszahlungen können über den ehemaligen Arbeitgeber des Verstorbenen in Erfahrung gebracht werden.

Gegebenenfalls Überbrückungsgeld beantragen


Wenn der Verstorbene einen Ehepartner hinterlässt, kann dieser das sogenannte Überbrückungsgeld bei der zuständigen Rentenversicherung beantragen. Dann erhält der Ehepartner bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach dem Sterbemonat die Rente des Verstorbenen weiter ausgezahlt. Diesen Zeitraum nennt man das Sterbevierteljahr.

Kündigung des Mietvertrages und anderer Verträge


Will der Erbe die Wohnung des Verstorbenen nicht übernehmen, muss er den Mietvertrag kündigen. Erben haben dabei ein Sonderkündigungsrecht. Die Kündigung muss innerhalb eines Monats nach dem Tod des Angehörigen dem Vermieter zugegangen sein. Der Mietvertrag läuft innerhalb einer Frist von drei Monaten aus. Für diese Zeit müssen die Erben die laufende Miete plus Betriebskosten bezahlen. Ohne fristgerechte Kündigung treten der Ehepartner, im gleichen Haushalt lebende Familienmitglieder oder die Erben per Gesetz in den Mietvertrag ein (§ 563 BGB). Sie können dem Vermieter innerhalb eines Monats mitteilen, dass sie dies nicht wünschen.

Außerdem müssen alle mit der Wohnung in Verbindung stehenden Verträge, wie Gas und Strom, GEZ oder der Telefonanschluss gekündigt werden. Auch Zeitschriften und andere Abonnements sollten die Hinterbliebenen nicht vergessen. Mitgliedschaften in Vereinen, Verbänden oder Gewerkschaften enden automatisch, wenn eine Person verstirbt. Es ist trotzdem die Pflicht der Erben, diese Organisationen über den Tod des Betreffenden zu informieren. Dem Schreiben kann man einfach eine Kopie der Sterbeurkunde beilegen.

Heutzutage spielt auch der elektronische Nachlass des Betreffenden eine große Rolle. Vieles wird online erledigt. Angehörige sollten herausfinden, welche Zahlungspflichten der Verstorbene hier hatte, ob regelmäßige Abbuchungen auf Kontoauszügen ersichtlich sind, oder ob umgekehrt noch Zahlungen ausstehen. Kostenpflichtige Mitgliedschaften oder Abos für Online-Dienste müssen gekündigt werden. Näheres dazu hier:
Digitales Erbe - Was passiert mit dem Online-Nachlass?

Die Erfassung des Vermögens


Meist ist die Ursache für Streitigkeiten zwischen Hinterbliebenen das Vermögen beziehungsweise die Aufteilung bestimmter Vermögenswerte des Erblassers. Daher sollte schnellstmöglich eine Erfassung aller Vermögenswerte und Konten des Verstorbenen veranlasst werden. Die Bank muss Auskunft geben über alle Konten, deren Kontostände, sowie über eventuelle Darlehensverträge, Bürgschaften, Verträge zugunsten Dritter o.ä., aber auch über Kontoverbindungen zu anderen Banken im In- und Ausland. Sicherheitshalber kann man auch eine Kontoverlaufsübersicht anfordern. Es kommt nicht selten vor, dass Bargeld oder Wertgegenstände auch im Haus beziehungsweise in der Wohnung versteckt sind, etwa unter der Matratze, im Gefrierschrank oder in Büchern.

Praxistipp zum Verhalten im Todesfall


Nach einem Todesfall sind viele wichtige Punkte zu erledigen und zu bedenken. Wenn es zum Streit über erbrechtliche Fragen oder über die Erteilung eines Erbscheins kommt, kann Ihnen ein Fachanwalt für Erbrecht weiterhelfen.

(Bu)


 Stephan Buch
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