Schadensersatzpflicht des Verwalters

Autor: Notar Dr. Jörn Heinemann, Neumarkt i.d.OPf.
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 01/2012
Stellt sich bei der Feststellung eines Feuchtigkeitsschadens heraus, dass weitergehender Sanierungsbedarf besteht, so muss der Verwalter vor einer Auftragsvergabe auf der Baustelle entweder sachverständigen Rat einholen oder eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen.

OLG Hamm, Beschl. v. 19.7.2011 - 15 Wx 120/10

Vorinstanz: LG Münster - 3 T 39/08

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 3; BGB §§ 249, 280 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt.

Das Problem:

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft macht gegen den abberufenen Verwalter Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Verwalterpflichten mit einer Vielzahl von Schadenspositionen geltend. Eine Position betrifft Werklohnforderungen, die die Gemeinschaft zur Sanierung von gebrochenen Wasserleitungen und einer Drainage sowie zur Isolierung des Kellermauerwerks an einen Werkunternehmer begleichen musste. Nachdem der zur Feststellung der Ursache eines Feuchtigkeitsschadens herbeigerufene Werkunternehmer die Sanierung als dringlich bezeichnet hatte, vergab der Verwalter noch an Ort und Stelle den Auftrag für umfassende Sanierungsarbeiten. Die Gemeinschaft macht geltend, die Auftragsvergabe hätte nur aufgrund eines Eigentümerbeschlusses erfolgen dürfen, weshalb der Verwalter zum Ersatz des durch die verfrühte Beauftragung entstandenen Schadens verpflichtet sei.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Hamm hat entschieden, dass der Verwalter dem Grunde nach der Gemeinschaft Schadensersatz schuldet. Nach dem unstreitigen Sachvortrag lag keine zur Notgeschäftsführung berechtigende Situation vor. Für die Einschätzung eines dringenden Falls i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG sei auf die Beurteilung der Sachlage zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe durch einen „sorgfältigen und erfahrenen Wohnungseigentumsverwalter” abzustellen. Die vom Werkunternehmer dargestellten Mängel zeigten das alltägliche Bild eines älteren Wohngebäudes mit erheb-lichem Sanierungsbedarf auf, ließen jedoch nicht den Schluss auf eine unmittelbar bevorstehende Gefährdung des Gebäudes zu. Von einem professionellen Verwalter müsse erwartet werden, sich den vom Werkunternehmer dargestellten Zwängen zur spontanen Erteilung eines umfassenden Auftrags an der Baustelle ohne betragsmäßige Kostenbegrenzung zu entziehen. Anstelle der sofortigen Auftragsvergabe hätte die Rohrleckage provisorisch gesichert und behoben werden können, um zunächst kurzfristig eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen zu können. Bereits die Regelfrist für die Einberufung einer Eigentümerversammlung betrug nach § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F. lediglich eine Woche und hätte im Fall besonderer Dringlichkeit noch weiter verkürzt werden können. Jedenfalls geht der Senat davon aus, dass bei der hier aus 30 Miteigentümern bestehenden Eigentümergemeinschaft innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen eine außerordentliche Eigentümerversammlung durchführbar gewesen wäre und sogar noch die Zuziehung eines Sachverständigen (etwa eines Architekten) zur Abschätzung des erforderlichen Sanierungsumfangs und der dadurch entstehenden Kosten ermöglicht hätte. Grundsätzlich schuldet der Verwalter Schadensersatz in Höhe des gesamten Werklohns. Hiervon müsse sich die Gemeinschaft im Wege der Vorteilsausgleichung nur diejenigen werkvertraglichen Leistungen anzurechnen lassen, die diese erhalten habe und die die Wohnungseigentümer selbst im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) zwingend sofort hätten beschließen müssen.


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