Stelle in Qualifizierungsgesellschaft kein „freier Arbeitsplatz”
Autor: RAin FAinArbR Daniela Range-Ditz, Dr. Ditz und Kollegen, Rastatt
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2014
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2014
Vereinbart der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat die Schaffung einer Qualifizierungsgesellschaft zur Weiterbildung betriebsbedingt gekündigter Arbeitnehmer, so besteht keine vorrangige Verpflichtung zum Ausspruch einer Änderungskündigung, um eine Weiterbeschäftigung allein zum Zweck der Qualifikation anzubieten.
BAG, Urt. v. 8.5.2014 - 2 AZR 1001/12
Vorinstanz: LAG Düsseldorf - 13 Sa 1017/12
KSchG § 1 Abs. 2
Die Beklagte hatte 2009 mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung zur Bildung einer Einheit für Qualifikations-, Einsatz- und Stellenmanagement geschlossen. Betroffene Arbeitnehmer sollten in die Qualifizierungsgesellschaft versetzt und von dort – soweit möglich und von den Arbeitnehmern gewünscht – auf freie Stellen oder in temporäre Einsätze vermittelt werden. Dabei kam es nicht darauf an, ob sämtliche Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 SGB III erfüllt waren.
Der Kläger wurde 2009 informiert, dass sein Arbeitsplatz entfallen werde. Die Beklagte bot ihm die Versetzung in die Qualifizierungsgesellschaft an, was dieser ablehnte. 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt; ein neuerliches Angebot zur Versetzung in die Qualifizierungsgesellschaft unterblieb.
Der Kläger machte geltend, dass sein Arbeitsplatz nicht weggefallen sei. Zumindest hätte man ihm eine Änderungskündigung für die Weiterbeschäftigung in der Qualifizierungsgesellschaft anbieten müssen. Zu Recht?
Zwar gebiete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der Arbeitgeber vor einer Beendigungskündigung von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz ggf. zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen anbiete (BAG, Urt. v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, MDR 2014, 549 = ArbRB 2014, 99 [Windeln], ArbRB online). Gleiches gelte auch, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschuldungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich sei.
Allerdings handele es sich bei den in der Qualifizierungsgesellschaft geschaffenen Stellen um keine „anderen Arbeitsplätze” i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b, Satz 3 KSchG. Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen müsse der Arbeitgeber nur anbieten, wenn im Kündigungszeitpunkt feststehe oder zumindest mit hinreichender Sicherheit absehbar sei, dass nach Abschluss der Maßnahme ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden sein werde. Dagegen sei der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer allein zum Zweck der Qualifikation weiterzubeschäftigen, ohne dass ein geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen (absehbar) alsbald frei werde. Die Stellen dienten ausschließlich der Qualifizierung und Vermittlung an andere Unternehmen innerhalb und außerhalb des Konzerns der Beklagten. Deshalb handele es sich hierbei nicht um freie Arbeitsplätze im Sinn des KSchG.
BAG, Urt. v. 8.5.2014 - 2 AZR 1001/12
Vorinstanz: LAG Düsseldorf - 13 Sa 1017/12
KSchG § 1 Abs. 2
Das Problem
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.Die Beklagte hatte 2009 mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung zur Bildung einer Einheit für Qualifikations-, Einsatz- und Stellenmanagement geschlossen. Betroffene Arbeitnehmer sollten in die Qualifizierungsgesellschaft versetzt und von dort – soweit möglich und von den Arbeitnehmern gewünscht – auf freie Stellen oder in temporäre Einsätze vermittelt werden. Dabei kam es nicht darauf an, ob sämtliche Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 SGB III erfüllt waren.
Der Kläger wurde 2009 informiert, dass sein Arbeitsplatz entfallen werde. Die Beklagte bot ihm die Versetzung in die Qualifizierungsgesellschaft an, was dieser ablehnte. 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt; ein neuerliches Angebot zur Versetzung in die Qualifizierungsgesellschaft unterblieb.
Der Kläger machte geltend, dass sein Arbeitsplatz nicht weggefallen sei. Zumindest hätte man ihm eine Änderungskündigung für die Weiterbeschäftigung in der Qualifizierungsgesellschaft anbieten müssen. Zu Recht?
Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG hat die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das LAG zurückverwiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Qualifizierungsgesellschaft anzubieten. Insbesondere sei die Kündigung nicht wegen des Vorrangs einer Änderungskündigung unwirksam.Zwar gebiete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der Arbeitgeber vor einer Beendigungskündigung von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz ggf. zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen anbiete (BAG, Urt. v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, MDR 2014, 549 = ArbRB 2014, 99 [Windeln], ArbRB online). Gleiches gelte auch, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschuldungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich sei.
Allerdings handele es sich bei den in der Qualifizierungsgesellschaft geschaffenen Stellen um keine „anderen Arbeitsplätze” i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b, Satz 3 KSchG. Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen müsse der Arbeitgeber nur anbieten, wenn im Kündigungszeitpunkt feststehe oder zumindest mit hinreichender Sicherheit absehbar sei, dass nach Abschluss der Maßnahme ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden sein werde. Dagegen sei der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer allein zum Zweck der Qualifikation weiterzubeschäftigen, ohne dass ein geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen (absehbar) alsbald frei werde. Die Stellen dienten ausschließlich der Qualifizierung und Vermittlung an andere Unternehmen innerhalb und außerhalb des Konzerns der Beklagten. Deshalb handele es sich hierbei nicht um freie Arbeitsplätze im Sinn des KSchG.