Störerhaftung für anonymen Mikroblogeintrag
Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 08/2015
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 08/2015
Ein Hostprovider hat – nachdem er konkrete Hinweise für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung erhalten hat – dem anonym postenden Nutzer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Reagiert dieser nicht innerhalb angemessener Frist, ist von einer Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der Beitrag zu löschen.
OLG Dresden, Urt. v. 1.4.2015 - 4 U 1296/14 (nrkr.)
Vorinstanz: LG Leipzig, Urt. v. 18.7.2014 - 8 O 2940/13
TMG § 10
Beschwerde: Hiernach hafte ein Hostprovider als Störer erst ab Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Zwar habe ein Blogbetreiber ab einer konkret gefassten Beschwerde in der Regel zwischen den widerstreitenden Rechtspositionen des Betroffenen ([Unternehmens-]Persönlichkeitsrecht) und des Äußernden (Meinungsfreiheit) abzuwägen. Hierdurch lasse sich aber regelmäßig die behauptete Rechtsverletzung nicht ohne weiteres feststellen.
Stellungnahme: Wenn der Vorwurf so konkret gefasst sei, dass ein Rechtsverstoß aufgrund der Behauptung unschwer (d.h. ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung) bejaht werden könne, sei der Hostprovider zum Tätigwerden dergestalt verpflichtet, dass er die beanstandete Behauptung zur Stellungnahme an den Äußernden weiterleiten müsse. Bliebe sie innerhalb angemessener Frist aus, sei von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der Blogbetreiber habe die Aussage zu entfernen.
OLG Dresden, Urt. v. 1.4.2015 - 4 U 1296/14 (nrkr.)
Vorinstanz: LG Leipzig, Urt. v. 18.7.2014 - 8 O 2940/13
TMG § 10
Das Problem
Der Betreiber eines Mirkobloggingdiensts wurde von einem Unternehmen und dessen Gesellschafter auf Unterlassung in Anspruch genommen. Ein Nutzer hatte auf dem Mikroblog diverse Aussagen über das Unternehmen anonym gepostet, die nach Ansicht der Betroffenen in rechtswidriger Weise in ihr Persönlichkeitsrecht bzw. das Unternehmenspersönlichkeitsrecht eingriffen. Der Diensteanbieter entfernte diese Inhalte nicht, sondern leitete das Beanstandungsschreiben ohne weitere Substantiierungsaufforderung an den anonymen Nutzer weiter. Dieser nahm zu den Vorwürfen nicht Stellung. Die beanstandeten Aussagen blieben im Netz.Die Entscheidung
Das OLG Dresden bejahte unter Hinweis auf die vom BGH vorgezeichnete Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, ITRB 2010, 52 [Brennecke]; BGH, Urt. v. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, ITRB 2012, 28 [Rössel], sowie BGH, Urt. v. 27.3.2012 – VI ZR 144/11, ITRB 2012, 174 [Rössel]) weitestgehend die Störerhaftung des Mikroblogbetreibers.Beschwerde: Hiernach hafte ein Hostprovider als Störer erst ab Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Zwar habe ein Blogbetreiber ab einer konkret gefassten Beschwerde in der Regel zwischen den widerstreitenden Rechtspositionen des Betroffenen ([Unternehmens-]Persönlichkeitsrecht) und des Äußernden (Meinungsfreiheit) abzuwägen. Hierdurch lasse sich aber regelmäßig die behauptete Rechtsverletzung nicht ohne weiteres feststellen.
Stellungnahme: Wenn der Vorwurf so konkret gefasst sei, dass ein Rechtsverstoß aufgrund der Behauptung unschwer (d.h. ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung) bejaht werden könne, sei der Hostprovider zum Tätigwerden dergestalt verpflichtet, dass er die beanstandete Behauptung zur Stellungnahme an den Äußernden weiterleiten müsse. Bliebe sie innerhalb angemessener Frist aus, sei von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der Blogbetreiber habe die Aussage zu entfernen.