Autor: RA Ulrich C. Mettler, Bofinger Rechtsanwälte, Stuttgart
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2014
Zeigt der Mieter einen Mangel der Mietsache an, zahlt aber die ungekürzte Miete weiter, so ist die Rückforderung überzahlter Beträge nach § 814 BGB nicht ausgeschlossen, wenn die Zahlungen des Mieters „unter Vorbehalt” erfolgen und dieser Vorbehalt bereits zu einem Zeitpunkt erklärt wurde, als Mietminderungsrechte noch nicht geltend gemacht wurden.
LG Berlin, Urt. v. 30.7.2014 - 65 S 12/14
Vorinstanz: AG Tempelhof-Kreuzberg - 5 C 174/13
BGB §§ 812, 814 Das Problem:
Im Zuge einer vom Vermieter durchgeführten Renovierungsmaßnahme der Mietsache kommt es zu Gebrauchsbeeinträchtigungen, welche die Mieter dem Vermieter angezeigt hatten. Den Mietzins zahlen die Mieter im fraglichen Zeitraum in voller Höhe weiter. Sie hatten allerdings bereits im Januar 2012 und in der Folgezeit im Überweisungsfeld stets vermerkt, dass die Zahlung „unter Vorbehalt” erfolge. Minderungsrechte machen die Mieter erst für den Zeitraum ab Februar 2013 geltend. Nach Abschluss der Renovierungsmaßnahmen verlangen die Mieter vom Vermieter den aufgrund vorgenommener Mietminderung überzahlten Mietzins zurück. Der Vermieter bestreitet pauschal die behaupteten Mängel und beruft sich außerdem auf § 814 BGB. Mit Erfolg? Die Entscheidung des Gerichts:
Das Gericht spricht den Mietern einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete aus § 812 BGB zu. Da das Mietobjekt während der Renovierungsmaßnahmen eingerüstet gewesen sei, sei hinsichtlich der Vorderfront des Mietshauses eine Minderung von 12 % angemessen. Für Arbeiten im Treppenhaus, die Staub und Schmutz hervorgerufen hätten, sei ferner eine Mietzinsminderung von 5 % zulässig. Der Rückforderungsanspruch scheitere entgegen der der Auffassung der Vermieterseite auch nicht an § 814 BGB, denn den erforderlichen Vorbehalt hatten die Mieter bei den jeweiligen Überweisungen der Miete erklärt. Insoweit sei unschädlich, dass die Mieter den Vermerk auf den Überweisungsträgern nicht erst ab Februar 2013, sondern bereits seit Januar 2012 angebracht hätten. Unbeschadet dessen könne auch nicht angenommen werden, dass die Mieter, die die Miete für den Monat im Voraus entrichten müssten, bei der Zahlung der Miete positiv wussten, dass die Miete für den in der Zukunft liegenden Zahlungsabschnitt gemindert sein werde. Ferner hätte der Vermieter nicht dargelegt, dass die Mieter gewusst hätten, wie lange die Bauarbeiten andauern und welche konkreten Beeinträchtigungen auf sie zukommen würden. Dies wäre jedoch erforderlich im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 814 BGB, da der Leistungsempfänger darlegungs- und beweisbelastet dafür sei, dass der Leistende die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hätte (vgl. BGH v. 17.10.2002 – III ZR 58/02, MDR 2003, 77). Hierzu gehöre nicht nur die Kenntnis der Rechtslage, die nach der Rechtsprechung in den einschlägigen Kreisen von Mietern und Vermietern im Rahmen eines Anscheinsbeweises als bekannt vorauszusetzen sei, sondern auch die positive Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, aus denen die fehlende Verpflichtung folge (vgl. BGH v. 13.2.2008 – VIII ZR 208/07, MDR 2008, 552; KG v. 21.12.2012 – 8 U 286/11, MDR 2013, 396 = MietRB 2013, 143). Da der Vermieter diese Voraussetzungen nicht nachweisen konnte, hatte das Zahlungsbegehren der Mieter Erfolg.