Unwirksame AGB für App Store

Autor: RA, FA IT-Recht, FA Urheber- und Medienrecht Dr. Christian Wolff, Brock Müller Ziegenbein, Kiel
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 08/2013
Die Überlassung von Anwendungen für Mobiltelefone im Rahmen eines App Stores unterliegt dem Kaufrecht. AGB-rechtliche Beschränkungen des Käufers haben das kaufrechtliche Leitbild zu berücksichtigen und sind anderenfalls unwirksam. Auch für den Betrieb eines App Stores zur Überlassung von fremder Software kann einheitlich die Geltung des Kaufrechts angenommen werden, wenn sich aus den AGB nicht klar eine Differenzierung zwischen Betrieb des App Stores und Veräußerung der Software ergibt.

LG Frankfurt/M., Urt. v. 6.6.2013 - 2-24 O 246/12 (nrkr.)

BGB §§ 307, 308; BDSG § 4a; TMG § 13; UWG § 7 Abs. 2

Das Problem:

Der Betreiber eines App Stores, über den Anwendungen für Mobiltelefone angeboten werden, nutzte AGB gegenüber seinen Kunden, bei denen es sich im Wesentlichen um Verbraucher handelt. Sie enthielten u.a. folgende Klauseln:

Die Software, die Sie im Rahmen der Services nutzen, kann Updates von ... automatisch herunterladen und installieren. Sie willigen ein, diese Updates im Rahmen der Nutzung des Services anzunehmen und gestatten ... die Bereitstellung.

Wir behalten uns das Recht vor, die Services jederzeit einzustellen oder zu ändern.

Im Gegenzug willigen Sie ein, dass ... in den Services Werbung schalten kann.

... kann diese Bedingungen jederzeit ändern. Neue Bedingungen werden Ihnen in den Services mitgeteilt. Wenn Sie die Services von ... nach Eintritt der Änderungen nutzen, gilt dies als Anerkennung der aktualisierten Bedingungen durch Sie.

Bei einfacher Fahrlässigkeit haften wir nur für den typischerweise vorhersehbaren Schaden.

Vorbehaltlich der Absätze ... ist die Gesamthaftung des Lizenzgebers unter dieser Lizenz auf den Preis, den Sie für die Applikationsnutzung zahlen, oder auf 50 € beschränkt, wobei der höhere Wert maßgeblich ist. Sie erkennen an, dass die Bestimmungen von Ziffer ... im Verhältnis zu den Gebühren der Applikation angemessen sind und dass Sie dieses Risiko entsprechend übernehmen bzw. versichern.

Ein Verbraucherschutzverband beanstandet diese Bedingungen als unzulässig und nimmt den App Store-Betreiber auf Unterlassung in Anspruch.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht beurteilte alle beanstandeten Klauseln als AGB-rechtlich unwirksam.

Updates: Die Regelung verstoße gegen § 308 Nr. 4 BGB, da der Änderungsvorbehalt für einmal gelieferte Software keine Einschränkungen enthalte. Leitbild für die Softwareüberlassung im App Store sei das Kaufrecht. Insoweit werde auch entgegen § 475 BGB das Gewährleistungsrecht des Kunden durch Abbedingen des Wahlrechts gem. § 437 BGB beschnitten.

Service-Einstellung und -Änderung: Es liege ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB vor. Nach dem kaufrechtlichen Leitbild müsse der Kunde nicht damit rechnen, erhaltene Software plötzlich nicht mehr nutzen zu können, zumal die AGB keine Beschränkung dieser Klausel auf unentgeltliche Softwareüberlassungen enthielten. Auch greife die Argumentation nicht, dass lediglich ein Marktplatz zur Verfügung gestellt werde und die Bestimmungen nur hierfür Geltung entfalteten. Denn die AGB sähen ausdrücklich ein Vertragsverhältnis nur zwischen dem App Store-Betreiber und dem Nutzer – nicht aber dem Softwareentwickler – vor.

Werbung: Die pauschale Einwilligung zur Werbeschaltung verstoße gegen § 4a BDSG, § 12 f. TMG und § 7 Abs. 2 UWG. Es fehle an der erforderlichen Hervorhebung des Einwilligungstexts. Auch wisse der Kunde nicht, in welche Datennutzungen er konkret einwillige. Schließlich erfolge auch keine Beschränkung auf Werbung für Angebote des App Store-Betreibers und die Einwilligung erfasse sogar telefonische Werbung innerhalb der Services.

Änderung der Nutzungsbedingungen: Ein pauschaler und einschränkungsloser Vorbehalt, die Nutzungsbedingungen jederzeit ändern zu können, verstoße gegen §§ 308 Nr. 4, 307 BGB. In der Formulierung liege ein Leistungsänderungsvorbehalt, da es an einer Beschränkung auf Klauseln fehle, die nicht den Inhalt des Vertrags definierten. Die Zustimmungsfiktion sei unwirksam, da dem Kunden keine Frist eingeräumt werde und der App Store-Betreiber sich auch nicht dazu verpflichte, i.S.v. § 308 Nr. 5 b) BGB auf die Bedeutung dieser Frist hinzuweisen.

Haftungsbeschränkung: Die Haftungsbeschränkungsklauseln seien unwirksam. Problematisch seien in diesem Zusammenhang insb. Formulierungen, die pauschal auf „gesetzliche Rechte” abstellten, die von den Beschränkungen unberührt bleiben sollen oder nicht klar genug bestimmten, dass die Haftung für Personenschäden oder Todesfälle unberührt bleibe. Auch eine Haftungsbeschränkung der Höhe nach auf 50 € sei als unwirksam anzusehen. Die Beschränkung sei nicht klar formuliert und stelle bei kundenfeindlicher Auslegung nicht sicher, dass sie nicht für Körperschäden und Todesfälle gelte. Die Haftungshöchstsumme sei ferner bereits deshalb unangemessen, weil der Kunde im Sinne einer Erklärungsfiktion in den AGB die Angemessenheit bestätigen solle.


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