Unwirksame Gefahrübergangsregelung in Onlineshop-AGB

Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Carsten Intveen, CORSO Rechtsanwälte, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 03/2014
In Onlineshop-AGB ist eine Klausel unwirksam, die eine Enthaftung des Verkäufers für nach ordnungsgemäßer Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen von diesem verursachte Verzögerungen vorsieht, wenn gleichzeitig auch die Montage der Ware angeboten wird.

BGH, Urt. v. 6.11.2013 - VIII ZR 353/12

Vorinstanz: OLG Stuttgart, Urt. v. 25.10.2012

BGB §§ 269, 307 Abs. 1, 2, 309 Nr. 7 Buchst. b, 447

Das Problem:

In AGB eines Online-Möbelshops ist folgende Regelung enthalten:

§ 4 Versand; Gefahrübergang; Versicherung

(1) Wir schulden nur die rechtzeitige, ordnungsgemäße Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen und sind für vom Transportunternehmen verursachte Verzögerungen nicht verantwortlich.

Gleichzeitig bietet das Möbelhaus auf Wunsch des Kunden den Aufbau der gekauften Möbel an.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die AGB-Klausel ist unwirksam.

Grundsatz Schickschuld: Der Verkäufer übernehme zwar bei Geschäften im Versandhandel in der Regel keine Bringschuld, sondern nur eine Schickschuld. Der Umstand, dass es im Versandhandel typischerweise Aufgabe des Verkäufers sei, die Versendung der Kaufsache zu veranlassen, begründe für sich allein nicht die Annahme, der Empfangsort solle auch Leistungsort (Erfüllungsort) für die Lieferpflicht des Verkäufers sein. Aus § 447 BGB ergebe sich nichts anderes. Da der nach § 269 BGB zu bestimmende Leistungsort von § 447 Abs. 1 BGB nicht berührt werde, habe auch § 474 Abs. 2 BGB, wonach die Anwendung des § 447 Abs. 1 BGB auf den Verbrauchsgüterkauf – zwingend, § 475 Abs. 1 BGB – ausgeschlossen sei, keine Auswirkungen auf den Leistungsort.

Ausnahme Bringschuld: Die Vermutung, dass im Zweifel auch im Versandhandel der Sitz des Verkäufers Erfüllungsort für die Verkäuferpflichten sei, greife aber nur, wenn ein (anderer) Ort für die Leistung weder von den Beteiligten bestimmt noch aus den Umständen, insb. aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen sei, § 269 Abs. 1 BGB. Weil sich § 4 Abs. 1 der AGB auch auf Kaufverträge mit Montage beziehe, ergebe sich, dass Leistungsort i.S.d. § 269 Abs. 1 BGB der Ort sei, an dem die gekauften Möbel aufzubauen seien. Es handele sich also vorliegend – abweichend vom Regelfall des Versandhandels – nicht um eine Schick-, sondern um eine Bringschuld.

Nachteilige Klausel: Die angegriffene Klausel sei nach allgemeinen Grundsätzen dahin auszulegen, dass sie sich auch auf Kaufverträge beziehe, in denen sich der Verkäufer zur Montage der bestellten Möbel verpflichte. Dem stehe nicht entgegen, dass die Montage der Möbel gesondert hinzuzubuchen sei. Denn die AGB sollten umfassend für alle mit dem Verkäufer im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen gelten. Um eine solche handle es sich auch bei der Zusatzvereinbarung über die Montage. Der Verkäufer verweise beim Angebot des Möbelaufbaus ausdrücklich auf die AGB. Die Klausel weiche zum Nachteil des Kunden von gesetzlichen Regelungen ab, nach der die Gefahr nicht schon mit der Übergabe an das Transportunternehmen, sondern erst mit der Übergabe an den Käufer auf diesen übergehe. Soweit die Klausel darüber hinaus bestimme, dass der Anbieter für vom Transportunternehmen verursachte Verzögerungen nicht verantwortlich sei, schließe sie bei vereinbarter Bringschuld die Verantwortung für den Transport der Kaufsache aus.


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