Unzulässigkeit eines Werbeblockers

Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Aegidius Vogt, RAYERMANN DITTMEIER, München – www.rayermann.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 09/2016
Das Anbieten und Vertreiben von Werbeblockern zur Verhinderung von Onlinewerbung ist im Grundsatz nicht wettbewerbswidrig. Unzulässig ist es dagegen, wenn die Entscheidung über die Unterdrückung von Werbung von einer Vergütung abhängig gemacht wird.

OLG Köln, Urt. v. 24.6.2016 - 6 U 149/15 (nrkr.)

Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 29.9.2015 - 33 O 132/14

UWG §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 4, 4a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 4, 8 Abs. 3 Nr. 1

Das Problem

Ein Verlagshaus, das durch die Schaltung von Werbung auf seinen Webseiten erhebliche Einnahmen erzielt, wendet sich gegen den Vertrieb der für die User kostenlosen Software Adblock, mit der durch den Einsatz von Filterregeln Werbeanbieter identifiziert und deren Werbung auf Webseiten unterdrückt wird (sog. Blacklisting). Unternehmen können sich aber gegen Entgelt in eine sog. Whitelist der Anbieterin aufnehmen lassen. Dort gelistete Angebote werden dann trotz aktivierten Werbeblockers nicht unterdrückt. Der User muss diese Voreinstellung erst durch Entfernen eines Häkchens deaktivieren.

Die Entscheidung des Gerichts

Entgegen der Vorinstanz bewertete das OLG Köln das Geschäftsmodell als unlauter und untersagte den Einsatz der Software.

Mitbewerberstellung: Obschon der Verlag redaktionelle Leistungen an Leser, die Anbieterin dagegen Software zur Unterdrückung von Werbung anbieten und sie sich daher nicht unmittelbar an denselben Abnehmerkreis wenden würden, sei der Verlag nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Die unmittelbare Konkurrentenbeziehung entstehe gerade dadurch, dass sich die Anbieterin in den Absatzmarkt des Verlags hineinbegebe, indem sie dessen Absatz- oder Werbeverhalten beeinträchtige. Hinsichtlich der Whitelisting-Funktion bestehe sogar ein direkter Wettbewerb um Zahlungen werbewilliger Unternehmen.

Keine gezielte Behinderung: Es liege kein Verstoß gegen das Verbot der gezielten Behinderung nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG vor, da die Anbieterin weder mit Schädigungsabsicht handle, noch die Software geeignet sei, die wettbewerbliche Entfaltung des Verlagshauses übermäßig zu beeinträchtigen. Neben weiteren Aspekten fehle es auf Grundlage der Erwägungen des BGH zu Werbeblockern (BGH, Urt. v. 24.6.2004 – I ZR 26/02, CR 2004, 760) in solchen Konstellationen an einer gezielten Behinderung, solange eine Abwehrmaßnahme nicht vom Anbieter aufgedrängt, sondern vom Nutzer selbst installiert oder zugelassen werde. Auch eine allgemeine Marktbehinderung sei nicht gegeben, da das Verhalten nicht geeignet sei, eine bestimmte Angebotsform vom Markt zu drängen. Das Verlagshaus selbst habe durch das Aussperren von Nutzern, die Werbeblocker einsetzten, einen technischen Weg gefunden, einen Bezug des redaktionellen Angebots ohne Werbung zu verhindern.

Unzulässige Beeinflussung: Allerdings sei in dem Verhalten der Anbieterin eine aggressive Praktik i.S.d. § 4a Abs. 1 Satz 1 UWG zu erkennen, soweit die Anbieterin werbewillige Marktteilnehmer unter der Voraussetzung der Beteiligung an Werbeumsätzen von der Blockadefunktion ihrer Software ausnehme. Als Aggressionsmittel sei hier eine unzulässige Beeinflussung nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG festzustellen. Hierunter falle jede unangemessene Beeinflussung und insb. gem. § 4a Abs. 1 Satz 3 UWG ein Verhalten, aufgrund dessen ein Unternehmer eine Machtposition gegenüber einem Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck aufbaue.

Machtposition: Diese müsse dabei nicht die kartellrechtlich relevante Schwelle der Marktbeherrschung oder der relevanten Marktmacht i.S.d. §§ 18 ff. GWB erreichen. Sie könne sich vielmehr auch aus strukturellen oder situationsbedingten Umständen ergeben. Die Blacklist sei eine technisch wirkende Schranke, die erst durch die ebenfalls allein von der Anbieterin kontrollierte Whitelist wieder aufzuheben sei. Dies sei als „Hindernis nichtvertraglicher Art” gem. § 4a Abs. 2 Nr. 4 UWG einzuordnen und hindere die „Ausübung vertraglicher Rechte” gegenüber dem eigentlichen Werbepartner, da die Sichtbarkeit der Werbung erst über die technische Freischaltung durch einen Dritten, der sich in diese Beziehung hineinbegebe, erreichbar sei. Maßgeblich sei, dass das Zusammenspiel von Blacklist und Whitelist Durchsetzungskraft erzeuge und sicherstelle, dass allein der Anbieter der Whitelist die Bedingungen für den Zugang zu Inhalten wieder herstellen könne. Die Anbieterin agiere dadurch als Gatekeeper über den Zugang zur Werbefinanzierungsmöglichkeiten, indem sich werbewillige Unternehmen aus der Blockadesituation freikaufen müssten, was zwangsläufig auch die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen beeinflusse. Der Wunsch vieler Nutzer nach werbefreien Angeboten ändere nichts an dieser Bewertung.


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