Vergütung für höherwertige Vertretungstätigkeit
Autor: RA FAArbR Dr. Norbert Windeln, LL.M., avocado rechtsanwälte, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 10/2015
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 10/2015
Erbringt der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers eine qualitativ höherwertige Tätigkeit als die nach der Tätigkeitsabrede geschuldete, kann er dafür nach § 612 Abs. 1 BGB eine zusätzliche Vergütung verlangen, wenn die Leistung der höherwertigen Tätigkeit den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
BAG, Urt. v. 25.3.2015 - 5 AZR 874/12
Vorinstanz: LAG Sachsen-Anhalt - 2 Sa 38/12 E
BGB § 612 Abs. 1 u. 2; TV-L § 14 Abs. 1
Anfang 2009 trat der damalige Abteilungsleiter in den Ruhestand und die Stelle, die nach der Besoldungsgruppe B 5 BBesO vergütet wird, wurde neu ausgeschrieben. Zeitgleich wurde der Kläger beauftragt, die Geschäfte des Abteilungsleiters zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Referatsleiter wahrzunehmen. Aufgrund einer Konkurrentenklage verzögerte sich die Stellenbesetzung; erst Ende 2012 wurde der Kläger zum Abteilungsleiter befördert.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Land verpflichtet ist, ihm für die Jahre 2009 bis 2012 die Differenz zwischen der Besoldungsgruppe B 2 und der Besoldungsgruppe B 5 BBesO zu zahlen.
Anspruchsgrundlage für die Differenzzahlung sei dem Grunde nach § 612 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift erfasse auch die qualitative Mehrleistung, also das Erbringen höherwertiger Leistungen als die vertraglich geschuldeten. Die von der Norm zudem geforderte objektive Vergütungserwartung für die qualitative Mehrleistung folge vorliegend aus § 14 Abs. 1 TV-L. Denn nach dieser tariflichen Regelung löse die Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit für mindestens einen Monat einen zusätzlichen Vergütungsanspruch aus.
Die Höhe der üblichen Vergütung i.S.d. § 612 Abs. 2 BGB bestimme sich bei einer vorübergehenden Vertretertätigkeit grds. nach der Höhe der Vergütung, die der Vertretene beim Arbeitgeber erhalte, vorliegend mithin die Vergütung des Abteilungsleiters nach der Besoldungsgruppe B5 BBesO.
BAG, Urt. v. 25.3.2015 - 5 AZR 874/12
Vorinstanz: LAG Sachsen-Anhalt - 2 Sa 38/12 E
BGB § 612 Abs. 1 u. 2; TV-L § 14 Abs. 1
Das Problem
Der Kläger ist Angestellter des Landes Sachsen-Anhalt; auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme grds. der TV-L Anwendung. 2005 wurde der Kläger zum Referatsleiter im Ministerium befördert und fortan außertariflich entsprechend der Besoldungsgruppe B 2 BBesO vergütet. Zudem übernahm der Kläger die Funktion des stellvertretenden Abteilungsleiters für die Zeit der Abwesenheit der Abteilungsleitung.Anfang 2009 trat der damalige Abteilungsleiter in den Ruhestand und die Stelle, die nach der Besoldungsgruppe B 5 BBesO vergütet wird, wurde neu ausgeschrieben. Zeitgleich wurde der Kläger beauftragt, die Geschäfte des Abteilungsleiters zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Referatsleiter wahrzunehmen. Aufgrund einer Konkurrentenklage verzögerte sich die Stellenbesetzung; erst Ende 2012 wurde der Kläger zum Abteilungsleiter befördert.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Land verpflichtet ist, ihm für die Jahre 2009 bis 2012 die Differenz zwischen der Besoldungsgruppe B 2 und der Besoldungsgruppe B 5 BBesO zu zahlen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht gibt der Klage statt und ändert die anderslautenden Entscheidungen der Vorinstanzen ab. Die streitgegenständliche Vertretungstätigkeit des Klägers über fast vier Jahre sei mit der Vergütung nach der Besoldungsgruppe B 2 BBesO nicht abgedeckt. Zwar werde hiermit nach der arbeitsvertraglichen Abrede grds. auch die Funktion als stellvertretender Abteilungsleiter für die Zeit der Abwesenheit des Abteilungsleiters abgegolten. Der durchschnittliche Arbeitnehmer dürfe diese Formulierung jedoch so verstehen, dass hiermit nur die üblichen Abwesenheiten wie Urlaub, Krankheit oder Dienstreise gemeint seien, nicht aber eine mehrjährige Stellenvakanz.Anspruchsgrundlage für die Differenzzahlung sei dem Grunde nach § 612 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift erfasse auch die qualitative Mehrleistung, also das Erbringen höherwertiger Leistungen als die vertraglich geschuldeten. Die von der Norm zudem geforderte objektive Vergütungserwartung für die qualitative Mehrleistung folge vorliegend aus § 14 Abs. 1 TV-L. Denn nach dieser tariflichen Regelung löse die Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit für mindestens einen Monat einen zusätzlichen Vergütungsanspruch aus.
Die Höhe der üblichen Vergütung i.S.d. § 612 Abs. 2 BGB bestimme sich bei einer vorübergehenden Vertretertätigkeit grds. nach der Höhe der Vergütung, die der Vertretene beim Arbeitgeber erhalte, vorliegend mithin die Vergütung des Abteilungsleiters nach der Besoldungsgruppe B5 BBesO.