Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch heimliche Videoaufnahmen
Autor: RA FAArbR Dr. Ulrich Boudon, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 09/2015
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 09/2015
Lässt ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit von einem Detektiv überwachen, der heimliche Videoaufnahmen anfertigt, so kann dem Arbeitnehmer ein Geldentschädigungsanspruch wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zustehen.
BAG, Urt. v. 19.2.2015 - 8 AZR 1007/13
Vorinstanz: LAG Hamm - 11 Sa 312/13
BDSG §§ 3, 7, 32 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1
BAG, Urt. v. 19.2.2015 - 8 AZR 1007/13
Vorinstanz: LAG Hamm - 11 Sa 312/13
BDSG §§ 3, 7, 32 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1
Das Problem
Die Klägerin war bei der Beklagten als Sekretärin der Geschäftsleitung beschäftigt. Ab Dezember war sie wegen einer Bronchialerkrankung und danach wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig. Ab Februar legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Allgemeinmediziners, dann zwei eines Orthopäden. Die beklagte Arbeitgeberin beauftragte eine Detektei mit der Observation. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt, die die Klägerin mit ihrem Hund vor dem Haus und anlässlich eines Besuchs in einem Waschsalon zeigen. In das auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses folgende Kündigungsschutzverfahren führte die Beklagte den Observationsbericht ein. Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Die Klägerin verlangt nun eine Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes.Die Entscheidung des Gerichts
Das LAG spricht der Klägerin eine Entschädigung von 1.000 € zu. Das BAG bestätigt die Entscheidung. Durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen sei die Klägerin rechtswidrig gem. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Die Zubilligung einer Geldentschädigung dient – anders als das Schmerzensgeld – regelmäßig der Genugtuung des Opfers sowie der Prävention. Die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG ist nicht ausschließlich; sie verdrängt daher den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch nicht. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, bestimmt sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalls. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:- die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
- Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie
- der Grad des Verschuldens.