Vertragsstrafe: Eine Obergrenze muss nicht vereinbart werden

Autor: RA FAMuWR Jochen Hoffmann, RAe Garben, Schlüter, Schützler & Reiss, Köln
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2015
Überlässt der Vermieter dem Mieter deshalb die von ihm zu erstellenden Mieträume nicht, weil er kein Eigentum an dem Mietgrundstück erwirbt, wird er in der Regel nicht von seinen vertraglichen Erfüllungspflichten frei. Er schuldet dann auch die Zahlung einer für den Fall der verspäteten Übergabe vorgesehenen Vertragsstrafe, selbst wenn die betreffende Vertragsbedingung keine Obergrenze enthält.

OLG Celle, Beschl. v. 14.11.2014 - 2 U 111/14

Vorinstanz: LG Hildesheim - 3 O 28/14

BGB §§ 275, 307, 343; HGB § 348

Das Problem

Vermietet wurden Gewerbeflächen in einem noch vom Vermieter zu errichtenden Gebäude. Der Vertrag enthält eine insoweit vom Mieter vorgegebene Regelung, nach der der Vermieter für jeden Tag der verspäteten Übergabe eine Vertragsstrafe von 300 € zu zahlen hat. Dieser Betrag übersteigt die auf einen Tag entfallende Nettomiete um ca. 3 %. Bei Vertragsschluss standen die betreffenden Flächen noch nicht im Eigentum des Vermieters. Da einzelne Grundstückseigentümer offenbar nicht mehr bereit waren, an den Vermieter zu verkaufen, kam es nicht zur Errichtung der Mietsache. Der Mieter macht nun für die ersten vier Monate der vorgesehenen Mietzeit eine Vertragsstrafe i.H.v. rund 37.000 € geltend. Der Vermieter meint, er sei von seinen Erfüllungspflichten gem. § 275 BGB befreit. Die Vertragsstrafenregelung sei überdies zu hoch und zudem wegen des Fehlens einer Obergrenze unwirksam.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat folgt der ersten Instanz und bestätigt die Forderung des Mieters. Eine objektive Unmöglichkeit sei ausgeschlossen. Die Leistungspflicht sei nicht generell unerfüllbar. Aber auch für eine subjektive Unmöglichkeit seien keine ausreichenden Gründe ersichtlich. Hierfür hätte das Leistungshindernis für den Vermieter unüberwindbar sein müssen (Verweis auf BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 146/11, MDR 2013, 15). Der Vermieter habe jedoch nicht einmal ausreichend vorgetragen, dass er auch nicht unter Aufwendung zusätzlicher finanzieller Mittel oder unter Mithilfe Dritter Eigentum an den dem Mieter vermieteten Flächen hätte erwerben können. Erst recht seien keine Anhaltspunkte für ein grobes Missverhältnis zwischen solchen Aufwendungen und dem Leistungsinteresse des Mieters erkennbar. Die Vertragsstrafenregelung führe trotz des Fehlens einer Obergrenze zu keiner unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB. Eine solche Obergrenze sei in Fällen einer noch zu errichtenden Gewerbeimmobilie nicht erforderlich. Bei einer Vermietung mit Bauverpflichtung übernehme der Vermieter eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung. Die Nichtfertigstellung des Objekts stelle sich insoweit als einen der denkbar größten Vertragsverstöße dar. Eine der Höhe nach nicht begrenzte Vertragsstrafe erfülle ihren Zweck als Druckmittel, die pünktliche Aufnahme des Geschäftsbetriebes sicherzustellen. Wegen dieser Funktion als Druckmittel sei es auch unschädlich, dass die Höhe der Vertragsstrafe die geschuldete Miete leicht übersteigt.


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