Vertretung des minderjährigen Kindes in Abstammungssachen

Autor: VorsRiOLG Eberhard Stößer, Stuttgart
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 03/2013
Üben Eltern nach rechtskräftiger Ehescheidung die elterliche Sorge für ihr minderjähriges Kind weiterhin gemeinsam aus, ist die Mutter von der Vertretung des Kindes bei der Vaterschaftsanfechtung durch ihren geschiedenen Ehemann ausgeschlossen. Es muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.11.2012 - 13 UF 128/12

Vorinstanz: AG Lingen, Beschl. v. 24.10.2012 - 23 F 171/12 PF

BGB §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1

Das Problem:

Die Ehe der Eltern eines ehelichen Kindes ist rechtskräftig geschieden. Die Eltern üben die elterliche Sorge aber weiter gemeinsam aus. Der Vater beantragt die Feststellung, dass er nicht der Vater des Kindes sei (Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Benötigt das Kind für die Vertretung in der Abstammungssache einen Ergänzungspfleger oder kann die Mutter das Kind vertreten? Die Entscheidung des BGH v. 21.3.2012 – XII ZB 510/10, FamRZ 2012, 859 m. Anm. Stößer = FamRB 2012, 212 [Schwonberg]) hatte einen Vertretungsausschluss der Mutter daran angeknüpft, dass sie mit dem rechtlichen Vater verheiratet sei (in einem Verfahren nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB – Anfechtung durch den möglichen biologischen Vater). An diese BGH-Entscheidung angelehnt hatte der Rechtspfleger im vorliegenden Fall einen Antrag des Vaters auf Anordnung von Ergänzungspflegschaft abgewiesen, da die Ehe der Eltern rechtskräftig geschieden sei. Die Mutter sei daher nicht von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Auf die Beschwerde des Vaters (§§ 11 RPflG, 58 ff. FamFG) hat das OLG Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis „Vertretung des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren” angeordnet. Ausschlaggebend sei das gemeinsame Sorgerecht: Die Mutter sei gemeinsam mit dem Vater sorgeberechtigt und könne daher das Kind nicht bei der Vaterschaftsanfechtung vertreten. Es müsse deshalb auch im vorliegenden Fall ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Eine gemeinsam sorgeberechtigte Mutter sei nach rechtskräftiger Scheidung schon früher nach herrschender Meinung von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen gewesen (so tatsächlich noch zum früheren ZPO-Abstammungsprozess BGH v. 14.6.1972 – IV ZR 53/71, NJW 1972, 1708). Daran habe sich durch die Einführung des FamFG nichts geändert. Die Entscheidung des BGH vom 21.3.2012 stehe dieser Sichtweise nicht entgegen, da die Eltern in jenem Verfahren miteinander verheiratet waren.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Familien-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Familienrecht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme