Verzicht auf Urlaubsabgeltung durch Ausgleichsklausel im Vergleich

Autor: RA FAArbR Dr. Artur Kühnel, Vahle Kühnel Becker, FAeArbR, Hamburg
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 09/2013
Wird in einem Vergleich vereinbart, dass mit seiner Erfüllung alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt sind, erfasst diese Ausgleichsklausel grds. auch den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs. Der Wirksamkeit eines solchen Anspruchsverzichts stehen das BUrlG und auch das Unionsrecht dann nicht entgegen, wenn er zu einem Zeitpunkt vereinbart wird, zu dem das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist.

BAG, Urt. v. 14.5.2013 - 9 AZR 844/11

Vorinstanz: Sächsisches LAG - 9 Sa 86/11

BUrlG §§ 7 Abs. 4, 13 Abs. 1 Satz 3; RL 2003/88/EG Art. 7

Das Problem:

Der Kläger verlangt von der Beklagten gem. § 7 Abs. 4 BUrlG die Abgeltung gesetzlichen Mindesturlaubs für die Jahre 2006 bis 2009 (in unstreitiger Höhe von 6.543,60 €).

Der Kläger war seit Januar 2006 bis zu seinem Ausscheiden am 30.6.2009 durchgehend arbeitsunfähig krank. In einem Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien am 29.6.2010 einen gerichtlichen Vergleich, der keine Regelung zum Urlaub, u.a. aber folgende Ausgleichsklausel enthielt:

Mit Erfüllung des vorliegenden gerichtlichen Vergleichs sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.

Das LAG gab der Klage statt. Die Beklagte zahlte an den Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und beantragte zugleich mit der Revision die Rückzahlung.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das BAG hat einen Anspruch des Klägers verneint und ihn gem. § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Rückzahlung an die Beklagte verurteilt (zu Einzelheiten der Rückabwicklung vgl. Kappelhoff, ArbRB 2012, 64 ff., ArbRB online).

Die Urlaubsansprüche für die Jahre 2006 und 2007 seien trotz der Arbeitsunfähigkeit bereits 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres verfallen (s. BAG, Urt. v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, ArbRB 2013, 4 [Sasse], ArbRB online).

Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2008 und 2009 sei hingegen infolge der von den Parteien im Vergleich vereinbarten weit gefassten Ausgleichsklausel untergegangen. Diese beinhalte einen umfassenden Anspruchsausschluss und sei als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB) zu verstehen. Sie erfasse auch den Urlaubsabgeltungsanspruch. Vorliegend sei die Ausgleichsklausel erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden, so dass der Verfall des Anspruchs weder nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG noch nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) unwirksam sei. Der Arbeitnehmer bedürfe keines Schutzes, denn er habe nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bis zum Abschluss des Vergleichs die Möglichkeit gehabt, seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, der nach der Aufgabe der Surrogatstheorie ein reiner Geldanspruch sei, zu realisieren.


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