Wärmedämmung & Co: Nachrüstpflichten für Hauseigentümer

25.01.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Modernisierung,Dammung,Gebäude,Klimaschutz Viele Gebäude müssen gedämmt werden. Wer muss handeln - und wer zahlt? © Ma - Anwalt-Suchservice

Hauseigentümer sind bisher nicht pauschal dazu verpflichtet, ihre Häuser nachträglich komplett energetisch zu sanieren. Dies könnte sich ändern. Auch bisher gibt es schon einige Nachrüstpflichten.

Immer wieder hört man, dass Hauseigentümer verpflichtet seien, ihre Häuser zu modernisieren – gerade im Hinblick auf Wärmedämmung und Energieeinsparung. Bisher stimmt dies jedoch nur zum Teil. Lange Zeit war hier die Energieeinsparverordnung (EnEV) maßgeblich. Am 1. November 2020 ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft getreten. Dieses fasst die Regelungen aus EnEV, Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammen.
Das GEG verpflichtet Eigentümer nicht zur Komplettsanierung ihrer alten Häuser. Es erlegt ihnen aber Einzelmaßnahmen auf, die die Energiewerte des Gebäudes deutlich verbessern können.

Neue EU-Pläne: Kommt die allgemeine Dämmpflicht für Altbauten?


Die EU-Kommission hat im Dezember 2021 den Entwurf für eine neue EU-Gebäuderichtlinie vorgelegt. Der Inhalt könnte massive Folgen für Hauseigentümer und Mieter bestehender Gebäude haben. Denn: Der Entwurf sieht eine Pflicht von Hauseigentümern vor, ihre Gebäude innerhalb bestimmter Fristen auf einen energetischen Mindeststandard zu bringen.

Zuerst sollen bis 2027 alle öffentlichen Gebäude saniert werden, bis 2030 läuft die Frist für bestehende Wohnhäuser mit der schlechtesten EU-Effizienzklasse G ab. Diese sollen bis dahin zunächst so saniert sein, dass sie mindestens Klasse F erreichen. Hier handelt es sich um die Effizienzklassen der EU, Deutschland arbeitet bisher mit einer anderen Klasseneinteilung von A bis H. Bis 2033 soll dann kein Gebäude mehr zur Klasse F gehören. Erste Schritte sollen ein einheitliches Klassifizierungssystem sein sowie sogenannte Renovierungspässe für Häuser.

Die EU hat auch zusätzliche Geldmittel eingeplant, um den Sanierungsschub in Gang zu bringen. Wie diese Gelder jedoch zu den Hauseigentümern gelangen sollen, ist bisher unklar.

Die EU-Kommission hat bisherigen Äußerungen nach die Vorstellung, dass diese Regelungen insbesondere für Mieter Verbesserungen mit sich bringen - im Hinblick auf niedrigere Heizkosten. Der Eigentümerverband Haus und Grund hat darauf hingewiesen, dass die Pläne für viele ältere Gebäude schlicht das Aus bedeuten könnten. Denn: Viele Eigentümer würden sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten können. In Deutschland fallen etwa ein Drittel der Wohnhäuser unter die schlechtesten Energieeffizienzklassen G oder H. Fraglich ist auch, welche Handwerker den riesigen zusätzlichen Arbeitsbedarf bewältigen sollen, da die Unternehmen bereits jetzt überlastet sind.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass mancher kleinere private Vermieter die erforderlichen Maßnahmen nicht finanzieren können wird. Vielen Mietern wird daher nur der Umzug in eine neuere und deutlich teurere Wohnung bleiben. Sollte eine Nutzung von Häusern untersagt werden, die den Anforderungen nicht entsprechen, ist eine deutliche Verknappung von Wohnraum zu befürchten, die sich nicht mehr nur auf Großstädte beschränkt. Festzuhalten ist jedoch, dass die Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen des Vorschlagspaketes "Fit for 55" noch keine Sanktionen für Hauseigentümer vorgeben, die ihre Häuser nicht sanieren. Dies wird den Mitgliedsstaaten überlassen. Ein Nutzungsverbot oder eine Enteignung stehen damit nicht im Raum, zumal die Sanktionen ausdrücklich verhältnismäßig bleiben müssen. Ein staatlicher Eingriff, der praktisch dazu führt, dass das Eigentum an einem Hausgrundstück aufgegeben werden muss, könnte darüber hinaus einen unzulässigen enteignungsgleichen Eingriff darstellen. Aber: So etwas ist derzeit nicht absehbar. Auch ist die neue EU-Gebäuderichtlinie noch nicht verabschiedet.

Welche Nachrüstpflichten gelten heute für oberste Geschossdecken?


Die §§ 46 ff. des GEG enthalten Nachrüstpflichten für bestehende Gebäude.

§ 47 Abs. 1 GEG gilt für Häuser, die mindestens vier Monate im Jahr auf mehr als 19 Grad aufgeheizt werden. Nach dieser Regelung müssen die obersten Geschossdecken der Häuser - also die Decke zwischen oberstem Stockwerk und Dachboden - so gedämmt sein, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der obersten Geschossdecke 0,24 Watt pro Quadratmeter und Kelvin nicht überschreitet. Hier handelt es sich um die übliche Maßeinheit für den Wärmedurchgang durch ein Bauteil. Alternativ kann auch das über der obersten Geschossdecke liegende Dach gedämmt werden (was in der Regel deutlich aufwändiger ist, aber die Möglichkeit zum Dachbodenausbau bietet).

Ausnahme: Handelt es sich um ein Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Eigentümer eine Wohnung am 1. Februar 2002 selbst bewohnt hat, muss die Pflicht erst erfüllt werden, wenn das Haus nach dem 1. Februar 2002 erstmals den Eigentümer wechselt. Verpflichtet ist der neue Eigentümer. Dieser muss innerhalb von zwei Jahren ab Eigentumsübergang tätig werden.

Was ist bei größeren Umbauten zu beachten?


Anlage 7 zum GEG enthält Vorgaben für den Austausch von Außenbauteilen von Gebäuden. Hier muss der Eigentümer dafür sorgen, dass die Vorgaben des GEG hinsichtlich des Wärmedurchgangs der Bauteile eingehalten werden. So muss zum Beispiel beim Austausch von Fenstern oder dem Neubau von Wänden Material verwendet werden, das bestimmte Kriterien erfüllt.

Dies ist keine Austauschpflicht, sondern es besteht nur die Pflicht zur Beachtung der Vorschriften, wenn die Bauteile sowieso ausgetauscht werden. Zusätzlich gilt dies auch nur dann, wenn mehr als zehn Prozent der Gesamtfläche des jeweiligen Bauteils am Haus betroffen sind. Möchten Sie also nur ein Fenster von 15 austauschen, müssen Sie sich nicht daran halten.

In bestimmten Fällen müssen sich nach § 48 GEG Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern vor den Änderungen fachkundig beraten lassen; dies gilt insbesondere bei Durchführung von energetischen Berechnungen für das gesamte Gebäude.

Auch bei Anbauten, also Neuerrichtungen von Räumen oder Erweiterungen der Wohnfläche, muss sich der Bauherr an die GEG-Regeln halten. So darf nach § 51 GEG der Wärmeverlust der neuen Räume das 1,2-fache des Wertes eines Referenzgebäudes laut Anlage 1 zum GEG nicht überschreiten.

Welche Dämmpflicht gilt für Heizungsrohre?


Hier gilt § 71 GEG. Danach müssen Hauseigentümer bisher ungedämmte, zugängliche Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen, die sich nicht in beheizten Räumen befinden, dämmen. Einzelheiten zur Ausführung regelt Anlage 8 des GEG.

Wie auch bei der Nachrüstpflicht für die Dämmung der obersten Geschossdecke gilt hier: Sind die für die Nachrüstung anfallenden Kosten nicht innerhalb angemessener Zeiträume durch die Einsparung von Heizkosten wieder hereinzuholen, ist die Vorschrift nicht anzuwenden.

Wann muss ich meinen alten Heizkessel ausrangieren?


Heizkessel für flüssige oder gasförmige Brennstoffe, die vor dem 1. Januar 1991 in Betrieb genommen worden oder aufgestellt worden sind, dürfen nicht mehr betrieben werden. Heizkessel, die nach diesem Termin in Betrieb genommen oder aufgestellt wurden, sind nach einer Betriebsdauer von 30 Jahren auszutauschen.

Diese in § 72 GEG festgelegte Regel ist nicht anzuwenden auf

- Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel sowie
- Heizanlagen, deren Nennleistung weniger als 4 Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt.

Ab 1. Januar 2026 dürfen außerdem Heizkessel, die mit Heizöl oder Kohle betrieben werden, nur noch im Ausnahmefall in Gebäude eingebaut oder darin aufgestellt werden. Näheres regelt § 72 Abs. 4 GEG. Abs. 5 sieht allerdings eine Ausnahme vor für den Fall, dass zum Beispiel der Austausch einer alten Ölheizung gegen eine neue Heizung mit anderem Energieträger einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

Welche Ausnahmen gelten für Baudenkmäler?


Für unter Denkmalschutz stehende Häuser sieht § 105 GEG eine Ausnahme vor: Von den Vorschriften des GEG darf abgewichen werden, wenn die Erfüllung der Anforderungen die Substanz oder das Erscheinungsbild des Gebäudes beeinträchtigen würde oder andere Maßnahmen zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen würden.

Welche Folgen drohen bei Verstößen?


Verstöße gegen die genannten Regelungen sind eine Ordnungswidrigkeit und können mit einem Bußgeld geahndet werden. In einigen Fällen – etwa bei Heizkesseln – wird die Einhaltung durch den Schornsteinfeger kontrolliert. Die Höhe der Bußgelder richtet sich nach § 108 GEG und kann bis zu 50.000 Euro betragen.

Was gilt für alte Kachelöfen?


Gerade bei älteren Immobilien müssen Eigentümer und Käufer aufpassen: Viele alte Häuser sind mit Holzöfen ausgestattet. Alte Kamin- und Kachelöfen sind jedoch abhängig von ihrem Alter zu bestimmten Zeitpunkten außer Betrieb zu nehmen oder technisch nachzurüsten (Feinstaubfilter oder Austausch des Ofeneinsatzes). Ein solcher Austausch ist mit mehreren tausend Euro Kosten verbunden.

Diese Pflicht besteht für Öfen mit Datum auf dem Typenschild
von 01.01.1975 bis einschließlich 31.12.1984 zum Stichtag 31.12.2017
von 01.01.1985 bis einschließlich 31.12.1994 zum Stichtag 31.12.2020
von 01.01.1995 bis einschließlich 31.12.1995 zum Stichtag 31.12.2024

Geregelt ist dies in der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung.

Was gilt für Kläranlagen?


In manchen ländlichen Gebieten sind Häuser nicht an die Kanalisation angeschlossen, sondern verfügen über einen Abwasser-Sammelbehälter oder eine Kleinkläranlage. Die Vorschriften für beides haben sich in den letzten Jahren ebenfalls verschärft. So dürfen Sammelbehälter nicht mehr gemauert sein und Kleinkläranlagen benötigen eine biologische Klärstufe. Hier heißt es für Schnäppchenhauskäufer: Aufpassen. Gemeindesatzungen und Landesgesetze zwingen Eigentümer von Kleinkläranlagen dazu, ihre Anlagen genehmigen und regelmäßig von Fachfirmen prüfen zu lassen.

Folgen für das Mietverhältnis


Bauliche Veränderungen, durch die Energie eingespart oder nachhaltig zum Klimaschutz beigetragen wird, sind Modernisierungsmaßnahmen, die Mieter grundsätzlich dulden müssen. Der Vermieter ist dazu verpflichtet, die Maßnahme drei Monate vorher anzukündigen – und zwar konkret und in Textform. Er muss dabei den Beginn und die voraussichtliche Dauer, die Art und den Umfang der Arbeiten und die Höhe der voraussichtlichen Mieterhöhung mitteilen.

Dem Landgericht Berlin zufolge ist die Ankündigung des Vermieters, dass ”demnächst” oder ”im Sommer” modernisiert werden soll, zu unbestimmt. Etwas konkreter darf es dann schon sein (Urteil vom 12.11.2007, Az. 67 S 16/07).
Mieter müssen Modernisierungsmaßnahmen nicht dulden, wenn ein Härtefall vorliegt (Beispiel: kranker, bettlägeriger Mieter muss sechs Monate lang Lärm und Staub ertragen und kann nicht lüften).
Auch haben Mieter ein Sonderkündigungsrecht: Sie dürfen außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Vornehmen müssen sie die Kündigung spätestens bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt.

Um die energetische Modernisierung von Häusern nicht zu sehr auszubremsen, hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass Mieter bei allen energetischen Modernisierungen innerhalb der ersten drei Monate die Miete nicht mindern dürfen, weil die Arbeiten zum Beispiel Lärm und Dreck verursachen.

Nähere Informationen zur Mieterhöhung nach einer Modernisierung finden Sie hier:
Mieterhöhung, oh Schreck! 9 Punkte, wie Du Deine Rechte sicherst

Praxistipp


Speziell Immobilienkäufer sollten sich rechtzeitig vor dem Kauf darüber informieren, auf welchem technischen Stand die Immobilie in puncto Wärmedämmung ist. Sonst drohen hohe Folgekosten. Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem Hauskauf lohnt es sich, einen auf das Zivilrecht spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Kommt es zu Konflikten mit Bauunternehmen oder Behörden, sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht wenden.

(Ma)


 Ulf Matzen
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