Diese 5 Regeln gelten für Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen in Deutschland

17.02.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Bundestagswahl,Wahl,Stimmzettel,Wahlrecht Nach welchen allgemeinen Regeln funktionieren Wahlen in Deutschland? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. allgemeine Wahl: Der Grundsatz der allgemeinen Wahl meint, dass alle deutschen Staatsbürger, die die gesetzlichen Voraussetzungen für das Wahlrecht erfüllen, an der Wahl teilnehmen dürfen.

2. unmittelbare Wahl: Der Grundsatz der unmittelbaren Wahl meint, dass die von den Wählern gewählten Kandidaten direkt in den Bundestag, die Landtags- oder Kommunalparlamente einziehen. Es gibt keinen weiteren Zwischenschritt über Wahlmänner oder Delegierte.

3. freie Wahl: Der Grundsatz der freien Wahl meint, dass kein Wähler dazu genötigt oder unter Druck gesetzt werden darf, eine bestimmte Wahlentscheidung zu treffen. Die Wahl eines bestimmten Direktkandidaten bzw. einer bestimmten Partei soll sein freier Wille sein.

4. gleiche Wahl: Der Grundsatz der gleichen Wahl meint, dass jede Stimme grundsätzlich das gleiche Gewicht hat. Kein Wähler hat eine gewichtigere Stimme, als ein anderer.

5. geheime Wahl: Der Grundsatz der geheimen Wahl meint, dass niemand verpflichtet ist, jemand anderem mitzuteilen, wen er gewählt hat. Geheime Wahlen sind Grundvoraussetzung für eine freie Wahl.
Wahlen stellen das zentrale Element der Demokratie dar. Daher folgen Sie hierzulande strengen Regeln. Deren Kern sind die fünf Wahlgrundsätze, die das Grundgesetz festlegt und die bei jeder Wahl zu beachten sind. Unter diesen Wahlgrundsätzen können sich jedoch viele Wähler nur wenig vorstellen oder sie wissen gar nichts davon.
Die in Artikel 38 Grundgesetz festgelegten Wahlgrundsätze besagen, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen sind. Nachfolgend erklären wir, was das genau bedeutet.

Was versteht man unter einer allgemeinen Wahl?


Das allgemeine Wahlrecht heißt nichts anderes, als dass alle deutschen Staatsbürger, die die allgemeinen Voraussetzungen für das Wahlrecht erfüllen, an der Wahl teilnehmen dürfen. Dabei spielen Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Religion, politischer Hintergrund oder Herkunft keine Rolle.

Dies sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Bundestagswahl:

- Deutsche Staatsbürgerschaft,
- am Wahltag 18. Lebensjahr vollendet,
- seit mindestens drei Monaten Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland,
- im Wählerverzeichnis eingetragen,
- nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen.

Für im Ausland lebende Deutsche gibt es besondere Voraussetzungen.

Man kann vom Wahlrecht an einer Bundestagswahl ausgeschlossen werden. Dies passiert, wenn

- man wegen einer Erkrankung in allen Angelegenheiten des Alltags unter Betreuung steht,
- ein Gericht dies angeordnet hat (siehe unten),
- man eine Straftat begangen hat, jedoch wegen einer geistigen Erkrankung als schuldunfähig gilt und sich deshalb in einer psychiatrischen Einrichtung befindet.

Häftlinge behalten ihr Wahlrecht auch während der Haft. Sie können jedoch nicht in politische Ämter gewählt werden. Allerdings kann ihnen bei bestimmten Straftaten wie beispielsweise Landesverrat, Wahlmanipulation oder Wählernötigung befristet für zwei bis fünf Jahre durch ein Gericht das Wahlrecht entzogen werden.

Landtags- und Kommunalwahlen weisen einige Unterschiede zur Bundestagswahl auf. In einigen Bundesländern kann man schon ab 16 Jahren an Landtags- oder Kommunalwahlen teilnehmen. Auch Details der Wahlausschlussgründe unterscheiden sich.

Was ist eine unmittelbare Wahl?


Unmittelbar heißt, dass die Wähler die Kandidaten direkt wählen, also ohne eine weitere Zwischenwahl, an der sie nicht beteiligt sind. Ein Gegenbeispiel sind die USA: Dort wählen die Wähler erst einmal sogenannte Wahlmänner, die dann den entsprechenden Amtsinhaber wählen. Dabei handelt es sich um eine mittelbare Wahl.

Was ist eine freie Wahl?


Frei ist eine Wahl, wenn die Wähler nicht dazu genötigt oder unter Druck gesetzt werden dürfen, eine bestimmte Wahlentscheidung zu treffen. Die Wähler sollen bei der Wahl ihren eigenen, freien, unverfälschten Willen ausdrücken und die Partei, sowie den Direktkandidaten wählen, die sie für geeignet halten. Häufig ist auch zu hören, dass die Wähler nicht beeinflusst werden dürfen. Natürlich stellt jede Form des Wahlkampfes aber eine Beeinflussung der Wähler dar – und dies ist erlaubt.

Niemand muss sich also von seinem Arbeitgeber, seinem Vermieter, seinen Arbeitskollegen oder Sportkollegen oder den Stammtischbrüdern vorschreiben lassen, was er wählen soll - und schon gar nicht von staatlichen Institutionen.

Ausdrücklich verboten und strafbar sind Wahlbehinderung, Wahlfälschung, die Fälschung von Wahlunterlagen, Wählernötigung, Wählertäuschung und Wählerbestechung sowie die Verletzung des Wahlgeheimnisses z. B. durch die Veröffentlichung von Wahlentscheidungen anderer Personen in den Sozialen Medien. Dies geht aus den §§ 105 ff. des Strafgesetzbuches hervor. Zum Recht auf eine freie Wahl gehört aber auch die sogenannte negative Wahlfreiheit: Niemand ist verpflichtet, zu wählen.

Was ist eine gleiche Wahl?


"Gleich" ist eine Wahl, wenn jede Stimme grundsätzlich gleich viel zählt. Jeder Wahlberechtigte kann daher in gleicher Weise Einfluss auf das Ergebnis nehmen.
Eingeschränkt wird dieser Grundsatz durch die Fünf-Prozent-Hürde: Parteien, die weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten, werden nicht an der Regierung beteiligt. Diese Stimmen sind dann gewissermaßen verloren. Die Fünf-Prozent-Hürde wird wie folgt begründet: Man möchte vermeiden, dass es – wie seinerzeit in der Weimarer Republik – eine riesige Anzahl kleiner Splitterparteien im Parlament gibt und irgendwann kaum noch eine vernünftige Regierungsbildung möglich ist.
Dieser Grundsatz erfährt allerdings eine weitere Durchbrechung durch sogenannte Überhangmandate und Ausgleichsmandate.

Was bedeutet geheime Wahl?


Der Grundsatz der geheimen Wahl besagt, niemand verpflichtet ist, irgendjemand anderem mitzuteilen, wen er gewählt hat. Denn sonst könnten anschließend vielleicht nachteilige Folgen drohen - und schon wäre es keine freie Wahl mehr.
Das Wahlverfahren ist daher zwingend so auszugestalten, dass niemand sieht, wo jemand anders sein Kreuz setzt. Mittel dazu sind die Wahlkabinen, die Sammlung von Stimmzetteln in Wahlurnen, die Verwahrung der Stimmzettel in Umschlägen oder deren gefalteter Einwurf in die Urne.

Die Verletzung des Wahlgeheimnisses ist eine Straftat. Es ist also verboten, sich oder jemand anderem Kenntnis darüber zu verschaffen, wie jemand gewählt hat (§ 107c StGB).

Bereits zur Bundestagswahl 2017 wurde die Bundeswahlordnung in einem Punkt geändert: Das Fotografieren in der Wahlkabine ist verboten. So soll dem Trend entgegengewirkt werden, dass eine Vielzahl von Menschen Ihren Wahlzettel mit gesetztem Kreuz noch in der Wahlkabine online stellt. Auch durch solche Trends entsteht ein Erwartungsdruck, seine Wahlentscheidung zu teilen - diese soll jedoch aus den oben genannten Gründen geheim bleiben.
Sieht also der Wahlleiter in der Wahlkabine zum Beispiel etwas blitzen, hat er den Stimmzettel für ungültig zu erklären. Der Wähler darf dann auf Wunsch noch einmal wählen - ohne Selfie.
Gerichtsentscheidungen zufolge soll es nicht strafbar sein, seinen eigenen Briefwahl-Stimmzettel zu fotografieren und online zu stellen. Wer jedoch Stimmzettel anderer Personen veröffentlicht, macht sich strafbar.

Auch außerhalb des Wahlverfahrens muss niemand irgendjemandem mitteilen, wen er zu wählen beabsichtigt oder gewählt hat. Man kann darüber Stillschweigen wahren oder falsche Angaben machen – niemand hat das Recht, darüber Auskunft zu verlangen. Das Gegenbeispiel einer geheimen Wahl fand in der DDR statt. Dort wurde den Wählern beim Kreuzchenmachen von den SED-Parteigängern auf die Finger geschaut.

Wann sind Ausländer in Deutschland wahlberechtigt?


In Deutschland haben Ausländer kein Wahlrecht. Außer, sie kommen aus einem EU-Land. Dann dürfen sie an Kommunalwahlen teilnehmen. Im Gegenzug haben dieses Recht auch Deutsche, die in anderen EU-Ländern leben, im jeweiligen Land. Kein Wahlrecht haben Flüchtlinge.

Fallbeispiele zur Frage "Wer darf wählen"?


Beispiel Bayern:
In Bayern hat man das Wahlrecht
- als deutscher Staatsbürger,
- der seit mindestens drei Monaten in Bayern wohnt
- und mindestens 18 Jahre alt ist.

Ein Beispiel:
Alois aus Bayern sitzt mittags in der Werkskantine und unterhält sich mit einigen Arbeitskollegen.

Giancarlo aus Milano in Italien denkt, er dürfe nicht wählen gehen. Alois erklärt ihm, dass er ja aus einem EU-Land kommt. Giancarlo darf also an den Kommunalwahlen in Bayern teilnehmen. Er darf aber nicht bei der Landtagswahl oder der Bundestagswahl wählen.

Mustafa aus Istanbul will unbedingt in Deutschland zur Wahl gehen. Er lebt schon seit 20 Jahren in Deutschland. Er ist aber kein deutscher Staatsbürger und auch kein EU-Bürger. Deshalb kann er an keiner Wahl teilnehmen.

Sein Kollege Ali dagegen stammt zwar aus Ankara, hat aber die doppelte Staatsbürgerschaft. Er kann an allen Wahlen teilnehmen, auch an der Bundestagswahl.

Nun setzt sich Celina aus der Dominikanischen Republik dazu. Sie hat vor zwei Jahren einen Deutschen geheiratet und möchte wissen, ob sie wählen darf. Alois erklärt ihr: Nur durch die Heirat allein ist sie noch nicht wahlberechtigt. Voraussetzung ist vielmehr die deutsche Staatsbürgerschaft.

Überhang- und Ausgleichsmandate / Wahlrechtsreform


Im Jahr 2023 wurde das Wahlrecht reformiert. Dabei ging es insbesondere darum, mit wie vielen Prozenten eine Partei in den Bundestag einziehen darf, sowie um die Vermeidung von Überhang- und Ausgleichsmandaten. Ausführliche Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel Was bedeuten die Erst- und Zweitstimme bei Bundes- und Landtagswahlen?.

Praxistipp zu den Wahlregeln des Grundgesetzes


Auch wenn es offenbar in Mode ist, überall bekannt zu geben, welchen Kandidaten oder welche Partei man gewählt hat: Niemand ist dazu verpflichtet und niemand hat ein Recht auf solche Auskünfte - kein Familienmitglied, kein Verwandter, kein Bekannter, kein Arbeitgeber, niemand, der eine Wahlumfrage macht oder vor dem Wahllokal Stimmen für eine Wahlprognose sammelt.

(Bu)


 Stephan Buch
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