„Warendorfer Pferdeäppel” und „Warendorfer Pferdeleckerli” nicht verwechslungsfähig
Autor: RA Dr. Kay Oelschlägel, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hamburg
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 01/2012
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 01/2012
Zwischen der eingetragenen Wort-/Bildmarke „Warendorfer Pferdeäppel” und dem von einem Konkurrenten benutzten Zeichen „Warendorfer Pferdeleckerli” besteht trotz der Verwendung für identische Waren keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Die Abmahnung des Markeninhabers stellt zudem eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung dar, die zu einer Schadenersatzpflicht des Abgemahnten in Höhe der entstandenen Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgebühren führt.
OLG Hamm, Urt. v. 24.5.2011 - 4 U 216/10 (rkr.)
Vorinstanz: LG Bielefeld, Urt. v. 9.11.2010 - 10 O 54/10
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5; BGB § 823 Abs. 1
Keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr: Zwischen den gegenüberstehenden Zeichen „Warendorfer Pferdeäppel” und „Warendorfer Pferdeleckerli” besteht trotz Warenidentität keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Bei dem Gesamteindruck der zusammengesetzten Zeichen, auf den es für eine Zeichenähnlichkeit ankomme, orientiere sich der maßgebliche Verkehr nicht entscheidend an dem Wortbestandteil „Warendorfer”. Dieser Bestandteil gehöre für den maßgeblichen Verkehrskreis zu den Zeichen dazu, weil er wisse oder jedenfalls annehme, dass die Pralinen in Warendorf hergestellt werden. Soweit sich dann „Pferdeäppel” und „Pferdeleckerli” gegenüberstünden, könnten diese Begriffe aber nicht weiter in „Pferde” und „Äppel” bzw. „Pferde” und „Leckerli” aufgespalten werden, weil sich eine solche zergliedernde Betrachtungsweise wegen des sich dann verlierenden Sinnzusammenhangs beider Bezeichnungen verbiete. Die Wortbestandteile müssten also als Ganzes miteinander verglichen werden. Als Ganzes unterscheiden sich die Begriffe aber in dreifacher Hinsicht nach Klang, Schriftbild und Wortsinn ganz erheblich. Das Wort „Pferdeleckerli” klinge ganz anders als das Wort „Pferdeäppel”. Die Schreibweise der gegenüberstehenden Zeichen sei ebenfalls deutlich anders. Zudem bestehe ein ganz erheblicher Bedeutungsunterschied zwischen den Begriffen. „Pferdeleckerli” seien als leckere Zugabe zum Essen bestimmt. „Pferdeäppel” seien dagegen als Exkremente die lästige Folge guter Ernährung der Pferde. Dieser Bedeutungsunterschied bleibe beim Verkehr in Erinnerung. Eine Zeichenähnlichkeit scheide damit aus.
Aber auch ein gedankliches Inverbindungbringen im Sinne einer wirtschaftlichen Verbundenheit der unter den streitgegenständlichen Zeichen vertriebenen Waren scheide aus, da die Zeichen schriftbildlich erhebliche Unterschiede und insbesondere vom Wortsinn einen gänzlichen Unterschied aufwiesen. Auch ein Serienzeichen werde vom Verkehr nicht angenommen, da schon unklar sei, was der Stammbestandteil sein solle. Wegen der Wortbedeutungen könne eben nicht zergliedernd auf „Warendorfer Pferde” abgestellt werden.
Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung: Die Abmahnung des Konditors sei mangels einer Markenrechtsverletzung unberechtigt gewesen. Eine solche Schutzrechtsverwarnung stelle einen rechtswidrigen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb dar. Zwar könne bei einer Herstellerwarnung, wie sie hier vorliege, grundsätzlich eine andere Interessenlage gegeben sein als sie in den Fällen einer Abnehmerverwarnung gegeben sei. Vorliegend falle eine Interessenabwägung allerdings zugunsten des Bäckers aus. Dessen Betrieb konnte durch die Verwarnung ganz erheblich beeinträchtigt werden. Ein Grund dafür sei nicht ersichtlich. Der vorliegende Fall liege daher gerade nicht auf der Grenze zwischen schutzrechtswidrigem, wettbewerbswidrigem und gerade noch zulässigem Verhalten. Deshalb falle auch unter den Gleichberechtigten das große Risiko einer fehlerhaften Einschätzung der Rechtslage voll und ganz dem Konditor zu. Ebenso sei Verschulden gegeben. Der Konditor habe als Abmahnender bei seiner falschen Einschätzung der Rechtslage die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und fahrlässig gehandelt. Ebenso sei der Bäcker berechtigt, für die Prüfung der Berechtigung der Abmahnung und die weitere Gegenabmahnung neben seinem Rechtsanwalt einen Patentanwalt hinzuziehen. Die Vorschrift des § 114 Abs. 3 MarkenG gelte auch für die Mitwirkung eines Patentanwalts vor Prozessbeginn und damit für die Kosten einer vorgerichtlichen Abmahnung (BGH, Urt. v. 26.2.2009 – I ZR 219/06 – I ZR 219/06, MDR 2009, 1235 = GRUR 2009, 888 – Thermoroll).
OLG Hamm, Urt. v. 24.5.2011 - 4 U 216/10 (rkr.)
Vorinstanz: LG Bielefeld, Urt. v. 9.11.2010 - 10 O 54/10
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5; BGB § 823 Abs. 1
Das Problem:
Ein Konditor in Warendorf hat das Wort-/Bildzeichen „Warendorfer Pferdeäppel” als Marke für Schokoladen schützen lassen und vertreibt unter diesem Zeichen insbesondere Pralinen. Ein Bäcker in Warendorf vertreibt unter dem Zeichen „Warendorfer Pferdeleckerli” ebenfalls Pralinen, ohne dass jedoch das Zeichen als Marke geschützt wäre. Der Konditor mahnte den Bäcker wegen markenrechtlicher Verwechslungsgefahr erfolglos ab und verklagte ihn anschließend. Der Bäcker nahm den Konditor daraufhin wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung auf Schadenersatz für die im Rahmen der Abmahnung entstandenen Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgebühren in Anspruch.Die Entscheidung des Gerichts:
Das OLG hat eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr verneint und dem Anspruch des Bäckers auf Schadenersatz wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung stattgegeben.Keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr: Zwischen den gegenüberstehenden Zeichen „Warendorfer Pferdeäppel” und „Warendorfer Pferdeleckerli” besteht trotz Warenidentität keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Bei dem Gesamteindruck der zusammengesetzten Zeichen, auf den es für eine Zeichenähnlichkeit ankomme, orientiere sich der maßgebliche Verkehr nicht entscheidend an dem Wortbestandteil „Warendorfer”. Dieser Bestandteil gehöre für den maßgeblichen Verkehrskreis zu den Zeichen dazu, weil er wisse oder jedenfalls annehme, dass die Pralinen in Warendorf hergestellt werden. Soweit sich dann „Pferdeäppel” und „Pferdeleckerli” gegenüberstünden, könnten diese Begriffe aber nicht weiter in „Pferde” und „Äppel” bzw. „Pferde” und „Leckerli” aufgespalten werden, weil sich eine solche zergliedernde Betrachtungsweise wegen des sich dann verlierenden Sinnzusammenhangs beider Bezeichnungen verbiete. Die Wortbestandteile müssten also als Ganzes miteinander verglichen werden. Als Ganzes unterscheiden sich die Begriffe aber in dreifacher Hinsicht nach Klang, Schriftbild und Wortsinn ganz erheblich. Das Wort „Pferdeleckerli” klinge ganz anders als das Wort „Pferdeäppel”. Die Schreibweise der gegenüberstehenden Zeichen sei ebenfalls deutlich anders. Zudem bestehe ein ganz erheblicher Bedeutungsunterschied zwischen den Begriffen. „Pferdeleckerli” seien als leckere Zugabe zum Essen bestimmt. „Pferdeäppel” seien dagegen als Exkremente die lästige Folge guter Ernährung der Pferde. Dieser Bedeutungsunterschied bleibe beim Verkehr in Erinnerung. Eine Zeichenähnlichkeit scheide damit aus.
Aber auch ein gedankliches Inverbindungbringen im Sinne einer wirtschaftlichen Verbundenheit der unter den streitgegenständlichen Zeichen vertriebenen Waren scheide aus, da die Zeichen schriftbildlich erhebliche Unterschiede und insbesondere vom Wortsinn einen gänzlichen Unterschied aufwiesen. Auch ein Serienzeichen werde vom Verkehr nicht angenommen, da schon unklar sei, was der Stammbestandteil sein solle. Wegen der Wortbedeutungen könne eben nicht zergliedernd auf „Warendorfer Pferde” abgestellt werden.
Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung: Die Abmahnung des Konditors sei mangels einer Markenrechtsverletzung unberechtigt gewesen. Eine solche Schutzrechtsverwarnung stelle einen rechtswidrigen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb dar. Zwar könne bei einer Herstellerwarnung, wie sie hier vorliege, grundsätzlich eine andere Interessenlage gegeben sein als sie in den Fällen einer Abnehmerverwarnung gegeben sei. Vorliegend falle eine Interessenabwägung allerdings zugunsten des Bäckers aus. Dessen Betrieb konnte durch die Verwarnung ganz erheblich beeinträchtigt werden. Ein Grund dafür sei nicht ersichtlich. Der vorliegende Fall liege daher gerade nicht auf der Grenze zwischen schutzrechtswidrigem, wettbewerbswidrigem und gerade noch zulässigem Verhalten. Deshalb falle auch unter den Gleichberechtigten das große Risiko einer fehlerhaften Einschätzung der Rechtslage voll und ganz dem Konditor zu. Ebenso sei Verschulden gegeben. Der Konditor habe als Abmahnender bei seiner falschen Einschätzung der Rechtslage die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und fahrlässig gehandelt. Ebenso sei der Bäcker berechtigt, für die Prüfung der Berechtigung der Abmahnung und die weitere Gegenabmahnung neben seinem Rechtsanwalt einen Patentanwalt hinzuziehen. Die Vorschrift des § 114 Abs. 3 MarkenG gelte auch für die Mitwirkung eines Patentanwalts vor Prozessbeginn und damit für die Kosten einer vorgerichtlichen Abmahnung (BGH, Urt. v. 26.2.2009 – I ZR 219/06 – I ZR 219/06, MDR 2009, 1235 = GRUR 2009, 888 – Thermoroll).