Weihnachts-Urteile: Familienstress unterm Tannenbaum

27.12.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Weihnachtsmann,Adventskranz Manchmal artet das Familienfest in Streit aus. Was tun? © Rh - Anwalt-Suchservice

Häufig bringt die Weihnachtszeit Stress mit sich, der auch manche persönliche Beziehung belastet. Nicht selten eskaliert dies zum Familienkrach. Manchmal muss sogar die Feuerwehr kommen.

Eigentlich sollte Weihnachten ja eine besinnliche Zeit sein. Aber: Viele Dinge können in der Weihnachtszeit Ärger bereiten. Dazu gehören nicht nur Streitigkeiten innerhalb der Familie. Ärger droht manchmal sogar wegen der Weihnachtsbeleuchtung – zum Beispiel unter Nachbarn oder zwischen Mieter und Vermieter. Näheres dazu erfahren Sie hier:
Advent, Advent, die Lichterkette brennt

Aber auch in der Familie kann Weihnachten durchaus anstrengende Formen annehmen. Dazu hat das Oberlandesgericht Oldenburg ein Urteil gefällt:

Vom Kind abgelenkt: Wohnung abgebrannt


Am ersten Weihnachtstag hatte eine Familie zusammen zu Mittag gegessen und dabei die Kerzen des Adventskranzes angezündet. Um 15 Uhr war dann ein Besuch beim Bruder des Vaters geplant. Nur dauerte alles mal wieder länger. Schließlich saß der Vater schon ungeduldig hupend im Auto. Auch die beiden kleineren Kinder waren schon am Einsteigen. Im Haus war die Mutter noch damit beschäftigt, den zehnjährigen Sohn zum Mitkommen zu überreden. Dieser hatte gar keine Lust und bestand darauf, zu Hause zu bleiben. Es kam zu einer heftigen Auseinandersetzung. Schließlich schob ihn die Mutter zur Tür hinaus und bugsierte ihn ins Auto.

Als dann die Familie abends vom Besuch beim Onkel zurückkam, lag die Wohnung in Schutt und Asche. An die brennenden Kerzen des Adventskranzes hatte nämlich niemand mehr gedacht. Die Hausratsversicherung tat vehement ihre Absicht kund, den Schaden von damals 50.000 DM nicht zu bezahlen. Die Familie hätte sich grob fahrlässig verhalten.

Trotzdem entschied das Oberlandesgericht Oldenburg zugunsten der Versicherungsnehmer. Eine vergessene Kerze sei nicht gleich grobe Fahrlässigkeit. Insbesondere könne einem Versicherungskunden dann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er die Kerzen eigentlich habe löschen wollen, dann aber durch unerwartete Umstände davon abgehalten wurde. Dies treffe ganz besonders auf Ablenkungen durch quengelnde Kinder zu (Urteil vom 29.9.1999, Az. 2 U 161/99).

Was können Wunderkerzen anrichten?


Schon mehrfach mussten sich Gerichte mit den Folgen allzu enthusiastisch benutzter Wunderkerzen beschäftigen. In einem Fall hatte eine Frau beim Besuch ihres Enkels Wunderkerzen direkt an den Christbaum gehängt. Direkt unter diesem stand eine mit trockenem Moos gefüllte Krippe. Kurz nach dem Anzünden der Wunderkerzen stand bereits das ganze Zimmer in Flammen. Auch hier verweigerte die Hausratsversicherung die Zahlung. Das Landgericht Offenburg bestätigte die Ansicht der Versicherung. Dass man Wunderkerzen nicht an eine trockene Tanne hängen dürfe, sei Allgemeinwissen. Dies gelte um so mehr, wenn darunter auch noch trockenes Moos liege. Hier handle es sich um grobe Fahrlässigkeit (Urteil vom 17.10.2002, Az. 2 O 197/02).

Ebenso befasste sich das Landgericht Frankfurt mit Wunderkerzen. Die Kinder einer Familie hatten sich die Wunderkerzen vom Au-pair-Mädchen der Familie in deren Zimmer anzünden lassen. Dem Au-pair-Mädchen hatten sie vorgeschwindelt, dass ihre Mutter dies erlaubt habe. Dann rannten sie mit den brennenden Wunderkerzen ins Wohnzimmer zum Weihnachtsbaum. Das Au-pair-Mädchen konnte sie nicht mehr aufhalten. Schnell brannte die Wohnung und es entstand ein Schaden von 200.000 Euro. Das Gericht verurteilte die Versicherung zur Zahlung. Das Au-pair-Mädchen habe sich nicht grob fahrlässig verhalten: Es sei kein Allgemeinwissen, dass eine Wunderkerze bei einem Weihnachtsbaum eine explosionsartige Durchzündung auslösen könne (Urteil vom 18.5.2006, Az. 2-20 O 126/04).

Sind echte Kerzen grob fahrlässig?


Laut dem Oberlandesgericht Schleswig-Holstein sind echte Kerzen an einem Weihnachtsbaum nicht grob fahrlässig. In diesem Fall hatte eine Frau ihren Baum mit echten Wachskerzen geschmückt. Die Wohnung fing Feuer. Allerdings konnte der Frau hier keine besondere Unaufmerksamkeit vorgeworfen werden. Sie hatte weder die Kerzen länger unbeaufsichtigt gelassen, noch den Baum an einem besonders brandgefährlichen Ort aufgestellt. Das Gericht betonte: Wer die allgemeinen Umgangsregeln mit Kerzen einhalte, handle auch dann nicht fahrlässig, wenn es zu einem Brand komme. Die Versicherung musste zahlen (Urteil vom 6.2.1998, Az. 3 U 22/97).

Streit unter Nachbarn: Zu viel Weihnachtsduft im Treppenhaus?


Das Landgericht Düsseldorf musste sich mit weihnachtlichen Gerüchen beschäftigen. Ein Wohnungseigentümer versprühte regelmäßig Duftspray und Parfüm im Treppenhaus. Den Nachbarn "stank" der weihnachtliche Tannenduft dann irgendwann. Das Gericht gab ihnen recht: Es handle sich um eine bestimmungswidrige Nutzung von Gemeinschaftsflächen. Ein Wohnungseigentümer dürfe den anderen nicht durch die Ausbringung von Duftstoffen vorgeben, wie die im Gemeinschaftseigentum stehenden Räumlichkeiten zu riechen hätten – und ihnen damit die Atmosphäre vorgeben, die sie im Hausflur einatmen müssten. Das Gericht verurteilte die Duftliebhaber zur Unterlassung (Az. 1-3 Wx 98/03).

Ehekrise unterm Weihnachtsbaum


Im nächsten Fall geht es wieder um eine Versicherung. Ein Paar hatte eine Kreuzfahrt geplant und diese lange im Voraus gebucht. 4.500 Euro sollte die Reise kosten. Nur kam ein heftiger Ehekrach zu Weihnachten dazwischen. Die Frau trennte sich vom Mann. Dieser stornierte die Traumreise, denn seine Reisestimmung war verflogen. Die Stornokosten verlangte er von seiner Reiserücktrittskosten-Versicherung ersetzt. Diese zahlte jedoch nur bei Stornierung wegen Krankheit. Deswegen gab er an, wegen der Trennung schwere Depressionen bekommen zu haben. Ein ärztliches Attest war vorhanden.

Die Versicherung verweigerte jedoch die Zahlung. Dem Amtsgericht München zufolge auch zurecht. Den Versicherungsbedingungen zufolge müsse die Versicherung höchstens bei einer schweren Erkrankung des Versicherungsnehmers die Reiserücktrittskosten erstatten. Der Mann leide jedoch laut Attest nur unter "Unruhe, Schlaflosigkeit, Angstgefühlen und niedergedrückter Stimmung". Dies reiche für einen Reiserücktritt nicht aus. Das Amtsgericht wies sogar noch darauf hin, dass eine Kreuzfahrt womöglich zur Aufhellung der Stimmung des Klägers beitragen könne (Urteil vom 3.8.2000, Az. 181 C 15698/00).

Späte Reue nach tätlicher Auseinandersetzung


Bei einem anderen Ehepaar gab es kurz vor Weihnachten Streit: Zuerst fielen böse Worte, dann schlug der Mann seiner Frau mehrmals mit der Faust ins Gesicht. Der achtjährige Sohn rief die Polizei. Die Beamten verwiesen den Ehemann auf der Grundlage des Polizeigesetzes von Nordrhein-Westfalen der Wohnung und verboten ihm, zurückzukommen. Eine solche Wohnungsverweisung erlaubt das Polizeigesetz für maximal zehn Tage. Nun fiel Weihnachten in diese Zeitspanne. Nachdem alle sich abgekühlt hatten, wollte die Familie dann doch zusammen Weihnachten feiern. Der Mann beantragte beim Verwaltungsgericht Aachen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Anordnung der Polizei aufzuheben. Frau und Sohn unterstützten ihn dabei.

Alles Bitten blieb jedoch vergebens: Das Gericht war der Ansicht, dass hier das öffentliche Interesse an der Vollziehung der polizeilichen Verfügung schwerer wiege, als die Interessen der Betroffenen. Daher musste das gemeinsame Weihnachtsfest ausfallen (Beschluss vom 22.12.2011, Az. 6 L 545/11).

Wo verbringt das Kind Weihnachten?


Wenn sich die Eltern trennen, hat der Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, meist ein Umgangsrecht mit dem Kind. Feiertage sind dann häufig ein Streitpunkt. Kein Gesetz schreibt vor, bei wem ein Kind die Feiertage verbringen soll.

Allerdings können die Eltern in einer Umgangsregelung vereinbaren, bei wem das Kind über die Feiertage bleibt. Wenn die beiden Ex-Partner nicht allzu weit voneinander entfernt wohnen, könnte das Kind zum Beispiel am Heiligabend bei einem und am ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag beim anderen Elternteil sein.

Vereinbart werden kann auch zum Beispiel, dass das Kind bei einem Elternteil Ostern und beim anderen Weihnachten verbringt – vielleicht im jährlichen Wechsel. Grundsätzlich haben umgangsberechtigte Elternteile einen Anspruch darauf, zumindest einen Teil der Schulferien mit ihrem Kind zu verbringen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (Beschluss vom 23.3.2007, Az. 1 BvR 156/07). Wenn ein Familiengericht sich mit einem solchen Fall befassen muss, wird es sich immer am Wohl des Kindes orientieren und das Kind selbst dazu anhören.

Keine Geschenke – kein Sorgerecht?


In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Dresden ging es nicht nur um das Umgangs-, sondern gleich um das Sorgerecht. Ein Paar hatte sich getrennt und stritt nun um die gemeinsamen Kinder. Diese lebten bei der Mutter und diese hatte auch das alleinige Sorgerecht beantragt. Das Gericht sprach ihr dieses zu. Die Begründung: Der Vater habe die Kinder vernachlässigt. Für ihre Sorgen und Probleme habe er sich nicht interessiert. Obendrein habe er nie von selbst mit den Kindern Kontakt aufgenommen und ihnen nichts zu Weihnachten geschenkt. All dies sah das Gericht als Indizien für ein sehr geringes Interesse an den Kindern an (Beschluss vom 27.2.2002, Az. 10 UF 743/01).

Praxistipp


Für Familien sind die Weihnachtsfeiertage oft mit Stress verbunden. Manchmal schlägt dieser in Streit um. Dann ist es hilfreich, die Ruhe zu bewahren: Lassen Sie sich weder von quengelnden Kindern noch von anstrengenden Verwandten daran hindern, auf Kerzen zu achten und bei brennbarer Deko – oder beim Weihnachtsbraten – auf Sicherheit zu achten. Wenn es dann doch zu Sachschäden oder einem großen Ehekrach kommt, kann je nach Fall ein Fachanwalt für Familienrecht oder jeder im Zivilrecht tätige Rechtsanwalt helfen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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