Widerspruch gegen Briefkastenwerbung muss nicht am Briefkasten erfolgen
Autor: RA Matthias Bergt, von Boetticher Hasse Lohmann, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2012
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2012
Die Zusendung von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers verletzt dessen Persönlichkeitsrecht und ist wettbewerbswidrig. Ein Widerspruch ist auch dann zu beachten, wenn er ausschließlich dem Werbenden gegenüber erklärt wird. Es besteht keine Pflicht, einen Aufkleber „Keine Werbung” am Briefkasten anzubringen.
LG Lüneburg, Urt. v. 30.9.2011 - 4 S 44/11 (rkr.)
Vorinstanz: AG Lüneburg, Urt. v. 1.6.2011 - 9 C 17/11
BGB §§ 823, 1004; UWG §§ 1, 7 Abs. 1, 2 Nr. 1
Rechtswidriger Eingriff in Eigentum und allgemeines Persönlichkeitsrecht: Dadurch, dass die Post dem Hauseigentümer trotz ausdrücklich erklärten Widerspruchs weiterhin die Werbesendung „EINKAUF AKTUELL” zugestellt hat, habe sie rechtswidrig sowohl in sein Eigentum als auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich aus § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG, weil ein wettbewerbsrechtlich unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht in der Regel auch einen Verstoß gegen § 823 Abs. 1 BGB darstelle.
Unzumutbarkeit ist anhand der Fälle des § 7 Abs. 2 UWG zu prüfen: Dass der Hauseigentümer die Werbung nicht wünsche, sei der Post „erkennbar” i.S.v. § 7 UWG. Dafür genüge auch ein telefonischer oder brieflicher Widerspruch gegenüber dem werbenden Unternehmen. Es würde einen Verstoß gegen sein Persönlichkeitsrecht darstellen, wenn er nur – ohne Aufkleber am Briefkasten – sämtliche Werbung empfangen könnte oder aber – mit Aufkleber „Keine Werbung” – überhaupt keine. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz komme es nicht auf eine Abwägung hinsichtlich der Unzumutbarkeit an, da diese Abwägung in den Fällen des § 7 Abs. 2 UWG bereits durch den Gesetzgeber vorgenommen worden sei. Der im Gesetz verwendete Begriff „hartnäckig” sei als „wiederholt” zu verstehen, so dass ein zweimaliger Einwurf von Werbung genüge.
LG Lüneburg, Urt. v. 30.9.2011 - 4 S 44/11 (rkr.)
Vorinstanz: AG Lüneburg, Urt. v. 1.6.2011 - 9 C 17/11
BGB §§ 823, 1004; UWG §§ 1, 7 Abs. 1, 2 Nr. 1
Das Problem:
Mit „EINKAUF AKTUELL” verteilt die Deutsche Post AG ein Fernsehprogramm mit beiliegenden Werbeprospekten. Ein Hauseigentümer schreibt an die Post, dass er keine weiteren Zustellungen wünsche. Die Post verweist ihn darauf, einen Aufkleber „Keine Werbung” an seinem Briefkasten anzubringen. Dazu ist der Hauseigentümer nicht bereit, was er der Post auch mitteilt. Dennoch erhält er noch mehrere Ausgaben von „EINKAUF AKTUELL”.Die Entscheidung des Gerichts:
Die Vorinstanz weist die Klage ab, das LG Lüneburg dagegen verbietet der Post unter Androhung von Ordnungsmitteln, dem Hauseigentümer weiterhin „EINKAUF AKTUELL” zuzustellen, und lässt wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zu. Die Deutsche Post AG lässt das Urteil allerdings rechtskräftig werden.Rechtswidriger Eingriff in Eigentum und allgemeines Persönlichkeitsrecht: Dadurch, dass die Post dem Hauseigentümer trotz ausdrücklich erklärten Widerspruchs weiterhin die Werbesendung „EINKAUF AKTUELL” zugestellt hat, habe sie rechtswidrig sowohl in sein Eigentum als auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich aus § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG, weil ein wettbewerbsrechtlich unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht in der Regel auch einen Verstoß gegen § 823 Abs. 1 BGB darstelle.
Unzumutbarkeit ist anhand der Fälle des § 7 Abs. 2 UWG zu prüfen: Dass der Hauseigentümer die Werbung nicht wünsche, sei der Post „erkennbar” i.S.v. § 7 UWG. Dafür genüge auch ein telefonischer oder brieflicher Widerspruch gegenüber dem werbenden Unternehmen. Es würde einen Verstoß gegen sein Persönlichkeitsrecht darstellen, wenn er nur – ohne Aufkleber am Briefkasten – sämtliche Werbung empfangen könnte oder aber – mit Aufkleber „Keine Werbung” – überhaupt keine. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz komme es nicht auf eine Abwägung hinsichtlich der Unzumutbarkeit an, da diese Abwägung in den Fällen des § 7 Abs. 2 UWG bereits durch den Gesetzgeber vorgenommen worden sei. Der im Gesetz verwendete Begriff „hartnäckig” sei als „wiederholt” zu verstehen, so dass ein zweimaliger Einwurf von Werbung genüge.