Zugewinnausgleich

05.04.2007, Autor: Herr Peter Hasler / Lesedauer ca. 3 Min. (3575 mal gelesen)
Es war einmal ein Zugewinnausgleichsanspruch - oder: Wie Prozesstaktik güterrechtliche Verfahren entscheidend beeinflussen kann

Die Ouvertüre war eigentlich vielversprechend. Die Ehefrau berichtete ihrem Rechtsanwalt, daß sie nun 1 Jahr von ihrem Gatten getrennt lebe, beide sich neuen Partnern zugewandt hätten und das Scheidungsverfahren eingeleitet werden möge. Der Auftrag wurde zügig erledigt und – nachdem die Ehefrau die eigenen guten Vermögensverhältnisse, die seit der Eheschließung im wesentlichen unverändert geblieben waren, dargelegt hatte – der Ehemann aufgefordert, Auskunft über sein Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags zu erteilen. Es passierte nichts. Auf Nachfrage teilte die Ehefrau mit, sie wisse von einer größeren Lebensversicherung des Mannes, mehreren Immobilien und einem gut gefüllten Wertpapierdepot. Einzelheiten seien ihr aber unbekannt.

Der Anwalt mahnte die Auskunft des Mannes an und erhob nach Fristablauf Stufenklage im Scheidungsverbund. Jetzt kamen fragmentarische Angaben, die aber mit einem ordnungsgemäßen Vermögensverzeichnis allenfalls Ähnlichkeit hatten.

Das Familiengericht erließ ein Teil-Urteil zur Auskunft. Inzwischen war fast 1 Jahr vergangen. Etwa 6 Monate später entsprach das Vermögensverzeichnis zwar formal den Anforderungen, war aber nach Beteuerung der Ehefrau unvollständig. Der Ehemann ergänzte es, kurz bevor er die Richtigkeit seiner Angaben an Eides Statt versichern sollte. Endlich dann, nach über 2 Jahren Verfahrensdauer, konnte der Zugewinnausgleichsanspruch mit 100.000,00 Euro beziffert werden.

Nun plötzlich tauchten erhebliche Werte im Anfangsvermögen des Mannes auf ebenso wie namhafte Schenkungen von Eltern und Großeltern. Sämtliche Wertangaben des Ehemanns zu seinem Anfangs- und Endvermögen wurden streitig. Inzwischen war das Verfahren fast 3 Jahre alt. Das Gericht erließ einen Beweisbeschluß zum Anfangs- und Endvermögen und kündigte an, daß nun noch Jahre bis zur Entscheidung vergehen würden. Die Ehefrau forderte empört die Abtrennung des Zugewinnverfahrens und die Scheidung der Ehe. Sie reklamierte Zinsverluste, nervliche Belastung und den Wunsch, wieder heiraten zu wollen. Das Amtsgericht beschied dieses Begehren abschlägig unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung, nach der die Verfahrensdauer allein kein Abtrennungsgrund sei. Die von der Ehefrau vorgetragenen Gründe würden keine unzumutbare Härte bedeuten.

Nach über 4 Jahren war dann der Zugewinnausgleich entscheidungsreif und die Ehefrau sah freudig einem Urteil über rd. 80.000,00 Euro entgegen. Dann platzte die Bombe. Das Nettovermögen des Gatten betrug nur noch ca. 5.000,00 Euro, es war sukzessive durch aufwändigen Lebenswandel und Geschenke an die Freundin zusammengeschmolzen. Die Ehefrau rief „Verrat“ und zitierte § 1375 Abs. 2 Nr. 3 BGB (illoyale Verschiebungen zu Lasten des Ausgleichsberechtigten), leider vergeblich. Denn § 1378 Abs. 2 BGB (die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist) kennt keine Gnade. Wenn bei Scheidung nichts mehr da ist, spielen nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1988, 2369) die Gründe keine Rolle.

Dieser Fall ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit laufenden oder abgeschlossenen Verfahren wären rein zufällig. Gleichwohl ist die Moral von der Geschichte: Vertrauen ist die Basis einer intakten Ehe, bestraft nach der Trennung aber unter Umständen den Gutgläubigen.

Fazit:
Die Zugewinnausgleichsansprüche hätten aus Sicht der Ehefrau erst nach der Scheidung gerichtlich geltend gemacht werden sollen. Die Abschmelzung des Vermögens nach der Scheidung hätte die Ansprüche nicht geschmälert. Mit Rechtskraft der Scheidung wäre der Ausgleichsanspruch auch zu verzinsen gewesen.

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