Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einem Betrieb bei Betriebsübergang
Autor: RAin FAinArbR Daniela Range-Ditz, Dr. Ditz und Partner, Rastatt
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 06/2013
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 06/2013
Von einem Betriebsübergang werden nur diejenigen Arbeitnehmer erfasst, deren Arbeitsverhältnisse dem übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet waren. Die Zuordnung erfolgt im Zweifel durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts.
BAG, Urt. v. 21.2.2013 - 8 AZR 877/11
Vorinstanz: LAG Thüringen - 6 Sa 50/11
BGB §§ 241, 242, 315, 613a; GewO § 106; BetrVG §§ 95, 99, 100; KSchG § 1 Abs. 2
Der Großteil der bisherigen Mitarbeiter akzeptierte die neuen Arbeitsbedingungen. Dem Kläger und anderen Arbeitnehmern, die die Änderungsverträge nicht annahmen, wies die Beklagte zu 2. in einem anderen Raum ausschließlich Backoffice-Tätigkeiten im Zwei-Schicht-Modell zu. Der überwiegende Teil der anderen Mitarbeiter verblieb im bisherigen Callcenter und arbeitete im 24-Stunden-Takt.
Wenig später beschloss die Beklagte zu 2. eine Betriebsaufspaltung, in deren Folge sie das Backoffice an die B-GmbH verpachtete. Das Callcenter verpachtete sie an die Beklagte zu 1. Der Kläger widersprach dem Betriebsübergang und begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1. bestehe, hilfsweise die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung durch die Beklagte zu 2.
Welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet sei, richte sich zunächst nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien. Sei dieser weder ausdrücklich noch konkludent erkennbar, so erfolge die Zuordnung grds. durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts (st. Rspr., BAG, Urt. v. 24.5.2005 – 8 AZR 398/04, ArbRB 2006, 8 [Mues], ArbRB online). Dem Arbeitgeber stehe es grds. frei, mit welchen vertraglich geschuldeten Tätigkeiten er den Arbeitnehmer betraue. Hier sei der Kläger dem Backoffice-Bereich zugeordnet worden. Der Kläger habe dem Übergang jedoch form- und fristgerecht widersprochen. Damit sei sein Arbeitsverhältnis nicht automatisch dem vom Arbeitgeber eventuell weitergeführten und einem späteren Betriebsübergang zugänglichen Bereich zugefallen (BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 102/02, ArbRB 2003, 164 [Marquardt], ArbRB online).
Ein solcher Anspruch sei auch nicht aus § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB herzuleiten, da die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger dem „Callcenter-Betrieb” „Service-Center-Telekommunikation” zuzuordnen. Der Arbeitnehmer habe lediglich Anspruch auf vertragsgemäße Arbeit, nicht auf eine Beschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Arbeitsbereich. Etwas anderes könne sich nur ausnahmsweise ergeben, wenn sich die Tätigkeit entsprechend konkretisiert habe. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 241 Abs. 2 BGB: Widerspreche der Arbeitnehmer, so trage er das Risiko, dass für ihn kein Beschäftigungsbedarf beim Betriebsveräußerer mehr bestehe, weil aufgrund des Betriebsübergangs sein alter Betrieb nicht mehr existiere. Dabei sei der Arbeitgeber grds. nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer dieses Risiko dadurch zu nehmen, dass er ihn in einen anderen Betrieb seines Unternehmens versetze.
BAG, Urt. v. 21.2.2013 - 8 AZR 877/11
Vorinstanz: LAG Thüringen - 6 Sa 50/11
BGB §§ 241, 242, 315, 613a; GewO § 106; BetrVG §§ 95, 99, 100; KSchG § 1 Abs. 2
Das Problem:
Die Beklagte zu 2. unterhielt ein Callcenter sowie ein Backoffice. Sie nahm viele Neueinstellungen für das Callcenter vor, vereinbarte mit den neuen Mitarbeitern aber wesentlich geringere Gehälter als bislang im Unternehmen üblich. Den „Alt”-Arbeitnehmern, zu denen auch der Kläger gehörte, bot sie neue Arbeitsverträge zu schlechteren Konditionen an.Der Großteil der bisherigen Mitarbeiter akzeptierte die neuen Arbeitsbedingungen. Dem Kläger und anderen Arbeitnehmern, die die Änderungsverträge nicht annahmen, wies die Beklagte zu 2. in einem anderen Raum ausschließlich Backoffice-Tätigkeiten im Zwei-Schicht-Modell zu. Der überwiegende Teil der anderen Mitarbeiter verblieb im bisherigen Callcenter und arbeitete im 24-Stunden-Takt.
Wenig später beschloss die Beklagte zu 2. eine Betriebsaufspaltung, in deren Folge sie das Backoffice an die B-GmbH verpachtete. Das Callcenter verpachtete sie an die Beklagte zu 1. Der Kläger widersprach dem Betriebsübergang und begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1. bestehe, hilfsweise die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung durch die Beklagte zu 2.
Die Entscheidung des Gerichts:
Das BAG weist die Feststellungsklage zurück. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei nicht im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Die Beklagte zu 2. habe die beiden Bereiche „Backoffice” und „Callcenter” durch Änderung der Organisationsstrukturen in zwei eigenständige Betriebe aufgespalten. Durch die Verpachtung dieser beiden Betriebe seien zwei Betriebsübergänge eingetreten. Ein Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zu 1. scheitere daran, dass der Kläger nicht dem Betrieb der Beklagten zu 1. zugeordnet gewesen sei, sondern dem der B-GmbH.Welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet sei, richte sich zunächst nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien. Sei dieser weder ausdrücklich noch konkludent erkennbar, so erfolge die Zuordnung grds. durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts (st. Rspr., BAG, Urt. v. 24.5.2005 – 8 AZR 398/04, ArbRB 2006, 8 [Mues], ArbRB online). Dem Arbeitgeber stehe es grds. frei, mit welchen vertraglich geschuldeten Tätigkeiten er den Arbeitnehmer betraue. Hier sei der Kläger dem Backoffice-Bereich zugeordnet worden. Der Kläger habe dem Übergang jedoch form- und fristgerecht widersprochen. Damit sei sein Arbeitsverhältnis nicht automatisch dem vom Arbeitgeber eventuell weitergeführten und einem späteren Betriebsübergang zugänglichen Bereich zugefallen (BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 102/02, ArbRB 2003, 164 [Marquardt], ArbRB online).
Ein solcher Anspruch sei auch nicht aus § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB herzuleiten, da die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger dem „Callcenter-Betrieb” „Service-Center-Telekommunikation” zuzuordnen. Der Arbeitnehmer habe lediglich Anspruch auf vertragsgemäße Arbeit, nicht auf eine Beschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Arbeitsbereich. Etwas anderes könne sich nur ausnahmsweise ergeben, wenn sich die Tätigkeit entsprechend konkretisiert habe. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 241 Abs. 2 BGB: Widerspreche der Arbeitnehmer, so trage er das Risiko, dass für ihn kein Beschäftigungsbedarf beim Betriebsveräußerer mehr bestehe, weil aufgrund des Betriebsübergangs sein alter Betrieb nicht mehr existiere. Dabei sei der Arbeitgeber grds. nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer dieses Risiko dadurch zu nehmen, dass er ihn in einen anderen Betrieb seines Unternehmens versetze.