Zur Befragung des Sachverständigen im Nichtigkeitsverfahren
Autor: RA Dr. Joachim Mulch, Noerr LLP, Düsseldorf
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 06/2011
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 06/2011
Es stellt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, wenn das Gericht bestimmte Teile eines Sachverständigengutachtens bei Befragung des Sachverständigen nicht erörtert.
BGH, Beschl. v. 18.1.2011 - X ZR 165/07 „Formkörper”
Vorinstanz: BPatG, Urt. v. 27.9.2007 - 10 Ni 10/07 (EU)
GG Art. 103 Abs. 1; PatG § 122a; ZPO §§ 321, 411
Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör: Denn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nur dann vor, wenn Beteiligte sich nicht zu Erkenntnissen äußern konnten oder relevanter Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen worden sei.
Keine fehlende Würdigung des Vortrags: Sämtliche Entgegenhaltungen in dem beanstandeten Urteil seien detailliert erörtert und geprüft worden. Dies belege, dass entscheidungserhebliches Vorbringen nicht übergangen worden sei.
Rechtliche Wertung des Sachverständigen irrelevant: Es komme nicht darauf an, ob der Sachverständige von einer mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgegangen sei. Insoweit handle es sich um eine Rechtsfrage, deren Beurteilung dem Gericht vorbehalten sei und daher nicht Gegenstand der Anhörungsrüge sein könne.
Aufgabe der Befragung des Sachverständigen: Schließlich sei es auch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn das Gericht den Sachverständigen nur zu bestimmten Punkten befrage. Denn die Befragung diene der Ergänzung des schriftlichen Gutachtens und nicht dessen Wiederholung. Das Gericht solle einen vollständigen Einblick in die entscheidungserheblichen Fragen erhalten. Soweit dies nicht durch das Gutachten erfolgt sei, stehe die Befragung des Sachverständigen zur Verfügung. Daraus, dass das Gericht bestimmte Bereiche nicht erörtere, könne dagegen nicht geschlossen werden, das Gericht halte sie für unerheblich. Vielmehr sehe das Gericht insoweit keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Für die Parteien bestehe aber die Möglichkeit, selbst Fragen zu stellen.
BGH, Beschl. v. 18.1.2011 - X ZR 165/07 „Formkörper”
Vorinstanz: BPatG, Urt. v. 27.9.2007 - 10 Ni 10/07 (EU)
GG Art. 103 Abs. 1; PatG § 122a; ZPO §§ 321, 411
Das Problem:
Nach dem negativen Ausgang eines Patentnichtigkeitsverfahrens machen die Klägerinnen mit der Anhörungsrüge geltend, der BGH habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er den Sachverständigen nur zu bestimmten Entgegenhaltungen befragt habe. Entgegen der Wertung des Sachverständigen sei der BGH außerdem von einem erfinderischen Schritt ausgegangen, so dass es sich um eine Überraschungsentscheidung handle, weil der Senat zuvor auf seine abweichende Bewertung nicht hingewiesen habe. Wegen des Verzichts auf die Befragung des Sachverständigen habe man davon ausgehen müssen, der Senat schließe sich der Meinung des Sachverständigen an. Außerdem weiche die Würdigung zweier weiterer Entgegenhaltungen vom Kenntnisstand des Fachmanns ab.Die Entscheidung des Gerichts:
Der BGH hat die Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen.Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör: Denn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nur dann vor, wenn Beteiligte sich nicht zu Erkenntnissen äußern konnten oder relevanter Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen worden sei.
Keine fehlende Würdigung des Vortrags: Sämtliche Entgegenhaltungen in dem beanstandeten Urteil seien detailliert erörtert und geprüft worden. Dies belege, dass entscheidungserhebliches Vorbringen nicht übergangen worden sei.
Rechtliche Wertung des Sachverständigen irrelevant: Es komme nicht darauf an, ob der Sachverständige von einer mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgegangen sei. Insoweit handle es sich um eine Rechtsfrage, deren Beurteilung dem Gericht vorbehalten sei und daher nicht Gegenstand der Anhörungsrüge sein könne.
Aufgabe der Befragung des Sachverständigen: Schließlich sei es auch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn das Gericht den Sachverständigen nur zu bestimmten Punkten befrage. Denn die Befragung diene der Ergänzung des schriftlichen Gutachtens und nicht dessen Wiederholung. Das Gericht solle einen vollständigen Einblick in die entscheidungserheblichen Fragen erhalten. Soweit dies nicht durch das Gutachten erfolgt sei, stehe die Befragung des Sachverständigen zur Verfügung. Daraus, dass das Gericht bestimmte Bereiche nicht erörtere, könne dagegen nicht geschlossen werden, das Gericht halte sie für unerheblich. Vielmehr sehe das Gericht insoweit keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Für die Parteien bestehe aber die Möglichkeit, selbst Fragen zu stellen.