Zur Bestimmung des Schadensersatzes nach einer Patentverletzung

Autor: RA Dr. Joachim Mulch, Graf v. Westphalen, Düsseldorf
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 12/2012
Als Schaden einer Patentverletzung ist der Gewinn herauszugeben, der auf der Verletzung des Patents beruht. Zur Bemessung des Schadens sind dabei die Faktoren zu bestimmen, die die Kaufentscheidung des Abnehmers beeinflusst haben. Anschließend kann das Gericht den Schaden nach freier Überzeugung schätzen.

BGH, Urt. v. 24.7.2012 - X ZR 51/11 „Flaschenträger”

Vorinstanz: OLG Frankfurt, Urt. v. 31.3.2011 - 6 U 136/10
Vorinstanz: LG Frankfurt, Urt. v. 7.7.2010 - 2-6 O 464/10

PatG § 139 Abs. 2; ZPO § 287

Das Problem:

Die Patentinhaberin hat einen Kunden an eine Konkurrentin verloren. Sie hat die Konkurrentin wegen der Verletzung eines Patents bei der Belieferung des Kunden erfolgreich verklagt. Eine Nichtigkeitsklage der Konkurrentin hatte nur zu einer Einschränkung des Patentschutzes geführt. Die Patentinhaberin macht nun den Schadensersatz geltend und fordert den gesamten Gewinn der Konkurrentin aus der Belieferung des abgeworbenen Kunden. Die Konkurrentin will dagegen keinerlei Schadensersatz zahlen, weil sie ab einem gewissen Zeitraum ein nicht patentverletzendes Produkt geliefert habe. Das OLG hat der Patentinhaberin 50 % des Gewinns zugesprochen, während das LG noch 100 % zugesprochen hatte.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der BGH hat die Entscheidung des OLG bestätigt. Er hat dabei ausdrücklich die Art und Weise der Schadensbemessung gebilligt.

Drei Berechnungsarten, ein Schaden: Zunächst stellt der BGH klar, dass es zwar drei Berechnungsmethoden gebe, um den Schaden einer Patentverletzung zu ermitteln. Sowohl die Berechnung des entgangenen Gewinns, als auch die Berechnung des Verletzergewinns und einer hypothetischen Lizenzgebühr dienten aber dazu, den einheitlichen Schaden zu ermitteln, der durch den zu zahlenden Betrag zu kompensieren sei. Auch wenn es bei den verschiedenen Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Beträgen kommen könne, so sei doch das Ergebnis einer Berechnungsmethode anhand des Ergebnisses einer anderen Berechnungsmethode zu überprüfen. Dies müsse zu im Wesentlichen ähnlichen Ergebnissen führen.

Herausgabe des Gewinns, der auf der Patentverletzung beruht: Bei der Ermittlung des herauszugebenden Gewinns sei der Betrag festzustellen, der auf der Benutzung der technischen Lehre beruhe. Es sei daher nicht der gesamte Gewinn herauszugeben, auch wenn das Patent einen Gegenstand insgesamt erfasse. Vielmehr müsse ermittelt werden, in welchem Maße der Patentschutz die Kaufentscheidung der Abnehmer beeinflusst habe.

Wertende Bestimmung der Kausalität: Der Zusammenhang zwischen der Patentverletzung und dem erzielten Gewinn sei dabei keine adäquate Kausalität. Vielmehr müsse der Tatrichter unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren nach freier Überzeugung schätzen, ob ein Zusammenhang zwischen der Patentverletzung und dem erzielten Gewinn bestehe und wie hoch der entsprechende Anteil des Gewinns sei.

Faktoren für die Schätzung: Bei der Schadensschätzung sei ein Faktor, welchen Abstand das Patent vom Stand der Technik einnehme. Je größer der Abstand sei, desto mehr spreche dafür, dass sich die Abnehmer wegen des Patentschutzes für das Produkt entschieden. Dagegen sei es kein Faktor, dass eine theoretische Umgehungslösung bestanden habe. Allein eine tatsächlich existierende Umgehungslösung könne dagegen sprechen, dass der Kaufentschluss auf dem Patentschutz beruhe.


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