Zur „mangelhaften Leistung” als geschäftliche Handlung im Wettbewerb
Autor: RAin Astrid Reske, Lungerich Lenz Schuhmacher, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2013
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2013
Eine mangelhafte Leistung bei Erfüllung eines Vertrages stellt in aller Regel keine geschäftliche Handlung im Wettbewerb dar. Sofern mit der Handlung allerdings von vornherein eine Übervorteilung des Kunden beabsichtigt wird, kann im Einzelfall eine Irreführung des Verbrauchers durch Verletzung von Informationspflichten vorliegen.
BGH, Urt. v. 10.1.2013 - I ZR 190/11
Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 14.10.2011 - 6 U 225/10
Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 25.11.2010 - 81 O 68/10
UWG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 5a
Eine geschäftliche Handlung liege danach nur, wenn die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sei, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren und Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern. Maßgebend sei im konkreten Fall alleine der Wettbewerb um Mandanten. Es sei allerdings nicht ersichtlich, dass die wahrheitswidrigen Angaben in den Schriftsätzen der beklagten Kanzlei darauf gerichtet seien, deren Absatz von Leistungen zu fördern, zumal dies erfordere, die massenhaften Falschbehauptungen publik zu machen, woran der beklagten Kanzlei nicht gelegen sein könne. Eine mangelhafte oder sonst nicht vertragsgemäße Leistung könne daher allenfalls vertragliche Rechte des Kunden begründen, stelle aber keinen lauterkeitsrechtlichen Verstoß dar, so dass der Hauptantrag bereits unter diesem Gesichtspunkt unbegründet sei.
Irreführung durch Unterlassen: Der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch komme allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung durch Unterlassen in Betracht. Eine solche könne aber nur in Bezug auf solche Tatsachen angenommen werden, denen nach Auffassung des Verkehrs besondere Bedeutung zukomme, so dass das Verschweigen geeignet sei, diesen in relevanter Weise irrezuführen. Voraussetzung sei demnach, dass durch das Verschweigen eine besondere Informationspflicht verletzt werde. Eine vertragswidrige Schlecht- oder Nichterfüllung reiche daher als irreführendes Verhalten nicht aus, solange der Unternehmer damit nicht von Vornherein auf eine Übervorteilung des Kunden abziele. Dies sei im vorliegenden Fall aber ebenfalls nicht ersichtlich und könne insbesondere nicht aus den wenigen Testmandaten hergeleitet werden.
BGH, Urt. v. 10.1.2013 - I ZR 190/11
Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 14.10.2011 - 6 U 225/10
Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 25.11.2010 - 81 O 68/10
UWG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 5a
Das Problem:
Es stehen sich zwei Rechtsanwaltskanzleien gegenüber, von denen die klagende Kanzlei Rechteinhaber in Fällen massenhafter Urheberrechtsverletzungen (Filesharing) vertritt, während die beklagte Kanzlei die in Anspruch genommenen potentiellen Rechtsverletzer verteidigt. Die beklagte Kanzlei setzt zu diesem Zweck standardisierte Fragebögen und E-Mails gegenüber ihren Mandanten ein, in denen sie die Hintergründe der vorgeworfenen Rechtsverletzung erfragt. In allen über 300 gegenüber der klagenden Kanzlei geführten Streitigkeiten leugnete die beklagte Kanzlei die Begehung von Urheberrechtsverletzungen durch ihre Mandanten, u.a. auch in sechs Testmandaten, die von der Klägerin angezettelt worden waren und in denen die Testpersonen auf den Fragebögen der beklagten Kanzlei explizit angegeben hatten, die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Die klagende Kanzlei nimmt die beklagte Kanzlei nun im Hinblick auf diese Falschbehauptung wegen eines Wettbewerbsverstoßes nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO, § 263 StGB sowie hilfsweise wegen einer Irreführung der Verbraucher nach §§ 3, 5 Abs. 1, § 5a Abs. 1 UWG auf Unterlassung des beanstandeten Verhaltens in Anspruch. Das LG hat der Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben, das OLG hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision vor dem BGH hatte keinen Erfolg.Die Entscheidung des Gerichts:
Der BGH hat das Urteil des OLG bestätigt. Geschäftliche Handlung: Die Falschbehauptung der beklagten Kanzlei stelle in den Anschreiben keine „geschäftliche Handlung” i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 dar. Dem Begriff der geschäftlichen Handlung komme die Funktion zu, den Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts gegenüber dem allgemeinen Deliktsrecht abzugrenzen. Eine solche komme daher nur bei Verhaltensweisen bei oder nach Geschäftsabschluss in Betracht, die mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder der Durchführung von Verträgen über Waren und Dienstleistungen objektiv zusammenhingen. Hierbei sei in Auslegung der Vorschriften der Verbraucherschutzrichtlinie (2005/29/EG) das Merkmal des „objektiven Zusammenhangs” funktional zu verstehen.Eine geschäftliche Handlung liege danach nur, wenn die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sei, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren und Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern. Maßgebend sei im konkreten Fall alleine der Wettbewerb um Mandanten. Es sei allerdings nicht ersichtlich, dass die wahrheitswidrigen Angaben in den Schriftsätzen der beklagten Kanzlei darauf gerichtet seien, deren Absatz von Leistungen zu fördern, zumal dies erfordere, die massenhaften Falschbehauptungen publik zu machen, woran der beklagten Kanzlei nicht gelegen sein könne. Eine mangelhafte oder sonst nicht vertragsgemäße Leistung könne daher allenfalls vertragliche Rechte des Kunden begründen, stelle aber keinen lauterkeitsrechtlichen Verstoß dar, so dass der Hauptantrag bereits unter diesem Gesichtspunkt unbegründet sei.
Irreführung durch Unterlassen: Der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch komme allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung durch Unterlassen in Betracht. Eine solche könne aber nur in Bezug auf solche Tatsachen angenommen werden, denen nach Auffassung des Verkehrs besondere Bedeutung zukomme, so dass das Verschweigen geeignet sei, diesen in relevanter Weise irrezuführen. Voraussetzung sei demnach, dass durch das Verschweigen eine besondere Informationspflicht verletzt werde. Eine vertragswidrige Schlecht- oder Nichterfüllung reiche daher als irreführendes Verhalten nicht aus, solange der Unternehmer damit nicht von Vornherein auf eine Übervorteilung des Kunden abziele. Dies sei im vorliegenden Fall aber ebenfalls nicht ersichtlich und könne insbesondere nicht aus den wenigen Testmandaten hergeleitet werden.