Zweifel an Fingerabdruckspeicherung in biometrischem Reisepass
Autor: RA Dr. Ingemar Kartheuser, LL.M., Linklaters LLP, München
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2013
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2013
Es begegnet ernstlichen Zweifeln, die Abnahme und Speicherung von Fingerabdrücken als biometrische Merkmale in einem Reisepass als rechtmäßig, insb. verhältnismäßig, zu bezeichnen.
OVG Sachsen, Beschl. v. 11.4.2013 - 3 A 778/11
Vorinstanz: VG Dresden, Urt. v. 14.9.2011 - 6 K 1234/09
PassG § 4 Abs. 3, 4; VwGO § 124 Abs. 2; Verordnung (EG) 2252/2004 Art. 1 Abs. 2
Rechtsgrundlage: Das VG Dresden habe eine Verpflichtungsklage des Bürgers mit dem Argument abgewiesen, der Bürger habe keinen Anspruch auf Ausstellung eines Reisepasses ohne elektronisch abgenommene und gespeicherte Fingerabdrücke. Die dafür maßgeblichen Regelungen der § 4 Abs. 3 und 4 PassG seien weder verfassungs- noch europarechtswidrig. Sie dienten einem legitimen Zweck, nämlich der möglichst sicheren Identifikation des Passinhabers, welche durch das bloße Lichtbild auf dem Reisepass häufig nicht eindeutig zu erreichen sei. Da regelmäßig nur zwei Fingerabdrücke abzugeben seien (§ 4 Abs. 4 Satz 1 PassG), habe der Gesetzgeber auch das erforderliche Mittel gewählt und das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers nicht unverhältnismäßig beschränkt.
Keine gefestigte Rechtsprechung: Allerdings habe sich das VG Dresden nicht auf eine gefestigte Rechtsprechung stützen können, so dass sein Urteil ernstlichen Zweifeln unterliege. So habe bereits das BVerfG, das eine entsprechende Verfassungsbeschwerde aus formellen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen habe, darauf hingewiesen, dass sich in der Sache schwierige Fragen dahingehend stellten, ob die entsprechenden Regelungen des PassG mit dem Grundgesetz und europarechtlichen Grundlagen vereinbar seien (BVerfG, Beschl. v. 30.12.2012 – 1 BvR 502/09).
Vorabentscheidungsverfahren: Es sei ein Vorabentscheidungsverfahren über die streitige Frage beim EuGH anhängig. Das VG Gelsenkirchen habe in einem identisch gelagerten Fall dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 2 Verordnung (EG) 2252/2004 gültig sei (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 15.5.2012 – 17 K 3382/07): Diese Vorschrift ordne die Aufnahme von Fingerabdrücken in einem im Reisepass enthaltenen elektronischen Speichermedium an.
OVG Sachsen, Beschl. v. 11.4.2013 - 3 A 778/11
Vorinstanz: VG Dresden, Urt. v. 14.9.2011 - 6 K 1234/09
PassG § 4 Abs. 3, 4; VwGO § 124 Abs. 2; Verordnung (EG) 2252/2004 Art. 1 Abs. 2
Das Problem:
Ein Bürger beantragte bei der Zentralen Pass- und Meldestelle einer Behörde die Ausstellung eines Reisepasses. Er weigerte sich jedoch, dafür seine Fingerabdrücke abzugeben. Die Behörde lehnte daraufhin die Ausstellung des Reisepasses vor Ort mündlich ab und bekräftigte dies später durch einen Bescheid.Die Entscheidung des Gerichts:
Es unterliege ernstlichen Zweifeln, eine Pflicht des Bürgers auf Abgabe seiner Fingerabdrücke für die Erteilung eines Reisepasses anzunehmen, wie es das VG Dresden als Vorinstanz getan habe (VG Dresden, Urt. v. 14.9.2011 – 6 K 1234/09).Rechtsgrundlage: Das VG Dresden habe eine Verpflichtungsklage des Bürgers mit dem Argument abgewiesen, der Bürger habe keinen Anspruch auf Ausstellung eines Reisepasses ohne elektronisch abgenommene und gespeicherte Fingerabdrücke. Die dafür maßgeblichen Regelungen der § 4 Abs. 3 und 4 PassG seien weder verfassungs- noch europarechtswidrig. Sie dienten einem legitimen Zweck, nämlich der möglichst sicheren Identifikation des Passinhabers, welche durch das bloße Lichtbild auf dem Reisepass häufig nicht eindeutig zu erreichen sei. Da regelmäßig nur zwei Fingerabdrücke abzugeben seien (§ 4 Abs. 4 Satz 1 PassG), habe der Gesetzgeber auch das erforderliche Mittel gewählt und das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers nicht unverhältnismäßig beschränkt.
Keine gefestigte Rechtsprechung: Allerdings habe sich das VG Dresden nicht auf eine gefestigte Rechtsprechung stützen können, so dass sein Urteil ernstlichen Zweifeln unterliege. So habe bereits das BVerfG, das eine entsprechende Verfassungsbeschwerde aus formellen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen habe, darauf hingewiesen, dass sich in der Sache schwierige Fragen dahingehend stellten, ob die entsprechenden Regelungen des PassG mit dem Grundgesetz und europarechtlichen Grundlagen vereinbar seien (BVerfG, Beschl. v. 30.12.2012 – 1 BvR 502/09).
Vorabentscheidungsverfahren: Es sei ein Vorabentscheidungsverfahren über die streitige Frage beim EuGH anhängig. Das VG Gelsenkirchen habe in einem identisch gelagerten Fall dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 2 Verordnung (EG) 2252/2004 gültig sei (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 15.5.2012 – 17 K 3382/07): Diese Vorschrift ordne die Aufnahme von Fingerabdrücken in einem im Reisepass enthaltenen elektronischen Speichermedium an.