Grundzüge des Bußgeld- bzw. Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahrens nach

11.02.2015, Autor: Herr Achim Böth / Lesedauer ca. 3 Min. (449 mal gelesen)
Der Artikel soll einen kurzen Überblick über das richtige Vorgehen in Bußgeld- bzw. Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren, insbesondere wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, verschaffen.

In Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten, meistens wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, sollten Sie grundsätzlich keinerlei Angaben zur Sache und insbesondere auch nicht zur Person des Fahrers machen.
Bereits auf einen Anhörungsbogen sollten Sie einen Rechtsanwalt antworten lassen. Einer Vorladung zu einem Gespräch bei der Polizei sollten Sie unter keinen Umständen folgen und ggf. Ihren Rechtsanwalt den Termin absagen lassen.
Falls die Polizei am Arbeitsplatz oder am Wohnort ermittelt, sollten Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und so sicherstellen, dass keine Informationen zur Akte gelangen, die Sie später belasten können. Ebenfalls besteht die - wenn auch geringe - Möglichkeit, dass die Verkehrsordnungswidrigkeit innerhalb der hier kurzen Frist von drei Monaten (ab Absendung des Anhörungsbogens durch die jeweilige Bußgeldstelle) auf dem Behördenweg "verloren geht" und verjährt.
In diesen Fällen wird dann kein Bußgeldbescheid erlassen und entgehen Sie auf diesem Wege sogar einem an sich angezeigten Fahrverbot.

Sobald Sie jedoch die Fahrereigenschaft einräumen, können Sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Bußgeldbescheid, ggf. auch mit auszusprechendem Fahrverbot, „fristgerecht“ gegen Sie erlassen wird.


- Erhalten Sie einen Bußgeldbescheid ist unbedingt auf die Einspruchsfrist von nur 14 Tagen ab Zustellung (grundsätzlich nicht: Kenntniserlangung) zu achten. Wird diese versäumt, besteht Rechtskraft des Bußgeldbescheids.
In diesen Fällen gibt es nur den „allerletzten Ausweg“ des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 52 OwiG i.V.m § 44 ff. StPO), für die Fälle, in denen die Frist ohne Ihr Verschulden versäumt wurde.
Tatsachen, die in diesem Sinne den Betroffenen an der rechtzeitigen Wahrnehmung der Rechtsmittelfrist gehindert haben können, sind z.B. plötzliche längere Krankheit oder Urlaubsabwesenheit, eine unterbliebene oder falsche Rechtsmittelbelehrung und u.U. auch eine Rechtsmittelbelehrung in deutscher Sprache bei einem nicht deutschsprachigen Ausländer. Übrigens ist Ihnen das Verschulden eines von Ihnen bereits beauftragten Anwalts im hiesigen OwiG-Verfahren nicht zuzurechnen.
Unbedingt zu beachten ist dann allerdings die Frist von nur einer Woche, in der Wiedereinsetzungsantrag - und zwar unbedingt mit gleichzeitiger Einspruchseinlegung - gestellt und „glaubhaft“ gemacht werden muss.
Diese Frist beginnt in dem Moment zu laufen, in dem das Hindernis wegfällt, welches zu der ursprünglichen Fristversäumung geführt hat; also z.B. der Tag der Krankenhaus- oder Urlaubsrückkehr.
Da an die erforderliche Glaubhaftmachung im Rahmen eines solchen Wiedereinsetzungsantrags höchste Anforderungen gestellt werden, sollten Sie allerspätestens jetzt - und zwar unmittelbar nach Wegfall des Hindernisses - einen Rechtsanwalt beauftragen.

- Fahrer eines Firmenfahrzeuges sollten ihre Arbeitgeber darauf hinweisen, dass in den Fällen, in denen der Zeugenfragebogen nur an eine juristische Person (z.B. GmbH, AG) adressiert ist, diese nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, da eine solche nur von natürlichen Personen erwartet werden kann. Es droht in diesen Fällen bei Nichtrücksendung des Zeugenfragebogens also auch nicht die „berühmte“ Fahrtenbuchauflage für die Firma des Arbeitgebers.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der gesetzliche Vertreter der juristischen Person (z.B. Geschäftsführer) in dem Zeugenfragebogen namentlich angeschrieben oder benannt wurde.

- Abschließend ist noch auf die kaum bekannte Vorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV hinzuweisen, die relativ geringe und an sich noch nicht mit Fahrverbot sanktionierte Geschwindigkeitsüberschreitungen betrifft. Begeht der Betroffene innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft einer gegen ihn wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h festgesetzten Geldbuße eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens 26 km/h, so wird gegen ihn deshalb regelmäßig ein Fahrverbot angeordnet.
Daher empfiehlt es sich meines Erachtens zumindest für rechtsschutzversicherte Verkehrsteilnehmer unbedingt, bereits gegen den "ersten" Bußgeldbescheid mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h (oder mehr) anwaltlich vorzugehen.

- Für "Vielfahrer", oder solche mit hohem Punktestand, empfiehlt sich unbedingt der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, da sich allein die anwaltlichen Gebühren eines solchen behördlichen und anschließenden gerichtlichen Verfahrens nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid dann auf immerhin insgesamt ca. € 850,00 (incl. MwSt.) belaufen.
Darüber hinaus trägt die Rechtsschutzversicherung auch bereits die Kosten eines außergerichtlichen Sachverständigengutachtens zwecks Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Geschwindigkeitsmessung.
Dies bringt ungemeine taktische Vorteile mit sich: Das Gericht erhält nämlich nur dann Kenntnis von dem Gutachten, wenn es für den Betroffenen tatsächlich vorteilhaft ist. Sind hingegen nur Teilbereiche günstig, können diese - ohne Vorlage des Gutachtens an sich - in der gerichtlichen Verhandlung gesondert aufgegriffen werden.
Selbstverständlich kann auch ein Rechtsanwalt in den Bußgeld- bzw. Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung durchaus überprüfen, ob die wesentlichen Formalien der Geschwindigkeitsmessung eingehalten wurden. Darüber hinaus kann jedoch das Ergebnis der sachverständigen Begutachtung, insbesondere des Messfilms vor Ort, zumindest zu einem weiteren Toleranzabzug führen. Zumindest in Grenzfällen macht dann ein km/h häufig den Unterschied zwischen der Verhängung eines Fahrverbots oder dessen Vermeidung aus.

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