Wirtschaftlicher Totalschaden – Ersatzbeschaffung oder Reparatur?

29.07.2023, Autor: Herr Daniel Tabaka / Lesedauer ca. 3 Min. (160 mal gelesen)
Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden des Fahrzeuges stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Unfallgeschädigte darauf verwiesen werden kann, sich auf Kosten des Unfallschädigers bzw. der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zu beschaffen, oder aber ein Anspruch gegenüber der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung auf Übernahme der Reparaturkosten besteht. Die sog. 130%-Regelung soll das individuelle Interesse des Unfallgeschädigten an der Weiternutzung und Reparatur seines Fahrzeuges schützen.

Ihr Fahrzeug hat einen sog. wirtschaftlichen Totalschaden erlitten, wenn die unfallbedingten Reparaturkosten höher sind als der sog. Wiederbeschaffungsaufwand.

Der Wiederbeschaffungsaufwand ist die Differenz zwischen dem sog. Wiederbeschaffungswert, also dem Preis für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, und dem Restwert, den das totalbeschädigte Fahrzeug noch hat (also der Preis, für den Sie Ihr totalbeschädigtes Fahrzeug noch auf dem Markt, bspw. über eine Restwertbörse, verkaufen können).

Bei einem sog. wirtschaftlichen Totalschaden ist es also unwirtschaftlich, das reparaturfähige Fahrzeug (Unterschied zum „normalen“, technischen Totalschaden, bei dem eine Reparatur nicht mehr möglich ist) reparieren zu lassen, weil es günstiger für Sie ist, sich ein vergleichbares Ersatzfahrzeug zuzulegen. Sie erhalten also von der gegnerischen Versicherung den sog. Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) ersetzt, während Sie Ihr totalbeschädigtes Fahrzeug zum Restwert veräußern und dieses Geld ebenfalls für die Ersatzbeschaffung verwenden können. Meistens unterbreiten die gegnerischen Versicherungen bereits konkrete Kaufangebote gewerblicher Restwertkäufer für Ihr beschädigtes Fahrzeug, die auf Verbindlichkeit und Seriosität zu überprüfen sind.

Aber: Da Ihr Fahrzeug durchaus repariert und anschließend weiterbenutzt werden kann, während Sie möglicherweise auch ein individuelles Interesse an der Weiternutzung Ihres Fahrzeuges und gerade kein Interesse an einem gleichwertigen Ersatzfahrzeug haben (sog. Integritäts- bzw. Erhaltungsinteresse), gibt es die sog. 130%-Regelung:

Liegt die Summe aus Reparaturkosten (inkl. MwSt.) und unfallbedingter Wertminderung des totalbeschädigten Fahrzeuges bei maximal 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes (WBW) dürfen Sie Ihr Fahrzeug durchaus reparieren lassen und müssen sich nicht auf die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges und die Zahlung des Wiederbeschaffungsaufwandes (WBA) sowie den Verkauf Ihres beschädigten Fahrzeuges zum Restwert verweisen lassen.

Damit die gegnerische Versicherung allerdings auch tatsächlich die Reparaturkosten und nicht nur den Wiederbeschaffungsaufwand (WBA) zahlt, müssen neben der 130%-Grenze an sich derzeit zwei weiteren Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Sie müssen Ihr Fahrzeug nachweislich vollständig sach- und fachgerecht nach Maßgabe des Schadengutachtens reparieren (lassen). Auch die sach- und fachgerechte Eigenreparatur ist möglich, muss dann aber durch einen Sachverständigen bestätigt werden.
  • Sie müssen Ihr repariertes Fahrzeug anschließend noch mindestens sechs Monate weiternutzen (damit bringen Sie Ihr individuelles Interesse, das sog. Integritätsinteresse, an der Weiternutzung des totalbeschädigten Fahrzeuges zum Ausdruck). In der Regel genügt der gegnerischen Versicherung eine ausdrückliche Bestätigung, dass Sie das Fahrzeug noch mindestens sechs Monate weiternutzen werden.
Was passiert, wenn die tatsächlich anfallenden Reparaturkosten dann doch höher sind als im Schadengutachten ausgewiesen, sodass die 130%-Grenze im Nachhinein, d.h. nach Veranlassung der Reparatur und Entstehung von Reparaturkosten, nicht mehr greift?

Das Prognoserisiko, d.h. das Risiko, dass die im Schadengutachten zunächst ausgewiesenen Reparaturkosten letzten Endes doch höher sind, trägt der Unfallschädiger und damit auch dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Die höheren Kosten müssen dann dennoch übernommen werden.

Was passiert, wenn die im Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten zunächst so hoch sind, dass die 130%-Grenze überschritten ist, sich dann im Nachhinein bei einer dennoch vorgenommenen, sach- und fachgerechten Reparatur herausstellt, dass die Reparaturkosten niedriger sind, sodass im Nachhinein die 130%-Regelung Anwendung findet?

Auch dann besteht die Möglichkeit, im Nachhinein auf Zahlung der Reparaturkosten unter Verweis auf die 130%-Regelung zu bestehen. Sie müssen der gegnerischen Versicherung dann eben nachweisen, dass die durchgeführte Reparatur vollständig, d.h. sach- und fachgerecht gem. Gutachten, mit weniger Kosten durchgeführt werden konnte als im Gutachten zunächst ausgewiesen/angenommen.

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