Einzelzimmerzuschlag von Pflegeheimen auf dem Prüfstand

22.10.2022, Autor: Herr Matthias Berger / Lesedauer ca. 2 Min. (121 mal gelesen)
Der Artikel setzt sich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Einzelzimmerzuschlägen unter Bezugnahme auf die Landesheimbauverordnung sowie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung auseinander.

Forst, 22.10.2022

Angehörige, die Ihre Eltern oder Großeltern in einem Pflegeheim gut versorgt wissen wollen, sehen sich aufgrund gesetzlicher Neuerungen zunehmend mit steigenden Kosten konfrontiert. Nicht zuletzt stellt der spürbar gestiegene Eigenanteil eine zusätzliche Belastung für Angehörige von Pflegebedürftigen dar. Eine Bürde mehr in einer krisengebeutelten Zeit. Ist die Pflege in dieser Form noch bezahlbar?

„Angehörige sollten die monatlichen Rechnungen von Bewohnern eines Pflegeheimes auf Herz und Nieren prüfen“, so Rechtsanwalt Berger von der gleichnamigen Kanzlei aus Forst, Landkreis Karlsruhe, „denn oft werde neben dem gesetzlich abrechenbaren Betrag für die Unterkunft ein gesonderter Betrag für eine „Zimmerkategorie“ obendrein abgerechnet.“ Dahinter verberge sich nicht selten ein getarnter „Einzelzimmerzuschlag“, den Otto Normalverbraucher nur selten als solchen ausmachen kann. Zur rechtlichen Bewertung des Einzelzimmerzuschlags seien neben Aspekten der Sozialgesetzgebung auch zivilrechtliche in Betracht zu ziehen, meint Berger.
So entschied der Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg bereits im Jahre 2006 dass die Unterbringung eines Heimbewohners in einem Einzelzimmer anstelle derjenigen in einem Doppelzimmer keine zusätzliche (abrechenbare) Leistung darstelle. Ein Zuschlag komme allerdings dann in Betracht, wenn diese im Pflegeheim gesondert angeboten werde – quasi als Gegenleistung für ein besonders komfortables Einzelzimmer. Diese könne etwa anhand eigner sanitärer Anlagen, an einer besonderen Größe oder anhand einer gesonderten Kochnische festgemacht werden. Kosten für erhöhte Investitionen aufgrund von Einzelzimmern könnten zwar erhoben, müssten jedoch zuvor im abgeschlossenen Heimvertrag gesondert ausgewiesen werden.

Im letzteren Sinne entschied der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2005. Die Berechnung von Zusatzleistungen erfordere zuvor eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger und der pflegeversicherten Person. Dies gelte insbesondere bei der Erhebung von Einzelzimmerzuschlägen.
„Mit dem Auslaufen der Übergangsfrist der Landesheimbauverordnung Ende August 2019 dürften Einzelzimmer mit eigenen Sanitären Anlagen in Pflegeheimeinen zum Standard geworden sein“, meint Berger. Die Rechnungen von Trägern, die sich auf einen vermeintlichen „Bestandsschutz“ in Bezug auf den erhobenen Einzelzimmerzuschlag berufen, sollten einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Das gelte gerade dann, wenn die Heimverträge nach Ablauf des Monats August 2019 geschlossen worden sind und der Träge keine Ausnahme nach der Landesheimbauverordnung für sich in Anspruch nehmen kann. Im Zweifel sollte vor (Neu-) Abschluss eines Heimvertrags anwaltlicher Rat in Anspruch genommen werden, zumal der vermeintliche Einzelzimmerzuschlag einen monatlichen Betrag in Höhe von bis zu 400 EUR ausmachen kann. Aus zu Unrecht erhobenen Einzelzimmerzuschläge resultiere sodann für die Dauer von drei Jahren eine beachtliche Überzahlung in Höhe von bis zu 14.400 EUR, meint Rechtsanwalt Berger.

Ungeachtet dessen sollten sich Angehörige von Heimbewohnern, denen gegenüber Zusatzleistungen zu Unrecht abgerechnet wurden, vorab anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, um sich über Prozessrisiken zu informieren, die mit einer klageweisen Geltendmachung von Ansprüchen verbunden sind.

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