Erbschaftsteuer und Immobilien

12.03.2007, Autor: Herr Boris Jan Schiemzik / Lesedauer ca. 3 Min. (3469 mal gelesen)
Nach der am 31. Januar 2007 veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer ergeben sich weitreichende Änderungen für Immobilieneigentümer.

Gemäß dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht verfassungswidrig. Die niedrige Bewertung von Immobilien verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, so das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe. Künftig müsse bei jeder Erbschaft und jeder Schenkung der objektive Verkehrswert, also letztlich der Marktpreis, angesetzt werden.


Reform der Erbschaftsteuer bis Ende 2008

Nach der gegenwärtigen Rechtslage entsprechen die für die Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgeblichen Steuerwerte nicht bei allen Vermögensarten dem tatsächlichen Wert. In anderen Worten: die Erben werden nicht gleich behandelt. Immobilienerben werden nämlich privilegiert, da Haus und Grund meist nur mit 50 bis 60 Prozent des Verkehrswertes bewertet wird. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung einzuführen, die alle Vermögensarten – also auch Immobilien – grundsätzlich nach dem aktuellen Verkehrswert bewertet.

Dieser Systemwechsel im Erbschaftsteuerrecht betrifft Millionen von Immobilieneigentümer. Während Grundeigner bisher wegen der niedrigen Steuerwerte darauf vertrauen konnten, dass Ihre Erben keine oder nur wenig Erbschaftsteuer zahlen, befürchten viele von Ihnen nun, dass bei Schenkungen und Erbschaften ein nicht unerheblicher Teil des Vermögens dem Fiskus in den Schoss fällt.


Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber

Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht für den Gesetzgeber eine Hintertür für eine mögliche „gerechte“ Bevorzugung von Immobilien-Erben offen gelassen. Danach dürfen per Gesetz ausnahmsweise bestimmte Vermögensgegenstände durch eine so genannte Verschonungsregelung begünstigt werden, wenn ausreichende Gemeinwohlgründe vorliegen. Vor dem Hintergrund der hohen sozialpolitischen und gemeinwirtschaftlichen Bedeutung des Wohnungsbaus ist der Gesetzgeber gut beraten zumindest bebaute Grundstücke zu privilegieren. Nach den ersten Stellungnahmen aus Politikerkreisen ist heute bereits absehbar, dass Eigner von hohen Immobilienvermögen künftig stärker von der Erbschaft- und Schenkungsteuer betroffen sein werden.


Inanspruchnahme der bisherigen günstigen Bewertung

Wer sich noch die geltende günstige Bewertung für Immobilien sichern will, dem steht die Möglichkeit einer vorweggenommenen Erbfolge bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung offen. Solange die bisherigen Steuerwerte Bestand haben, lässt sich Grund und Boden nämlich grundsätzlich im Wege einer Schenkung unter Lebenden auf die nächste Generation steuergünstig übertragen. Vor übereilten Schenkungen sei jedoch gewarnt. Es sind nämlich Konstellationen denkbar, bei denen auch Schenkungen vor Ende 2008 der neuen Regelung unterfallen könnten. Der Gesetzgeber kann z.B. vor Dezember 2008 entsprechende Regelungen verabschieden und viele Grundbuchämter benötigen nicht selten eine längere Zeit um die Eigentumswechsel im Grundbuch zu dokumentieren. Dagegen ist ein neues Gesetz, das eine Rückwirkung entfaltet zwar denkbar, gleichwohl unwahrscheinlich. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass für die Übergangszeit bis zur Schaffung der neuen Regelungen Rechtsunsicherheit für Schenkungen vermieden werden müsse. Bis zur Neuregelung solle das geltende Erbschaftsteuerrecht gelten.


Schenkung mehr als ein Steuersparmodell

Indessen ist die Schenkung zu Lebzeiten bei einer wohlüberlegten Planung ein sehr gutes Steuersparinstrument und bietet viele Vorteile gegenüber einer Erbübertragung: Da die persönlichen Freibeträge für die Erbschaft- und Schenkungsteuer alle 10 Jahre voll zur Verfügung stehen, lassen sich auch größere Vermögen steuerneutral auf Angehörige übertragen. Eine durchdachte vorweggenommene Erbfolge vermeidet im Übrigen auch Streit zwischen den Erben und kann Ansprüche ungeliebter Pflichtteilsberechtigter mindern. Bei jeder vorzeitigen Übertragung von Vermögen muss jedoch durch geschickte Vertragsgestaltung gewährleistet werden, dass die finanzielle Versorgung des Schenkers gesichert wird und das Vermögen nicht durch Insolvenz oder Scheidung des Beschenkten der Familie verloren geht. Kommt jedoch eine Schenkung nicht in Frage, kann der Erblasser sein Vermögen alternativ auch durch geschickte Testamente, Erb- und Eheverträge vor dem Zugriff des Finanzamts auch nach neuem Recht schützen.

Autor dieses Rechtstipps

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Dr. Boris Jan Schiemzik

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