WINTERZEIT - UNFALLZEIT

07.11.2014, Autor: Herr Martin Jensch / Lesedauer ca. 3 Min. (245 mal gelesen)
Kraftfahrzeuge, Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer: Wie wird in der Haftungsfrage entschieden, wenn schlechtes Wetter die Verkehrsbedingungen zusätzlich verschärft?

Mit den schlechter werdenden Witterungsverhältnissen im Herbst und Winter, steigt auch die Häufigkeit von Unfällen. Kommt es z. B. zu einem Pkw-Unfall aufgrund schlechter Sichtbedingungen oder glatter Fahrbahn z. B. durch überfrierende Nässe, ist zunächst zu klären, ob ein Fehlverhalten eines weiteren Unfallbeteiligten, z. B. durch überhöhte Geschwindigkeit, vorliegt. Eine überhöhte Geschwindigkeit ist in solchen Fällen nicht nur dann gegeben, wenn ein bestehendes Tempolimit überschritten wurde, sondern immer dann, wenn die Ge-schwindigkeit, gemessen an den Straßenverhältnissen, unangemessen hoch war. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei Straßenglätte zu schnell gefahren wurde oder gegen das sogenannte Sichtfahrgebot verstoßen wurde. Das Sichtfahrgebot besagt, dass ein Fahrzeugführer nur so schnell fahren darf, dass er innerhalb der von ihm einzusehenden Strecke jederzeit anhalten kann. Das Sichtfahrgebot ist nicht nur bei unübersichtlichen, kur-venreichen Strecken, sondern insbesondere auch an nebligen Tagen zu beachten.

Kommt es zu einem Unfall aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse ohne Beteiligung eines Dritten, sind die Ansprüche rechtzeitig bei der eigenen Vollkaskoversicherung anzumelden.

Unabhängig davon sind die Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung eines Dritten oder der eigenen Vollkaskoversicherung geltend zu machen sowie die Unfallörtlichkeiten einschließlich der Witterungsverhältnisse zum Zeitpunkt des Unfalls durch Fotos festzuhalten.

Insbesondere im Winter kommt es jedoch oft auch zu Unfällen mit Beteiligung von Fußgängern, die z. B. auf einem nicht oder nur schlecht geräumten Teil eines Bürgersteigs ausrutschen. Hierbei kann es zu schweren Ver-letzungen, insbesondere zu komplizierten Knochenbrüchen, kommen. Grundsätzlich steht dem Fußgänger gegen die Person oder Organisation (z. B. Stadt oder Gemeinde), die verkehrssicherungspflichtig ist, ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. Grundsätzlich trifft den Eigentümer eines Grundstücks für sein Grund-stück die Verkehrssicherungspflicht. Diese beinhaltet, dass öffentlich begehbare Flächen in einem Zustand ge-halten werden müssen, der nicht zu einer Verletzung von Dritten führt. Oft werden Verkehrssicherungspflichten, insbesondere die Räum- und Streupflicht, z. B. durch Mietvertrag oder durch eine öffentliche Satzung der Kommune auf den Mieter oder den Eigentümer des z. B. an den Gehweg angrenzenden Grundstücks übertragen.

In solchen Fällen empfiehlt es sich ebenfalls dringend, zunächst die Unfallstelle genau zu fotografieren und den genauen Unfallzeitpunkt zu dokumentieren. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn für den Fußgänger z. B. die Eisplatte, auf der er ausgerutscht ist, vorher, beispielsweise weil sie mit nicht geräum-tem Schnee überdeckt ist, nicht ersichtlich war. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst den Schutz vor solchen Gefahren, die für den Benutzer nicht offensichtlich sind. Ist ein Teil des Gehweges von Weitem sichtbar voll-kommen vereist, tritt die Selbstverantwortung des Benutzers in den Vordergrund mit der Folge, dass keine oder nur äußerst geringe Ansprüche gegen den Verkehrssicherungspflichtigen geltend gemacht werden können.
Ist die eigentliche Gefahrenstelle jedoch baubedingt, z. B. durch Treppenstufen etc., verdeckt oder nur schwer einsehbar, trifft den Verkehrssicherungspflichtigen eine besondere Sorgfaltspflicht. Es kommt somit auf die genaue Beschaffenheit der Sturzstelle an.

Bei der Geltendmachung der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche ist der Unfall im Hinblick auf die Anhaltspunkte der Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen genau zu schildern. Nachdem die Haftpflichtver-sicherer des Verkehrssicherungspflichtigen in der Regel versuchen, eine Haftung über ein Mitverschulden des Geschädigten zu vermindern oder gar auszuschließen, empfiehlt es sich schon vor Meldung des Unfalls beim Verkehrssicherungspflichtigen zeitnah nach dem Unfall anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Unabhängig davon, ob es sich um einen Verkehrsunfall oder den Sturz eines Passanten handelt, stehen grund-sätzlich Ansprüche wegen der Beschädigung des Pkw oder der Kleidung etc. (Schadensersatzansprüche) und Ansprüche wegen der erlittenen Gesundheitsschäden (Schmerzensgeld) einschließlich des Ersatzes von Zuzah-lungen für Behandlungen, Fahrtkosten etc. im Raum. Darüber hinaus hat der Geschädigte gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltsgebühren, sodass - eine vollumfängliche Haftung der jeweiligen Gegenseite vorausgesetzt - solche Unfälle beim Anwalt auch kostenneutral für den Ge-schädigten abgewickelt werden können.

Rechtsanwalt Martin Jensch
Fachanwalt für Medizinrecht
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