Testament im Original verschwunden – reicht Kopie aus?

19.01.2016, Autor: Frau Iris Koppmann / Lesedauer ca. 2 Min. (318 mal gelesen)
Ein grundsätzliches Problem bei Privattestamenten, die Zuhause oder an einem privaten Ort aufbewahrt werden, besteht darin, dass sie verloren gehen können. Die Frage ist, wenn im besten Fall noch eine Kopie existiert, ob diese Kopie vom Nachlassgericht akzeptiert werden muss bzw. kann.

Ein grundsätzliches Problem bei Privattestamenten, die Zuhause oder an einem privaten Ort aufbewahrt werden, besteht darin, dass sie verloren gehen können. Die Frage ist, wenn im besten Fall noch eine Kopie existiert, ob diese Kopie vom Nachlassgericht akzeptiert werden muss bzw. kann.

Grundsätzlich gilt beim Nachlassgericht für die Feststellung des Erbrechts das so genannte Strengbeweisverfahren. Der Strengbeweis bezeichnet die Feststellung eines Sachverhalts durch ein Gericht in einem formalisierten Verfahren mit begrenzten Beweismittel. Beim Nachlassgericht ist dieses Beweismittel zur Feststellung des Erbrechts bei der gewillkürten Erbfolge das Testament und der Erbvertrag. Erforderlich hierfür ist das Original. So hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass die Fotokopie eines Testaments als solche nicht die Anforderungen an ein formgültiges privatschriftliches Testament erfüllt. Allein aus einer vorgelegten Testamentskopie kann ein Erbrecht daher nicht abgeleitet werden. Das ändert aber nichts daran, dass auf andere Weise der  Nachweis geführt werden kann, dass der Erblasser ein formgerechtes Testament mit dem aus der Kopie ersichtlichen Inhalt errichtet hat. An die Beweisführung, bei der die Feststellungslast nach allgemeinen Regeln den vom Testament begünstigten obliegt, sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Ist der Beweis der formgültigen Errichtung und des genauen Inhalts der Verfügung erbracht, ist die  Rechtslage nicht anders als bei Vorlage eines Testaments in Urschrift zu beurteilen. Ein formgültiges Testament behält seine Wirkung so lange, bis es vom Erblasser wirksam widerrufen wird. Hat der Erblasser die Urkunde vernichtet, so wird zwar vermutet, dass er damit die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe (§ 2255 S. 2 BGB). Bevor diese Vermutung eingreift, müssen jedoch ihre Voraussetzungen feststehen. Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit der Urkunde besagt für sich allein noch nichts; sie begründet insbesondere keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist. Die Erteilung eines Erbscheins beim Nachweis der Errichtung eines formwirksamen Testaments darf deshalb nicht verweigert werden, weil ein Ausnahmetatbestand – Widerruf dieses Testaments – zwar nicht feststellbar ist, aber auch nicht widerlegt werden kann.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 08.10.2015, Aktenzeichen: 11 Wx 78/14, hat in dem zugrundeliegenden Fall, wo die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament handschriftlich errichtet hatten, in dem das Originaltestament nach Versterben des Ehemannes nicht mehr auffindbar war und somit die überlebende Ehefrau und Alleinerbin lediglich die Kopie vorlegen konnte, entschieden, dass das Nachlassgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht ausnahmsweise zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet ist und somit andere Beweismittel herbeiziehen kann. Im vorliegenden Fall hatte die Ehefrau und potenzielle Erbin im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung erklärt, dass sie nicht mehr im Besitz des Originaltestaments sei, das Testament mit dem Erblasser gemeinsam errichtet zu haben und die Unterschrift vom Erblasser stamme.

Auf dieser Grundlage hatte das Nachlassgericht einen Erteilungsbeschluss zugunsten der überlebenden Ehefrau als Alleinerbin erlassen. Der Nachweis des Erbrechts der Ehefrau war somit durch Vorlage der Kopie des Testaments und der eidesstattlichen Versicherung erbracht.

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