Es geht auch ohne Quote - Erbschein ohne Angabe der Erbquoten
02.02.2016, Autor: Frau Kerstin Prange / Lesedauer ca. 5 Min. (4112 mal gelesen)
Seit dem 17.08.2015 kann ein quotenloser gemeinschaftlicher Erbschein beantragt werden. Dies führt zu einer Beschleunigung und Verbilligung Erbscheinsverfahren.
Bei Anträgen auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbschein war bisher die Angabe der Erbquoten der Miterben erforderlich. Darauf kann seit 17.8.2015 verzichtet werden.
Bisher mussten im Erbscheinsantrag die Erbquoten angegeben werden.
Bis zum Sommer 2015 regelte der alte § 2357 BGB dass im Antrag auf Erteilung eines Erbscheins und im Erbschein selber, stets die Erben mit den auf sie entfallenden Erbquoten anzugeben sind. Wer es seinen Erben leicht machen wollte, der legte in seinem Testament also fest, wer mit welchem Anteil Erbe wird. Machte Großvater alles richtig, bestimmte er also zum Beispiel, dass sein Enkel Peter ½ des Nachlasses bekommt und die weitere Hälfte an den Tierschutzverein gehen soll.
Doch leider denken die meisten Menschen nicht in Bruchteilen, sondern in Nachlassgegenständen. Oft trifft der Anwalt daher auf Testamente, in denen der Erblasser seinen Nachlass dergestalt auf zehn Erben verteilt, dass er jedem Erben einen bestimmten Gegenstand zuweist. Und nun? Wer ist nun zu welcher Quote Erbe geworden?
Bisher mussten im Zweifel der gesamte Nachlass und jedes Einzelstück bewertet und daraus Erbquoten errechnet werden. Sehr oft mussten dafür Sachverständigengutachten eingeholt werden. Das war nicht nur teuer, sondern auch sehr zeitaufwendig. Auch wenn sich Miterben einig waren, konnten sie in den meisten Fällen mangels Erbschein kein Geld aus dem Nachlass verwenden und über den Nachlass nicht verfügen. Selbst wenn sich die Erben auf Erbquoten geeinigt hatten, konnte sich das Nachlassgericht bisher auf § 26 FamFG (Amtsermittlung) berufen und von sich aus die Quoten ermitteln. Oder das Nachlassgericht zog sich darauf zurück, dass das Erbrecht und somit die Quoten einer Einigung der Erben nicht zugänglich sind, und bestand auf der Bewertung des Nachlasses. Das war eine unbefriedigende Lösung.
Es geht auch ohne Quote
Seit dem 17.08.2015 ist die Sache etwas einfacher geworden. § 352 a Abs. 2 FamFG regelt nun, dass die Angabe der Erbteile nicht erforderlich ist, wenn alle Antragsteller in dem Erbscheinsntrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten.“ Der Antrag und der Erbschein weisen im Falle des § 352 a Abs. 2 FamFG also lediglich aus, dass der Erblasser von A, B und C beerbt worden ist. Die Erbquoten bleiben offen. Es bleibt den Miterben überlassen, sich intern über die Aufteilung des Nachlasses zu einigen. Ob das gelingt, wird bei der Antragstellung in dem meisten Fällen nicht absehbar sein, so dass der quotenlose Erbschein einerseits verlockend, andererseits auch streitträchtig ist, wie dieser Beitrag noch zeigen wird.
Was muss ich machen um einen Erbschein ohne Quoten zu erhalten?
Wie bei jedem Erbschein muss auch für den quotenlosen Erbschein beim Nachlassgericht oder beim Notar ein Erbschein beantragt werden. Wenn alle Miterben die Erbschaft annehmen, die für die Erteilung des Erbscheins erforderliche eidesstattliche Versicherung abgeben und den Erbscheinsantrag ohne Quote stellen, ist der Antrag auf den quotenlosen Erbschein unproblematisch. Da aber jeder Miterbe auch allein einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen kann, stell sich die Frage, ob damit ein einzelner Erbe der Erbengemeinschaft, wohlmöglich gegen den Willen der Miterben, einen quotenlosen Erbschein aufdrängen kann.
Nach § 352 a Abs. 3 Satz 1 FamFG muss Antrag eines Miterben die Angabe enthalten, dass die übrigen Miterben die Erbschaft angenommen haben. Nach § 352 a Abs. 3 Satz 2 FamFG soll der Antragsteller bzgl. der übrigen Angaben zudem eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Der Erbe, der den Antrag auf die Erteilung eines quotenlosen Erbscheins stellt, müsste damit versichern, dass die anderen Miterben auf die Aufnahme der Quoten in den Erbschein verzichten. Eidesstattlich versichern kann man im Erbscheinverfahren nur etwas, was sich nicht anderweitig nachweisen lässt. Ob die andren Erben auf die Quote verzichten oder nicht, lässt sich aber leicht klären, man kann die anderen Erben ja einfach anhören. Da die Tragweite des Verzichts zudem groß ist, kann eine Versicherung allein eines Miterben nicht genügt kann.
Ein Miterbe kann daher zwar allein einen gemeinschaftlichen quotenlosen Erbschein für alle Miterben beantragen, die weiteren Miterben müssen den Verzicht auf die Quote aber ausdrücklich ebenfalls gegenüber dem Nachlassgericht erklären.
Können die Quoten nachträglich noch aufgenommen werden?
Was aber passiert, wenn sich die Erben nach Erteilung des quotenlosen Erbscheins nicht über die Beteiligung am Nachlass einigen können. Kann ein Miterbe im Streitfall gegen den Widerspruch der anderen Miterben nachträglich den Antrag stellen, dass ein Erbschein mit Quoten erteilt wird?
Der Verzicht auf die Aufnahme der Erbquoten ist bis zur Erteilung des Erbscheins widerruflich, danach unwiderruflich. Schon dieser Umstand spricht dafür, dass die Erben nach Erteilung des quotenlosen Erbscheins keinen neuen Erbschein mit Quoten beantragen können und zwar auch dann nicht, wenn eine Einigung über die Beteiligung am Nachlass unter den Erben nicht möglich ist.
Auch kann der quotenlose Erbschein nicht deswegen nach § 2361 Abs. 1 BGB eingezogen werden weil die Quote fehlt, denn das war wegen § 352 a Abs. 2 Satz 2 FamFG ja gerade zulässig. Dass A, B und C Miterben sind, ist auch später noch richtig.
Dies alles spricht dafür, dass eine Neuerteilung des Erbscheins mit Quoten nicht möglich ist. Das alte Erteilungsverfahren ist abgeschlossen und der quotenlose Erbschein kann nicht eingezogen werden. Wenn der Verzicht der Erben auf die Quote wirksam war, ist ein Antrag auf einen Erbschein mit Quoten mit großer Wahrscheinlichkeit unzulässig.
Denkbar wäre jedoch, dass der bereits erteilte quotenlose Erbschein nachdem nachträglich ein Beweisverfahren durchgeführt und die Erbquoten durch Vorlage von Wertgutachten festgestellt wurden, um die Erbquoten ergänzt wird. Die Zulässigkeit von Ergänzungen des Erbscheins ist gesetzlich nicht geregelt,gleichwohl ist die Eränzung durchaus übliche Praxis der Nachlassgerichte.
Er ist daher durchaus denkbar, dass auf Antrag aller oder einzelner Miterben eine Ergänzung des quotenlosen Erbscheins um die Erbquoten zulässig und vom Nachlassgericht akzeptiert wird.
Fazit
Seit dem 17.08.2015 kann ein quotenloser gemeinschaftlicher Erbschein beantragt werden. Er beschleunigt und verbilligt das Erbscheinsverfahren.
Da der quotenlose Erbschein aber noch jung ist und eine gesicherte Rechtsprechung - gerade auch zur Frage der Ergänzung - noch nicht vorliegt, sollte der Antrag auf einen quotenlosen Erbschein zur Zeit nur dann gestellt werden, wenn sich alle Miterben zuvor intern darüber geeinigt haben, wie der Nachlass unter den Erben verteilt werden soll. Eine solche interne Einigung kann zum Beispiel im Wege eines Testamentsauslegungsvertrages erfolgen.
Wenn Sie Fragen zum Thema Erbschein und zum Testamentsauslegungsvertrag haben, sprechen Sie uns gerne an.
Rechtsanwältin
Kerstin Prange
Kaiser-Wilhelm-Straße 89
20355 Hamburg
Tel. 040 37519135
Bei Anträgen auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbschein war bisher die Angabe der Erbquoten der Miterben erforderlich. Darauf kann seit 17.8.2015 verzichtet werden.
Bisher mussten im Erbscheinsantrag die Erbquoten angegeben werden.
Bis zum Sommer 2015 regelte der alte § 2357 BGB dass im Antrag auf Erteilung eines Erbscheins und im Erbschein selber, stets die Erben mit den auf sie entfallenden Erbquoten anzugeben sind. Wer es seinen Erben leicht machen wollte, der legte in seinem Testament also fest, wer mit welchem Anteil Erbe wird. Machte Großvater alles richtig, bestimmte er also zum Beispiel, dass sein Enkel Peter ½ des Nachlasses bekommt und die weitere Hälfte an den Tierschutzverein gehen soll.
Doch leider denken die meisten Menschen nicht in Bruchteilen, sondern in Nachlassgegenständen. Oft trifft der Anwalt daher auf Testamente, in denen der Erblasser seinen Nachlass dergestalt auf zehn Erben verteilt, dass er jedem Erben einen bestimmten Gegenstand zuweist. Und nun? Wer ist nun zu welcher Quote Erbe geworden?
Bisher mussten im Zweifel der gesamte Nachlass und jedes Einzelstück bewertet und daraus Erbquoten errechnet werden. Sehr oft mussten dafür Sachverständigengutachten eingeholt werden. Das war nicht nur teuer, sondern auch sehr zeitaufwendig. Auch wenn sich Miterben einig waren, konnten sie in den meisten Fällen mangels Erbschein kein Geld aus dem Nachlass verwenden und über den Nachlass nicht verfügen. Selbst wenn sich die Erben auf Erbquoten geeinigt hatten, konnte sich das Nachlassgericht bisher auf § 26 FamFG (Amtsermittlung) berufen und von sich aus die Quoten ermitteln. Oder das Nachlassgericht zog sich darauf zurück, dass das Erbrecht und somit die Quoten einer Einigung der Erben nicht zugänglich sind, und bestand auf der Bewertung des Nachlasses. Das war eine unbefriedigende Lösung.
Es geht auch ohne Quote
Seit dem 17.08.2015 ist die Sache etwas einfacher geworden. § 352 a Abs. 2 FamFG regelt nun, dass die Angabe der Erbteile nicht erforderlich ist, wenn alle Antragsteller in dem Erbscheinsntrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten.“ Der Antrag und der Erbschein weisen im Falle des § 352 a Abs. 2 FamFG also lediglich aus, dass der Erblasser von A, B und C beerbt worden ist. Die Erbquoten bleiben offen. Es bleibt den Miterben überlassen, sich intern über die Aufteilung des Nachlasses zu einigen. Ob das gelingt, wird bei der Antragstellung in dem meisten Fällen nicht absehbar sein, so dass der quotenlose Erbschein einerseits verlockend, andererseits auch streitträchtig ist, wie dieser Beitrag noch zeigen wird.
Was muss ich machen um einen Erbschein ohne Quoten zu erhalten?
Wie bei jedem Erbschein muss auch für den quotenlosen Erbschein beim Nachlassgericht oder beim Notar ein Erbschein beantragt werden. Wenn alle Miterben die Erbschaft annehmen, die für die Erteilung des Erbscheins erforderliche eidesstattliche Versicherung abgeben und den Erbscheinsantrag ohne Quote stellen, ist der Antrag auf den quotenlosen Erbschein unproblematisch. Da aber jeder Miterbe auch allein einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen kann, stell sich die Frage, ob damit ein einzelner Erbe der Erbengemeinschaft, wohlmöglich gegen den Willen der Miterben, einen quotenlosen Erbschein aufdrängen kann.
Nach § 352 a Abs. 3 Satz 1 FamFG muss Antrag eines Miterben die Angabe enthalten, dass die übrigen Miterben die Erbschaft angenommen haben. Nach § 352 a Abs. 3 Satz 2 FamFG soll der Antragsteller bzgl. der übrigen Angaben zudem eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Der Erbe, der den Antrag auf die Erteilung eines quotenlosen Erbscheins stellt, müsste damit versichern, dass die anderen Miterben auf die Aufnahme der Quoten in den Erbschein verzichten. Eidesstattlich versichern kann man im Erbscheinverfahren nur etwas, was sich nicht anderweitig nachweisen lässt. Ob die andren Erben auf die Quote verzichten oder nicht, lässt sich aber leicht klären, man kann die anderen Erben ja einfach anhören. Da die Tragweite des Verzichts zudem groß ist, kann eine Versicherung allein eines Miterben nicht genügt kann.
Ein Miterbe kann daher zwar allein einen gemeinschaftlichen quotenlosen Erbschein für alle Miterben beantragen, die weiteren Miterben müssen den Verzicht auf die Quote aber ausdrücklich ebenfalls gegenüber dem Nachlassgericht erklären.
Können die Quoten nachträglich noch aufgenommen werden?
Was aber passiert, wenn sich die Erben nach Erteilung des quotenlosen Erbscheins nicht über die Beteiligung am Nachlass einigen können. Kann ein Miterbe im Streitfall gegen den Widerspruch der anderen Miterben nachträglich den Antrag stellen, dass ein Erbschein mit Quoten erteilt wird?
Der Verzicht auf die Aufnahme der Erbquoten ist bis zur Erteilung des Erbscheins widerruflich, danach unwiderruflich. Schon dieser Umstand spricht dafür, dass die Erben nach Erteilung des quotenlosen Erbscheins keinen neuen Erbschein mit Quoten beantragen können und zwar auch dann nicht, wenn eine Einigung über die Beteiligung am Nachlass unter den Erben nicht möglich ist.
Auch kann der quotenlose Erbschein nicht deswegen nach § 2361 Abs. 1 BGB eingezogen werden weil die Quote fehlt, denn das war wegen § 352 a Abs. 2 Satz 2 FamFG ja gerade zulässig. Dass A, B und C Miterben sind, ist auch später noch richtig.
Dies alles spricht dafür, dass eine Neuerteilung des Erbscheins mit Quoten nicht möglich ist. Das alte Erteilungsverfahren ist abgeschlossen und der quotenlose Erbschein kann nicht eingezogen werden. Wenn der Verzicht der Erben auf die Quote wirksam war, ist ein Antrag auf einen Erbschein mit Quoten mit großer Wahrscheinlichkeit unzulässig.
Denkbar wäre jedoch, dass der bereits erteilte quotenlose Erbschein nachdem nachträglich ein Beweisverfahren durchgeführt und die Erbquoten durch Vorlage von Wertgutachten festgestellt wurden, um die Erbquoten ergänzt wird. Die Zulässigkeit von Ergänzungen des Erbscheins ist gesetzlich nicht geregelt,gleichwohl ist die Eränzung durchaus übliche Praxis der Nachlassgerichte.
Er ist daher durchaus denkbar, dass auf Antrag aller oder einzelner Miterben eine Ergänzung des quotenlosen Erbscheins um die Erbquoten zulässig und vom Nachlassgericht akzeptiert wird.
Fazit
Seit dem 17.08.2015 kann ein quotenloser gemeinschaftlicher Erbschein beantragt werden. Er beschleunigt und verbilligt das Erbscheinsverfahren.
Da der quotenlose Erbschein aber noch jung ist und eine gesicherte Rechtsprechung - gerade auch zur Frage der Ergänzung - noch nicht vorliegt, sollte der Antrag auf einen quotenlosen Erbschein zur Zeit nur dann gestellt werden, wenn sich alle Miterben zuvor intern darüber geeinigt haben, wie der Nachlass unter den Erben verteilt werden soll. Eine solche interne Einigung kann zum Beispiel im Wege eines Testamentsauslegungsvertrages erfolgen.
Wenn Sie Fragen zum Thema Erbschein und zum Testamentsauslegungsvertrag haben, sprechen Sie uns gerne an.
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