Der Eingriff durch einen Assistenzarzt

06.09.2019, Autor: Herr Christoph Kleinherne / Lesedauer ca. 2 Min. (2128 mal gelesen)
Wird der Eingriff von einem ärztlichen "Anfänger" durchgeführt, muss der Krankenhausträger dem damit erhöhten Risiko durch besondere Maßnahmen begegnen.

Der Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, den Patienten nach dem anerkannten und gesicherten Standard der medizinischen Wissenschaft zu behandeln. Als Behandlungsfehler ist also jeder Verstoß gegen die Regeln und Standards der ärztlichen Wissenschaft zu verstehen.

Im Arzthaftungsprozess ist demnach zu prüfen, ob der Arzt nach den von ihm zu fordernden medizinischen Kenntnissen und Erfahrungen im konkreten Fall diagnostisch und therapeutisch vertretbar und sorgfältig vorgegangen ist, wobei immer auf den Standard zum Zeitpunkt der Behandlung abzustellen ist.

Eine Besonderheit besteht dann, wenn ein „Anfänger“, also in der Regel ein noch in der Facharztausbildung befindlicher Assistenzarzt, den Eingriff durchführt:

Gerade weil der Assistenzarzt, der selbstverständlich Erfahrungen sammeln muss, noch nicht über die medizinischen Kenntnissen eines Facharztes verfügt bzw. verfügen kann, entsteht für den Patienten ein erhöhtes Risiko. Diesem Risiko muss der Krankenhausträger nach der Rechtsprechung des Bundegerichtshofs durch „besondere Maßnahmen der Überwachung und jederzeitigen Eingriffsbereitschaft durch einen erfahrenen Arzt“ begegnen. Wird dies nicht beachtet, beispielsweise weil der „Anfänger“ bei einem Eingriff unbeaufsichtigt gelassen wird und diesen alleine ausführt, ergeben sich für den Patienten Beweiserleichterungen, denn gemäß § 630h Absatz 4 BGB wird dann „vermutet“, dass gerade die mangelnde Befähigung des Anfängers für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war. Diese „Vermutung“ muss dann von der Behandlungsseite widerlegt werden, was erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 09.01.2019, 5 U 25/18, wurde eine Herzkatheter-Untersuchung von einem Assistenzarzt durchgeführt. Dem Assistenzarzt wurde dabei nicht von einem Facharzt „über die Schulter“ geschaut. Der ausbildende Facharzt überwachte den Eingriff vielmehr von einem angrenzenden Monitorraum aus. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts war dies dennoch ausreichend, weil die Sicherheit des Patienten hierdurch nicht gefährdet worden sei.

Das Oberlandesgericht hat, sachverständig beraten, damit argumentiert, dass sich in dem speziellen Fall hinsichtlich der sofortigen Eingriffsmöglichkeiten keine Unterschiede zu der Situation ergeben hätten, dass der Ausbilder direkt neben dem Behandler am Tisch steht, insbesondere weil er über die Monitore die Möglichkeit gehabt habe, auch die inneren Vorgänge unmittelbar und selbständig zu verfolgen und sofort einzugreifen.

Der vom Oberlandesgericht entschiedene Fall zeigt, dass auf Patientenseite stets zu prüfen ist, ob der Facharztstandard nicht „nur“ wegen eines Verstoßes gegen die Regeln und Standards der ärztlichen Wissenschaft zu bejahen sein könnte sondern auch, von wem der Eingriff überhaupt durchgeführt wurde. Stellt sich dabei heraus, dass ein Anfänger tätig war, muss weiter geprüft werden, ob dem damit einhergehenden Risiko durch „besondere Maßnahmen der Überwachung und jederzeitigen Eingriffsbereitschaft durch einen erfahrenen Arzt“ begegnet wurde.

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