Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet gegenüber der KG auch ohne Anstellungsvertrag
11.06.2014, Autor: Herr Alexander Hammer / Lesedauer ca. 3 Min. (696 mal gelesen)
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet gegenüber der KG auch ohne Anstellungsvertrag.
Mit Urteil vom 18.06.2013 (Az.: II ZR 86/11) hat der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Möglichkeiten deutlich erweitert, den Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG mit Erfolg in Anspruch zu nehmen.
Dem Verfahren lag – zusammengefasst – folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine im Jahr 2004 als Publikumsgesellschaft gegründete GmbH & Co. KG, mit der Anlegern die Beteiligung an einem Musikfonds angeboten wurde, war in Insolvenz gefallen. Ihr Unternehmensgegenstand waren die Entwicklung, Produktion, Verwertung und Vermarktung sowie der Vertrieb von Ton- und Bildaufnahmen und sonstigen Medienprodukten sowie der Erwerb von Rechten an Musikproduktionen anderer und deren Verwertung. Die Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG war nicht operativ nach außen aufgetreten und ihre alleinige Aufgabe war es, für die GmbH & Co. KG zu handeln.
Der Kläger, als Insolvenzverwalter der GmbH & Co. KG, nahm den Beklagten, der bis zum Jahr 2007 (unentgeltlich) Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, auf Schadensersatz wegen der Verletzung seiner Sorgfaltspflichten beim Abschluss zweier Vereinbarungen in Anspruch. Zum einen soll er mit einem externen Dienstleister eine Honorarvereinbarung geschlossen haben, die ein Honorar vorsah, dessen Höhe in der Sache nicht angemessen und auch vom unternehmerischen Ermessen nicht gedeckt war. Zum anderen wurde ihm vorgeworfen, dass er ohne Notwendigkeit mit einer Kooperationsvereinbarung Verwertungsrechte an der Vermarktung einer Musikgruppe übertragen habe, die der GmbH & Co. KG zustanden. Durch beide Pflichtverletzungen soll der GmbH & Co. KG jeweils ein Schaden entstanden sein.
Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die vorherige Instanz (Berufungsgericht) zurückverwiesen, damit diese noch weitere Feststellungen zum Sachverhalt durch eine weitergehende Beweisaufnahme treffen kann. In rechtlicher Hinsicht hat er aber Neuland betreten und die bisherige Rechtsprechungslinie verschoben:
Anerkanntermaßen knüpft die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrages abhängig. Ein in Anspruch genommener Geschäftsführer kann sich also nicht darauf zurückziehen, dass kein Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen ihm und der (Komplementär-) GmbH abgeschlossen worden sei, denn eine Haftung folgt bereits aus seiner Organstellung.
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass in gleicher Weise der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG allein aufgrund der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zur GmbH haften kann, wenn deren alleinige oder wesentliche Aufgabe darin besteht, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen. Bisher hatte der Bundesgerichtshof für eine solche Haftung einen Anstellungs- oder Dienstvertrag zwischen dem Geschäftsführer (der Komplementär-GmbH) und der Kommanditgesellschaft zur Voraussetzung gemacht. Ein solcher ist nun nicht mehr erforderlich. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof in überzeugender Weise an, dass für den Geschäftsführer sowohl das Interesse der Komplementär-GmbH daran, dass er als ihr Geschäftsführer die Leitung der Kommanditgesellschaft im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt, als auch die Schutzbedürftigkeit der Kommanditgesellschaft, die ohne unmittelbare eigene Einwirkungsmöglichkeit auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers angewiesen ist, ohne weiteres erkennbar sind. Im Ergebnis erstreckt sich also der diesbezügliche Schutzbereich der durch die Bestellung begründeten organschaftlichen Sonderrechtbeziehung zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer auch auf die Kommanditgesellschaft.
Zur Erinnerung: Anders als bei einer gewöhnlichen Kommanditgesellschaft ist bei der GmbH & Co. KG der persönlich haftende Gesellschafter, der so genannte Komplementär, keine natürliche Person, sondern eine GmbH. Durch diesen „Kunstgriff“ gelingt die in der Praxis beliebte Haftungsbegrenzung, wobei zwingende Folge dieser gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ist, dass der Geschäftsführer immer nur mittelbar für die Kommanditgesellschaft handelt. Denn die GmbH & Co. KG wird vertreten durch die Komplementär-GmbH, welche selbst wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten wird. Im Ergebnis besteht also zwischen der Kommanditgesellschaft und dem Geschäftsführer üblicherweise keine unmittelbare Rechtsbeziehung. Dies führt dazu, dass es der Kommanditgesellschaft – rein formal betrachtet – nicht möglich wäre, den Geschäftsführer unmittelbar vertraglich in Anspruch zu nehmen. Der Bundesgerichtshof hat sich – wie dargelegt – gegen diese rein formale Betrachtungsweise ausgesprochen und eine Inanspruchnahme nun ermöglicht. Ein Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG ist dafür nicht erforderlich, denn es handelt sich nicht um Ansprüche der GmbH, sondern um solche der Kommanditgesellschaft, für die keine dem § 46 Nr. 8 GmbHG entsprechende Vorschrift besteht.
Auch die Prüfung der Haftung bzw. Verteidigung und Inanspruchnahme von Geschäftsführern und sonstigen Organen von Kapitalgesellschaften gehört zu unseren regelmäßigen Tätigkeiten. Bei Bedarf beraten und vertreten wir Sie gerne.
Alexander Hammer, LL.M., Rechtsanwalt
Mit Urteil vom 18.06.2013 (Az.: II ZR 86/11) hat der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Möglichkeiten deutlich erweitert, den Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG mit Erfolg in Anspruch zu nehmen.
Dem Verfahren lag – zusammengefasst – folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine im Jahr 2004 als Publikumsgesellschaft gegründete GmbH & Co. KG, mit der Anlegern die Beteiligung an einem Musikfonds angeboten wurde, war in Insolvenz gefallen. Ihr Unternehmensgegenstand waren die Entwicklung, Produktion, Verwertung und Vermarktung sowie der Vertrieb von Ton- und Bildaufnahmen und sonstigen Medienprodukten sowie der Erwerb von Rechten an Musikproduktionen anderer und deren Verwertung. Die Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG war nicht operativ nach außen aufgetreten und ihre alleinige Aufgabe war es, für die GmbH & Co. KG zu handeln.
Der Kläger, als Insolvenzverwalter der GmbH & Co. KG, nahm den Beklagten, der bis zum Jahr 2007 (unentgeltlich) Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, auf Schadensersatz wegen der Verletzung seiner Sorgfaltspflichten beim Abschluss zweier Vereinbarungen in Anspruch. Zum einen soll er mit einem externen Dienstleister eine Honorarvereinbarung geschlossen haben, die ein Honorar vorsah, dessen Höhe in der Sache nicht angemessen und auch vom unternehmerischen Ermessen nicht gedeckt war. Zum anderen wurde ihm vorgeworfen, dass er ohne Notwendigkeit mit einer Kooperationsvereinbarung Verwertungsrechte an der Vermarktung einer Musikgruppe übertragen habe, die der GmbH & Co. KG zustanden. Durch beide Pflichtverletzungen soll der GmbH & Co. KG jeweils ein Schaden entstanden sein.
Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die vorherige Instanz (Berufungsgericht) zurückverwiesen, damit diese noch weitere Feststellungen zum Sachverhalt durch eine weitergehende Beweisaufnahme treffen kann. In rechtlicher Hinsicht hat er aber Neuland betreten und die bisherige Rechtsprechungslinie verschoben:
Anerkanntermaßen knüpft die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrages abhängig. Ein in Anspruch genommener Geschäftsführer kann sich also nicht darauf zurückziehen, dass kein Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen ihm und der (Komplementär-) GmbH abgeschlossen worden sei, denn eine Haftung folgt bereits aus seiner Organstellung.
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass in gleicher Weise der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG allein aufgrund der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zur GmbH haften kann, wenn deren alleinige oder wesentliche Aufgabe darin besteht, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen. Bisher hatte der Bundesgerichtshof für eine solche Haftung einen Anstellungs- oder Dienstvertrag zwischen dem Geschäftsführer (der Komplementär-GmbH) und der Kommanditgesellschaft zur Voraussetzung gemacht. Ein solcher ist nun nicht mehr erforderlich. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof in überzeugender Weise an, dass für den Geschäftsführer sowohl das Interesse der Komplementär-GmbH daran, dass er als ihr Geschäftsführer die Leitung der Kommanditgesellschaft im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt, als auch die Schutzbedürftigkeit der Kommanditgesellschaft, die ohne unmittelbare eigene Einwirkungsmöglichkeit auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers angewiesen ist, ohne weiteres erkennbar sind. Im Ergebnis erstreckt sich also der diesbezügliche Schutzbereich der durch die Bestellung begründeten organschaftlichen Sonderrechtbeziehung zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer auch auf die Kommanditgesellschaft.
Zur Erinnerung: Anders als bei einer gewöhnlichen Kommanditgesellschaft ist bei der GmbH & Co. KG der persönlich haftende Gesellschafter, der so genannte Komplementär, keine natürliche Person, sondern eine GmbH. Durch diesen „Kunstgriff“ gelingt die in der Praxis beliebte Haftungsbegrenzung, wobei zwingende Folge dieser gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ist, dass der Geschäftsführer immer nur mittelbar für die Kommanditgesellschaft handelt. Denn die GmbH & Co. KG wird vertreten durch die Komplementär-GmbH, welche selbst wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten wird. Im Ergebnis besteht also zwischen der Kommanditgesellschaft und dem Geschäftsführer üblicherweise keine unmittelbare Rechtsbeziehung. Dies führt dazu, dass es der Kommanditgesellschaft – rein formal betrachtet – nicht möglich wäre, den Geschäftsführer unmittelbar vertraglich in Anspruch zu nehmen. Der Bundesgerichtshof hat sich – wie dargelegt – gegen diese rein formale Betrachtungsweise ausgesprochen und eine Inanspruchnahme nun ermöglicht. Ein Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG ist dafür nicht erforderlich, denn es handelt sich nicht um Ansprüche der GmbH, sondern um solche der Kommanditgesellschaft, für die keine dem § 46 Nr. 8 GmbHG entsprechende Vorschrift besteht.
Auch die Prüfung der Haftung bzw. Verteidigung und Inanspruchnahme von Geschäftsführern und sonstigen Organen von Kapitalgesellschaften gehört zu unseren regelmäßigen Tätigkeiten. Bei Bedarf beraten und vertreten wir Sie gerne.
Alexander Hammer, LL.M., Rechtsanwalt