Patientenverfügung

26.12.2022, Autor: Herr Martin Stier / Lesedauer ca. 4 Min. (250 mal gelesen)
Patientenverfügung bringt den Patientenwillen verbindlich zum Ausdruck für den Fall, dass der Patient in seiner Äußerungsfähigkeit beeinträchtigt ist

Was versteht man unter einer Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung betrifft medizinische Entscheidungen. Sie ist keine Vollmacht, die den Bevollmächtigten zur Vornahme von Rechtsgeschäften ermächtigt. § 1901a BGB enthält eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung.

Bei der Patientenverfügung handelt es sich um die vorweggenommene Erteilung oder Verweigerung einer Einwilligung in eine ärztliche Behandlung oder Betreuung.

Entscheidend ist, dass jemand zu einem Zeitpunkt unbeschränkter Äußerungs- und Einwilligungsfähigkeit eine Regelung trifft für den späteren Fall der Einsichts-, Einwilligungs- oder Äußerungsunfähigkeit.

Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten steht an erster Stelle. Die Betroffenen sollen die Möglichkeit haben, das Ob und das Wie einer eventuell erforderlichen medizinischen Behandlung festzulegen, insbesondere was den Abbruch lebenserhaltender oder  lebensverlängernder Maßnahmen angeht.  
 

Was regelt eine Patientenverfügung?

In der Patientenverfügung bestimmt der Erklärende, welche medizinischen Maßnahmen im Ernstfall durchgeführt oder unterlassen werden sollen.

Was regelt die Patientenverfügung nicht?

Die Patientenverfügung regelt nicht, welche Personen, die sich aus der Patientenverfügung ergebenden Entscheidungen treffen sollen und die dazu berufen sind, den Patientenwillen in die Tat umzusetzen. Das alles kann in einer Vorsorgevollmacht (Altersvorsorgevollmacht) festgelegt werden.

Der in einer Vorsorgevollmacht bestimmte Vertreter ist kein Betreuer. Durch die Erstellung einer Vorsorgevollmacht kann die gerichtliche Bestellung eines Betreuers überflüssig werden (§ 1896 Abs. 2 (2) BGB. Die private Selbstbestimmung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge.

 
Voraussetzungen

Die Patientenverfügung bedarf der Schriftform. Das bedeutet, es muss ein Text erstellt werden und dieser Text muss eigenhändig vom Erklärenden unter Angabe des Datums eigenhändig unterschrieben werden. 

Nicht der Text an sich, sondern die diesen abschließende eigenhändige Unterschrift kennzeichnet nach § 126 Abs. 1 BGB die Schriftform. Eine notarielle Beurkundung der Patientenverfügung ist grundsätzlich nicht erforderlich.

Die Beurkundung der Vollmacht bei enem Notar hat aber den Vorteil, dass sich der Notar im Zuge der Beurkundung einen persönlichen Eindruck vom geistigen Zustand des Erklärenden verschafft. Damit kann man später vorgebrachten Zweifeln an der bestehenden Einwilligungsfähigkeit des Erklärenden entgegen wirken.

Der Erklärende muss volljährig sein und einwilligungsfähig. An letzterem fehlt es z.B. bei aufgetretener Demenz. Eine ärztliche Beratung ist in diesem Zusamenhang jedoch nicht erforderlich. 

Der Inhalt der Patientenverfügung muss hinrichend bestimmt sein, was die gewünschten oder die abgelehnten ärztliche Maßnahmen anbelangt und auch im Hinblick auf die Behandlungssituation und auch ebenso in Bezug auf damit einhergehenden Konsequenzen. Nur dann kommt die Bindungswirkung der Patientenverfügung zum Tragen.

Das ist besonders wichtig, wenn es um den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen geht. Genau diese Soreg ist in den meisten Fällen der Antrieb für die Errichtung einer Patientenverfügung. Das ist die Haupptsorge der meisten Menschen. 

Die Äußerung des Wunsches, in Würde sterben zu dürfen ist jedoch viel zu unbestimmt und beinhaltet keinen Behandlungswunsch für eine bestimmte Behandlungssituation.

Dasselbe gilt für den geäußerten Wunsch nach Abbruch einer Behandlung, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Solche unbestimmten Formulierungen helfen später der zur Entscheidung berufenen Person nicht weiter.  

Die Patientenverfügung bringt den Willen des Patienten zum Ausdruck und an den ist der behandelnde Arzt nach § 630d BGB gebunden.

Die Patientenverfügung sollte ebenso wie eine Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister registriert werden. Das kostet eine einmalige Gebühr von derzeit 17,00 EUR. Ärzte haben Zugriff auf das Register und können sich über die Existenz einer Patientenverfügung und deren Inhalt informieren (Näheres dazu: vorsorgeregister.de).
 
Was geschieht im Ernstfall auf Grundlage einer Patientenverfügung?

Der behandelnde Arzt prüft, welche konkreten medizinischen Maßnahmen im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten angemessen sind. Diese Möglichkeiten erörtert er dann mit dem Patientenvertreter (Betreuer oder Bevollmächtigten des Patienten). Auf Grundlage des Arztgesprächs entscheidet dann der Betreuer oder Bevollmächtigte, ob die vorgeschlagene Behandlung dem in der Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachten Willen Geltung verschafft oder ob der aus der Patientenverfügung zum Ausdruck kommende Wille der Behandlung entgegensteht. Nahe Angehörige können gefragt werden, aber diese haben kein Mitentscheidungsrecht.   

 
Wie lange ist eine Patientenverfügung gültig?

Eine Patientenverfügung kann vom Betroffenen jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf bedarf keiner Form.

Eine Patientenverfügung sollte regelmäßig geprüft und gegebenfalls korrigiert und oder bestätigt werden. Wer in jungen Jahren eine Patientenverfügung aufgesetzt hat, der miss den medizinischen Fortschritt auch in der Patientenverfügung nachvollziehen. Unter Umständen folgen aus Veränderungen in der Lebenssituation auch Änderungswünsche in der Person des Betreuers oder Bevollmächtigten.

Wird eine Patientenverfügung ab Januar 2023 für Eheleute/Lebenspartnerschaften überflüssig?

Ab Januar 2023 können sich Eheleute und eingetragene Lebenspartner gemäß § 1358 BGB in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge gegenseitig vertreten. Das ist ausdrücklich vorgesehen für medizinische Notfälle, also immer dann, wenn einer von beiden infolge Bewußtlosigkeit oder Krankheit an der Wahrnehmung seiner Gesundheitsangelegenheiten gehindert sein sollte. Diese Befugnis gilt nur zeitlich befristet, nämlich höchstens für die Dauer von sechs Monaten nach jedem eingetretenen Notfall.

Durch diese gesetzliche Regelung werden weder Patientenverfügung noch Vorsorgevollmacht überflüssig, denn die Befugnis ist zum einen beschränkt auf Notfälle und zum anderen zeitlich befristet für längstens sechs Monate.

Wichtig: Viele Eheleute wünschen sich als Patientenvertreter ganz bewußt eine andere Person als den eigenen Ehegatten. Grund dafür kann zum einen Misstrauen sein, denn wer möchte gern Leib und Leben in die Hand einer Person legen, die als Erbe von einem früheren Todeszeitpunkt wirtschaftlich profitieren würde. Der häufigste Beweggrund dürfte jedoch darin bestehen, dass man sich von einer fremden Person im Ernstfall eine emotionslosere und abgeklärtere Handlungsweise erwartet als vom eigenen Ehegatten.

Diese Notvertretung gilt nicht für getrenntlebende Paare und ebenfalls nicht, wenn einer der Partner einer Notfallvertretung duch den Ehegatten/Lebenspartner ausdrücklich widersprochen hat. Ein solcher Widerspruch gegen die gesetzliche Notfallvertretung sollte auf jeden Fall im Zentralen Vorsorgeregister eingetragen werden (siehe oben).

Die gesetzliche Regelung in § 1358 BGB git ausschließlich für Eheleute und Lebenspartner. Verwandte, wie Eltern und Kinder, sind nicht angesprochen. Wer Verwandte bevorzugt, der ist in Bezug auf eine Vertretungsbefugnis darauf angewiesen, Fragen der Gesundheitsfürsorge in einer Patientenverfügung zu regeln.

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