Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und deren Beweiswert
12.02.2025, Autor: Frau Cátia Sofia Dileone das Neves Sequeira / Lesedauer ca. 2 Min. (91 mal gelesen)
Die Anzahl krankheitsbedingter Fehltage wurde in Deutschland zuletzt wieder häufig in den Medien thematisiert. Arbeitgeber hatten bisher nur begrenzte Möglichkeiten, gegen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorzugehen – selbst bei begründeten Zweifeln an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern. Die Rechtsprechung entwickelt sich jedoch weiter und eröffnet Arbeitgebern neue Ansätze, um gegen missbräuchliche Krankschreibungen vorzugehen (zuletzt Bundesarbeitsgericht (BAG) Urteil vom 18. September 2024, Az.: 5 AZR 29/24).
AU als Beweismittel
Im Fall einer Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dafür verantwortlich, diese nachzuweisen. Dies erfolgt in der Regel durch die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Wenn jedoch der Arbeitgeber an der Arbeitsunfähigkeit zweifelt, ist er verpflichtet, Tatsachen vorzubringen, die die Richtigkeit der AU ernsthaft angreifen. Gelingt ihm dies, liegt es wieder beim Arbeitnehmer oder bei der Arbeitnehmerin, den Nachweis zu erbringen, dass er bzw. sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war.
Worum ging es vor dem BAG?
Im aktuellen Fall des BAG ging es um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitnehmer kündigte am 29. April 2022 – einem Freitag – zu Ende Mai und erschien ab dem folgenden Montag nicht mehr zur Arbeit. Stattdessen legte er eine Krankschreibung vor. Diese galt zunächst bis zum 13. Mai, dann bis zum 31. Mai. Am 1. Juni begann der Arbeitnehmer eine neue Stelle bei einem Konkurrenzunternehmen. Der bisherige Arbeitgeber zahlte im Mai keine Lohnfortzahlung, woraufhin der Arbeitnehmer klagte.
BAG: keine Entgeltfortzahlung bei auffälliger Koinzidenz
Das BAG entschied schon 2021, dass der Beweiswert einer AU erschüttert werden kann, wenn diese exakt die Kündigungsfrist abdeckt (BAG, Urteil v. 08. September 2021, Az.: 5 AZR 149/21). Damals reichte der Arbeitnehmer die AU gleichzeitig mit seiner Kündigung ein, gültig bis zum Ende der Kündigungsfrist. Diese Rechtsprechung wurde im aktuellen Fall bestätigt – der Arbeitgeber verweigerte nach Ansicht des BAG auch hier zu Recht die Entgeltfortzahlung.
Das Gericht weist darauf hin, dass eine plötzliche Krankheit nach einer Kündigung Verdacht erregen kann, besonders wenn die Krankmeldung und die Kündigungsfrist zeitlich übereinstimmen. In diesem Fall kann der Arbeitgeber seine Zweifel an der AU begründen und auf die auffällige zeitliche Übereinstimmung verweisen.
Sollte eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer zudem während einer attestierten Krankheit Tätigkeiten ausführen, die im Widerspruch zur Krankschreibung stehen, kann dies ebenfalls den Beweiswert der AU mindern. Im konkreten Fall kam hier erschwerend hinzu, dass der Arbeitnehmer bereits Tätigkeiten für seinen zukünftigen Arbeitgeber übernommen hatte.
Was bedeutet das Urteil des BAG für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?
Eine AU bietet in der Regel nach wie vor einen gewissen Schutz vor Zweifeln. Allerdings stellt sie keinen absoluten Beweis dar. Sollte der Arbeitgeber den Beweiswert einer AU mit guten Gründen hinterfragen, liegt es an der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer, die Erkrankung glaubhaft nachzuweisen. Insbesondere bei zeitlichen Auffälligkeiten, wie etwa einer Krankschreibung während der Kündigungsfrist, können Zweifel an der vorgelegten AU gerechtfertigt sein.
Folgen für die Praxis
In vielen Fällen reicht die Vorlage einer AU weiterhin aus. Es kann jedoch zusätzlich erforderlich sein, weitere Nachweise zu erbringen, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu bestätigen.
Das Bundesarbeitsgericht ermöglicht es Arbeitgebern, den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu hinterfragen. Ein zeitlicher Zusammenhang kann bei einer kritischen Gesamtwürdigung ausschlaggebend sein.
Sie benötigen Beratung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall? Kontaktieren Sie mich gerne! Ich berate Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu allen arbeitsrechtlichen Themen. Sie erreichen mit unter der 040/ 413 46 98 97 oder per E-Mail info@cs-ra.de.
AU als Beweismittel
Im Fall einer Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dafür verantwortlich, diese nachzuweisen. Dies erfolgt in der Regel durch die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Wenn jedoch der Arbeitgeber an der Arbeitsunfähigkeit zweifelt, ist er verpflichtet, Tatsachen vorzubringen, die die Richtigkeit der AU ernsthaft angreifen. Gelingt ihm dies, liegt es wieder beim Arbeitnehmer oder bei der Arbeitnehmerin, den Nachweis zu erbringen, dass er bzw. sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war.
Worum ging es vor dem BAG?
Im aktuellen Fall des BAG ging es um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitnehmer kündigte am 29. April 2022 – einem Freitag – zu Ende Mai und erschien ab dem folgenden Montag nicht mehr zur Arbeit. Stattdessen legte er eine Krankschreibung vor. Diese galt zunächst bis zum 13. Mai, dann bis zum 31. Mai. Am 1. Juni begann der Arbeitnehmer eine neue Stelle bei einem Konkurrenzunternehmen. Der bisherige Arbeitgeber zahlte im Mai keine Lohnfortzahlung, woraufhin der Arbeitnehmer klagte.
BAG: keine Entgeltfortzahlung bei auffälliger Koinzidenz
Das BAG entschied schon 2021, dass der Beweiswert einer AU erschüttert werden kann, wenn diese exakt die Kündigungsfrist abdeckt (BAG, Urteil v. 08. September 2021, Az.: 5 AZR 149/21). Damals reichte der Arbeitnehmer die AU gleichzeitig mit seiner Kündigung ein, gültig bis zum Ende der Kündigungsfrist. Diese Rechtsprechung wurde im aktuellen Fall bestätigt – der Arbeitgeber verweigerte nach Ansicht des BAG auch hier zu Recht die Entgeltfortzahlung.
Das Gericht weist darauf hin, dass eine plötzliche Krankheit nach einer Kündigung Verdacht erregen kann, besonders wenn die Krankmeldung und die Kündigungsfrist zeitlich übereinstimmen. In diesem Fall kann der Arbeitgeber seine Zweifel an der AU begründen und auf die auffällige zeitliche Übereinstimmung verweisen.
Sollte eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer zudem während einer attestierten Krankheit Tätigkeiten ausführen, die im Widerspruch zur Krankschreibung stehen, kann dies ebenfalls den Beweiswert der AU mindern. Im konkreten Fall kam hier erschwerend hinzu, dass der Arbeitnehmer bereits Tätigkeiten für seinen zukünftigen Arbeitgeber übernommen hatte.
Was bedeutet das Urteil des BAG für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?
Eine AU bietet in der Regel nach wie vor einen gewissen Schutz vor Zweifeln. Allerdings stellt sie keinen absoluten Beweis dar. Sollte der Arbeitgeber den Beweiswert einer AU mit guten Gründen hinterfragen, liegt es an der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer, die Erkrankung glaubhaft nachzuweisen. Insbesondere bei zeitlichen Auffälligkeiten, wie etwa einer Krankschreibung während der Kündigungsfrist, können Zweifel an der vorgelegten AU gerechtfertigt sein.
Folgen für die Praxis
In vielen Fällen reicht die Vorlage einer AU weiterhin aus. Es kann jedoch zusätzlich erforderlich sein, weitere Nachweise zu erbringen, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu bestätigen.
Das Bundesarbeitsgericht ermöglicht es Arbeitgebern, den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu hinterfragen. Ein zeitlicher Zusammenhang kann bei einer kritischen Gesamtwürdigung ausschlaggebend sein.
Sie benötigen Beratung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall? Kontaktieren Sie mich gerne! Ich berate Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu allen arbeitsrechtlichen Themen. Sie erreichen mit unter der 040/ 413 46 98 97 oder per E-Mail info@cs-ra.de.