Bewerbung über eBay-Kleinanzeigen: Entschädigung wegen Diskriminierung?
07.02.2023, Autor: Frau Cátia Sofia Dileone das Neves Sequeira / Lesedauer ca. 3 Min. (181 mal gelesen)
Wer neue Mitarbeiter:innen sucht, muss sich etwas einfallen lassen. Immer mehr Unternehmen schalten Stellenanzeigen daher auf Online-Portalen wie beispielsweise eBay-Kleinanzeigen. Bewerber nutzen zur Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen dann gerne die Chat-Funktion, die das Portal zur Verfügung stellt. Gelten sie dann aber auch als „echte“ Bewerber mit der Folge, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anwendbar ist? Können sie dann auch eine Entschädigung verlangen, falls es im Chatverlauf zu einer Diskriminierung kommt? Diese Fragen hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein bejaht (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 21.06.2022, Az.: 2 Sa 21/22).
Chat-Funktion für Bewerbung genutzt: AGG anwendbar?
Ein Unternehmen hatte auf eBay-Kleinanzeigen eine Stelle ausgeschrieben. Nach dem Wortlaut war eindeutig eine „Sekretärin“ gesucht. Über die Chat-Funktion des Portals meldete sich ein Mann bei dem Unternehmen und gab an, dass er sich für diese Stelle bewerbe. Er verwies im Chat auf seine Büroerfahrung sowie seine Excel- und Word-Kenntnisse. Außerdem könne er Lieferscheine und Rechnungen schreiben und sei auch sonst für die klassischen Sekretariatsaufgaben geeignet.
Das Unternehmen lehnte diese Bewerbung – ebenfalls im Chat – mit der Begründung ab, dass für die Stelle lediglich eine Frau in Betracht käme.
Der Bewerber beschwerte sich darüber telefonisch beim Unternehmen wegen Diskriminierung. Auch das war allerdings erfolglos.
Schließlich forderte er vom Unternehmen eine Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von 7.800 EUR. Das entspricht drei Bruttomonatsgehältern in Höhe von 2.600 EUR und damit der Höchstgrenze nach § 15 Abs. 2 AGG. Darauf ließ sich das Unternehmen nicht ein. Sowohl die Bewerbung selbst als auch die Entschädigungsforderung sei rechtsmissbräuchlich. Der Bewerber habe seine Bewerbung nicht ernst gemeint und noch nicht einmal die üblichen Unterlagen eingereicht. Jedenfalls aber habe er den Entschädigungsanspruch fehlerhaft berechnet. Für die Stelle würde das Unternehmen höchstens 1.200 EUR brutto monatlich zahlen.
Mit seiner Klage war der Bewerber vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erfolglos. Daher legte er Berufung beim LAG Schleswig-Holstein ein.
LAG Schleswig-Holstein: Anspruch auf Entschädigung
Das LAG gab dem Bewerber Recht und sprach ihm die Entschädigung in der von ihm verlangten Höhe zu. Er sei durch die Kontaktaufnahme über die Chat-Funktion bei eBay-Kleinanzeigen zu einem Bewerber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG geworden. Dafür habe er auch keine weiteren Bewerbungsunterlagen einreichen müssen. Das Unternehmen habe damit rechnen müssen, dass Bewerbungen über diesen Weg eingereicht würden. Es habe sich schließlich für dieses Portal entschieden. Das Gericht wies darauf hin, dass es kein gesetzliches Mindestmaß dafür gebe, was alles in eine Bewerbung gehöre. Der oder die Bewerber:in müsse lediglich zu identifizieren sei, was hier zweifellos der Fall war.
Das Unternehmen habe den Bewerber auch wegen seines Geschlechts benachteiligt. Sowohl in der Anzeige als auch im Chat und im anschließenden Telefonat habe es deutlich gemacht, dass es ausschließlich eine Frau einstellen werde, der Bewerber also allein schon wegen seines Geschlechts ungeeignet sei.
Auch die vom Bewerber berechnete Höhe der Entschädigung befand das Gericht für angemessen. Die Entschädigung diene auch dazu, das Unternehmen anzuhalten, in Zukunft Stellen so auszuschreiben, dass sie den Anforderungen des AGG entsprechen.
Die Bewerbung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Das wäre nur der Fall, wenn der Bewerber systematisch und zielgerichtet vorgegangen sei, um in den Genuss einer Entschädigung nach AGG zu gelangen. Hier sei aber der Bewerber grundsätzlich für die Stelle geeignet gewesen. Die Angaben zu seiner hohen Qualifikation – er hatte eine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen und studierte Wirtschaftsrecht – sollten nicht dazu dienen, eine Absage zu provozieren. Vielmehr habe er für sich werben wollen, um die Stelle zu bekommen.
Rechtssicher durchs Bewerbungsverfahren
Bewerbungsverfahren halten für Bewerber:innen und für Unternehmen Tücken bereit. Wenden Sie sich bei Fragen rund um die rechtssichere Ausschreibung von Stellen gerne an mich. Und wenn Sie der Ansicht sind, dass Sie im Bewerbungsverfahren diskriminiert wurden: sprechen Sie mich an. Ich berate Sie gerne. Sie erreichen mich unter der 040/ 413 46 98 97 oder per E-Mail info@cs-ra.de.
Chat-Funktion für Bewerbung genutzt: AGG anwendbar?
Ein Unternehmen hatte auf eBay-Kleinanzeigen eine Stelle ausgeschrieben. Nach dem Wortlaut war eindeutig eine „Sekretärin“ gesucht. Über die Chat-Funktion des Portals meldete sich ein Mann bei dem Unternehmen und gab an, dass er sich für diese Stelle bewerbe. Er verwies im Chat auf seine Büroerfahrung sowie seine Excel- und Word-Kenntnisse. Außerdem könne er Lieferscheine und Rechnungen schreiben und sei auch sonst für die klassischen Sekretariatsaufgaben geeignet.
Das Unternehmen lehnte diese Bewerbung – ebenfalls im Chat – mit der Begründung ab, dass für die Stelle lediglich eine Frau in Betracht käme.
Der Bewerber beschwerte sich darüber telefonisch beim Unternehmen wegen Diskriminierung. Auch das war allerdings erfolglos.
Schließlich forderte er vom Unternehmen eine Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von 7.800 EUR. Das entspricht drei Bruttomonatsgehältern in Höhe von 2.600 EUR und damit der Höchstgrenze nach § 15 Abs. 2 AGG. Darauf ließ sich das Unternehmen nicht ein. Sowohl die Bewerbung selbst als auch die Entschädigungsforderung sei rechtsmissbräuchlich. Der Bewerber habe seine Bewerbung nicht ernst gemeint und noch nicht einmal die üblichen Unterlagen eingereicht. Jedenfalls aber habe er den Entschädigungsanspruch fehlerhaft berechnet. Für die Stelle würde das Unternehmen höchstens 1.200 EUR brutto monatlich zahlen.
Mit seiner Klage war der Bewerber vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erfolglos. Daher legte er Berufung beim LAG Schleswig-Holstein ein.
LAG Schleswig-Holstein: Anspruch auf Entschädigung
Das LAG gab dem Bewerber Recht und sprach ihm die Entschädigung in der von ihm verlangten Höhe zu. Er sei durch die Kontaktaufnahme über die Chat-Funktion bei eBay-Kleinanzeigen zu einem Bewerber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG geworden. Dafür habe er auch keine weiteren Bewerbungsunterlagen einreichen müssen. Das Unternehmen habe damit rechnen müssen, dass Bewerbungen über diesen Weg eingereicht würden. Es habe sich schließlich für dieses Portal entschieden. Das Gericht wies darauf hin, dass es kein gesetzliches Mindestmaß dafür gebe, was alles in eine Bewerbung gehöre. Der oder die Bewerber:in müsse lediglich zu identifizieren sei, was hier zweifellos der Fall war.
Das Unternehmen habe den Bewerber auch wegen seines Geschlechts benachteiligt. Sowohl in der Anzeige als auch im Chat und im anschließenden Telefonat habe es deutlich gemacht, dass es ausschließlich eine Frau einstellen werde, der Bewerber also allein schon wegen seines Geschlechts ungeeignet sei.
Auch die vom Bewerber berechnete Höhe der Entschädigung befand das Gericht für angemessen. Die Entschädigung diene auch dazu, das Unternehmen anzuhalten, in Zukunft Stellen so auszuschreiben, dass sie den Anforderungen des AGG entsprechen.
Die Bewerbung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Das wäre nur der Fall, wenn der Bewerber systematisch und zielgerichtet vorgegangen sei, um in den Genuss einer Entschädigung nach AGG zu gelangen. Hier sei aber der Bewerber grundsätzlich für die Stelle geeignet gewesen. Die Angaben zu seiner hohen Qualifikation – er hatte eine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen und studierte Wirtschaftsrecht – sollten nicht dazu dienen, eine Absage zu provozieren. Vielmehr habe er für sich werben wollen, um die Stelle zu bekommen.
Rechtssicher durchs Bewerbungsverfahren
Bewerbungsverfahren halten für Bewerber:innen und für Unternehmen Tücken bereit. Wenden Sie sich bei Fragen rund um die rechtssichere Ausschreibung von Stellen gerne an mich. Und wenn Sie der Ansicht sind, dass Sie im Bewerbungsverfahren diskriminiert wurden: sprechen Sie mich an. Ich berate Sie gerne. Sie erreichen mich unter der 040/ 413 46 98 97 oder per E-Mail info@cs-ra.de.