Vom Arbeitgeber verhängtes Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann zulässig sein

18.07.2021, Autor: Frau Tanja Fuß / Lesedauer ca. 2 Min. (184 mal gelesen)
Ein vom Arbeitgeber verhängtes Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann zulässig sein aus Gründen der Neutralität und Vermeidung von Konflikten.

Vom Arbeitgeber verhängtes Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann zulässig sein
 
Urteil EuGH zu Kopftuchverbot vom 15.07.2021, Az.: C-804/18 u. C-341/19:

Der Europäische Gerichtshof hat vor Kurzem entschieden, dass es zulässig sein kann, wenn der Arbeitgeber das Tragen sichtbarer politischer oder religiöser Symbole verbietet, um gegenüber Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln und Konflikte zu vermeiden.

Abmahnung muslimische Mitarbeiterin durch Kita wegen Kopftuch am Arbeitsplatz:

Eine überkonfessionelle Kindertagesstätte hatte eine muslimische Arbeitnehmerin mehrfach abgemahnt, weil sie bei der Arbeit ein Kopftuch trug. Die Arbeitnehmerin klagte vor dem Arbeitsgericht Hamburg auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte. Das Arbeitsgericht legte den Fall dem EuGH vor.

Weisung Drogeriekette an muslimische Mitarbeiterin am Arbeitsplatz kein Kopftuch zu tragen:

Die Drogeriemarktkette Müller erteilte einer muslimischen Arbeitnehmerin, die als Kassiererin in einer Filiale im Raum Nürnberg arbeitete, die Weisung, am Arbeitsplatz kein Kopftuch zu tragen. Gegen diese Weisung klagte die Mitarbeiterin. Nachdem das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben haben, legte die Drogeriemarktkette Revision zum Bundesarbeitsgericht ein. Das Bundesarbeitsgericht legte den Fall dem EuGH vor.

Religionsfreiheit gegen unternehmerische Freiheit:

Während sich die Arbeitnehmerinnen durch die Anweisungen des Arbeitgebers in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt sehen, verweisen die Arbeitgeber auf ihre unternehmerische Freiheit.

Laut Urteil kann Kopftuchverbot gerechtfertigt sein:

Bereits 2017 hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein Verbot von politischen oder religiösen Symbolen am Arbeitsplatz keine unmittelbare Diskriminierung darstellt. Es kann aber eine mittelbare Diskriminierung vorliegen. Diese ist aber unter Umständen gerechtfertigt.

Gibt es tatsächlich ein Bedürfnis des Arbeitgebers, gegenüber Kunden bzw. Eltern ein Bild der Neutralität zu vermitteln, kann ein Verbot politischer bzw. religiöser Symbole am Arbeitsplatz zulässig sein. Maßgeblich sind die berechtigten Erwartungen der Kunden bzw. der Wunsch der Eltern, dass ihre Kinder von Personen betreut werden, die nicht ihre Religion zum Ausdruck bringen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass ohne eine solche Politik der Neutralität seine unternehmerische Freiheit beeinträchtigt ist, da er ohne sie nachteilige Konsequenzen zu tragen hätte. Außerdem muss die Politik der Neutralität konsequent verfolgt werden, sich also auf alle sichtbaren Symbole und Aussagen in Bezug auf Religion bzw. Politik beziehen. Voraussetzung ist zudem, dass sich das Verbot nur auf Arbeitnehmer bezieht, die mit Kunden oder anderen Mitarbeitern Kontakt haben. Anders wäre dies also etwa bei einem Mitarbeiter, der nur in Homeoffice oder in einem Einzelbüro arbeitet, zu beurteilen.

endgültige Entscheidung über Zulässigkeit Kopftuchverbot durch deutsche Gerichte:

Die abschließende Entscheidung liegt nun bei den deutschen Gerichten. Der EuGH hat in seinem Urteil ausdrücklich betont, dass die nationalen Gerichte einen Entscheidungsspielraum haben. Sofern beispielsweise Vorschriften im jeweiligen EU-Mitglieds-Staat der Religionsfreiheit ein höheres Gewicht zuweisen, ist auch ein Urteil denkbar, das ein Kopftuchverbot für unzulässig erklärt.

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