So wehren Sie sich gegen unlauteren Wettbewerb: Unzulässige Werbung für Grabmale

19.04.2012, Autor: Herr Lars Jaeschke / Lesedauer ca. 7 Min. (1761 mal gelesen)
Briefwerbung für Grabmale früher als zwei Wochen nach Todesfall ist unzulässig (BGH, Az.: I ZR 29/09). Unaufgeforderte Vertreterbesuche zur Erlangung von Aufträgen für Grabsteine sind in jedem Fall unzulässig (BGH, Az.: I ZR 119/69).

Werbung von Steinmetzen für Grabmale oder von Bestattungsinstituten für Bestattungsdienstleistungen haben die Wettbewerbskammern bei den Gerichten schon oft beschäftigt. Schon das Reichsgericht hat es beispielsweise als einen Verstoß gegen die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs angesehen, dass Inhaber oder Angestellte von Bestattungsunternehmen nach Eintritt eines Sterbefalls unaufgefordert ein Trauerhaus aufsuchen, um den Hinterbliebenen ihre Dienste für die Bestattung anzubieten.

Dennoch scheint es für einige Marktteilnehmer nach wie vor verlockend, sich einen von der Rechtsordnung nicht gedeckten Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten zu verschaffen, indem z.B. direkt nach einem Todesfall unaufgefordert Werbematerial an Angehörige verschickt wird usw.

Der nachfolgende kurze Beitrag soll erläutern, was nach derzeitiger Rechtslage im Bestattungsbereich zulässig ist – und was nicht. Dabei kann und soll dieser allgemeine Ratgeber die Rechtsberatung im konkreten Einzelfall etwa durch einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz nicht ersetzen. Der Beitrag kann aber helfen, Problemfelder zu erkennen und dadurch ggf. Abmahnungen zu vermeiden bzw. Klarheit insoweit schaffen, als das der Unternehmer erkennt, wo er sein Handeln im Markt rechtlich überprüfen lassen sollte. Höchstrichterlich geklärt ist etwa, dass unaufgeforderte Vertreterbesuche zur Erlangung von Aufträgen für Grabsteine immer unzulässig sind, Briefwerbung für Grabmale zwei Wochen nach einem Todesfall hingegen zulässig ist.

Verstöße hiergegen können u.a. von Wettbewerbern, z.B. also sich rechtstreu verhaltenden Steinmetzen bzw. Bestattungsinstituten, kostenpflichtig abgemahnt werden, wobei eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung von den Wettbewerbern verlangt werden kann, die gegen das Lauterkeitsrecht verstoßen.

Das Wichtigste in Zusammenfassung:


- Werbung auf dem Friedhof ist – jedenfalls grundsätzlich – problematisch. Es kommt jedoch auf den Einzelfall an.

- Werbung mit hoheitlicher Beauftragung („Vertragspartner der Gemeinde XYZ“, u.ä.) ist unzulässig. Zwar ist der Wettbewerbsvorsprung, der sich allein durch eine öffentliche Beauftragung als solche ergibt, hinzunehmen, er darf jedoch von dem Beauftragten nicht zielgerichtet zugunsten seines Privatunternehmens eingesetzt werden.

- Briefwerbung für Grabmale früher als zwei Wochen nach Todesfall ist unzulässig.

- Unaufgeforderte Vertreterbesuche zur Erlangung von Aufträgen für Grabsteine sind in jedem Fall unzulässig.

- Selber Fotos von Grabsteinen Dritter zu erstellen und diese dann kommerziell zu nutzen ist grundsätzlich jedenfalls urheberechtlich zulässig, da Friedhöfe öffentliche Plätze sind. Es sind aber andere Hindernisse denkbar, weshalb es auf den Einzelfall ankommt.


Im Einzelnen:

I. Werbung auf dem Friedhof


Dass Werbung auf dem Friedhof (etwa von Bestattungsunternehmen) wohl allgemein als pietätlos und sittenwidrig angesehen wird, hindert einige Unternehmer nicht daran, trotzdem zu versuchen, sich einen lauterkeitsrechtswidrigen Werbevorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Hier ist indes Vorsicht geboten. In der Regel gilt immer noch, dass Werbung auf dem Friedhof untersagt ist, sei es aufgrund eines Werbeverbotes in der jeweiligen Friedhofssatzung oder nach dem Lauterkeitsrecht. Die „pfiffige“ Idee auf dem Friedhof Gießkannen mit der Aufschrift „Zur freundlichen Benutzung Bestattungen ABC“ zur Nutzung bereit zu stellen o.ä., kann also ggf. ein teures Nachspiel haben. Seit der Grabaushubcontainer-Entscheidung des OLG München sind die Voraussetzungen sittenwidriger Bestatterwerbung insoweit etwas klarer gefasst, wobei es immer auf den konkreten Einzelfall ankommt. Die Standesauffassung im Bestattungsgewerbe, dass das Friedhofsgelände, unabhängig davon, ob dies in der Friedhofssatzung explizit festgehalten ist oder nicht, von Werbemaßnahmen der in der Bestattungsbranche Tätigen strikt freizuhalten ist, führt nach der Entscheidung des OLG München nicht dazu, dass jede Anbringung einer Firmenaufschrift auf einem Gegenstand, der von einem im Bestattungsgewerbe Tätigen auf dem Friedhof verwendet wird, als sittenwidrig qualifiziert werden kann. Dies ist auch logisch, man denke an ein kleines Logo auf einem Grabstein. Die Beurteilung ist vielmehr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Das Aufstellen von Containern, die zur Aufnahme des Aushubs der Grabstelle bestimmt und vom Eigentümer mit einem von allen Seiten des Containers aus sichtbaren Firmenschlagwort versehen sind, in unmittelbarer Nähe von Grabsteinen stellt jedoch eine an Trauernde gerichtete sittenwidrige Werbemaßnahme dar, wie das OLG München richtig entschieden hat.

II. Werbung mit hoheitlicher Beauftragung („Vertragspartner der Gemeinde XYZ“, u.ä.)

Generell gilt, dass hoheitliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten von Bestattern und Steinmetzen nicht in unzulässiger Weise vermengt und werbemäßig nutzbar gemacht werden dürfen. Zwar ist der Wettbewerbsvorsprung, der sich allein durch die öffentliche Beauftragung als solche ergibt, hinzunehmen, er darf jedoch von dem Beauftragten nicht zielgerichtet zugunsten seines Privatunternehmens eingesetzt werden. Daraus ergibt sich die Unzulässigkeit jeglicher Werbung mit der hoheitlichen Beauftragung, die anderen Wettbewerbern nicht möglich ist. Haslinger (in: WRP 2008, 1052ff.) führt zu Recht aus: „(…) nach wie vor (besteht) eine Verkehrsauffassung dahingehend, dass allein der Hinweis auf die gemeindliche Beauftragung empfehlend wirkt und den Eindruck besonderer Seriosität und amtlichen Vertrauens erweckt. (…) Es erscheint daher gerechtfertigt, auch einen schlichten Hinweis auf die gemeindliche Beauftragung als wettbewerbswidrig einzustufen und einen Versoß gegen §§ 3, 5 UWG anzunehmen.“

III. Unaufgeforderte Vertreterbesuche zur Erlangung von Aufträgen für Grabsteine sind immer unzulässig

Schon das Reichsgericht (RG) hatte angenommen, dass nach Auffassung der Allgemeinheit vor der „Heiligkeit des Todes und vor dem Schmerz der Hinterbliebenen“ alle Wettbewerbshandlungen haltzumachen haben, auch wenn gegen sie sonst im geschäftlichen Verkehr nichts einzuwenden sein mag. Es hat daher darin einen Verstoß gegen die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs erblickt, dass Inhaber oder Angestellte von Bestattungsunternehmen nach Eintritt eines Sterbefalls unaufgefordert das Trauerhaus aufsuchen, um den Hinterbliebenen ihre Dienste für die Bestattung anzubieten (RGZ 145, S. 396). Aus diesen Erwägungen wird es zu Recht auch als unzulässig angesehen, durch unbestellte Hausbesuche bei noch lebenden Personen für den Abschluss von Verträgen auf deren dereinstige Bestattung zu werben, weil dies im Allgemeinen als taktlos und dem Anstandsgefühl zuwiderlaufend empfunden wird. Bei der Werbung zur Erlangung von Bestattungsaufträgen sind unerbetene Hausbesuche demnach schlechthin untersagt, d.h. auch nach Ablauf einer Wartefrist (BGH, Urteil vom 12.03.1971, Az.: I ZR 119/69 – Grabsteinwerbungen II).

IV. Briefwerbung für Grabmale früher als zwei Wochen nach Todesfall ist unzulässig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem Urteil vom 22.04.2010 (Az.: I ZR 29/09) für weitere Klarheit in Bezug auf Grabmalwerbung gesorgt. Danach ist Briefwerbung für Grabmale Angehörigen Verstorbener gegenüber zwei Wochen nach einem Todesfall zulässig.

In diesem Punkt bestand bislang eine gewisse Unsicherheit. Das Landgericht Gießen ging zuvor von einer Frist von drei Wochen aus, andere hielten mit guten Argumenten eine Frist von vier Wochen für angemessen. Der BGH hatte nun das letzte Wort und hat die 2-Wochen-Frist festgelegt.

Das Urteil des BGH vom 22.04.2010 beruht auf dem Fall einer Witwe aus Gießen. Noch am gleichen Tag, als die Todesanzeige für den verstorbenen Ehemann der Frau in der Lokalzeitung erschienen ist, hat die Trauernde einen Werbebrief eines Steinmetzes erhalten. Dies sah die Frau als unzumutbare Belästigung an. Ein solches Werbeschreiben wurde wie schon angesprochen bis zu der BGH Entscheidung verbreitet in den ersten vier Wochen nach dem Todesfall als eine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG angesehen. In den Fall wurde vom Beklagten dann die Unterlassung der Werbung sowie die Erstattung ihrer Abmahnkosten verlangt. Die Vorinstanzen haben der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Schreiben nicht binnen drei Wochen (Landgericht) bzw. zwei Wochen (Oberlandesgericht) nach dem Todesfall erfolgen dürften. Anderenfalls liege eine unzumutbare Belästigung vor.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine auf dem Postweg erfolgende Werbung für Grabmale zwei Wochen nach dem Todesfall nicht mehr wettbewerbsrechtlich als unzumutbare Belästigung der Hinterbliebenen verboten werden kann. Die Klägerin hat mit ihrer Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Der Beklagte hatte das Urteil des Berufungsgerichts hingenommen. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof ist mit den Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der Unternehmer zwar eine gewisse Wartefrist ab dem Todesfall einhalten müsse. Er hat aber angenommen, dass eine Frist von zwei Wochen, wie sie das Berufungsgericht für angemessen erachtet hat, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei.

V. Werbung mit Grabsteinen Dritter

Werbung mit Grabsteinen Dritter durch Steinmetze ist oft nicht unproblematisch und sollte tendenziell eher vermieden werden.
Fotos von der Webseite eines Wettbewerbers auf die eigene Webseite zu kopieren ohne hierzu berechtigt zu sein, stellt in jedem Fall eine abmahnfähige Urheberrechtsverletzung dar, die u.a. Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Urhebers bzw. Inhabers der jeweiligen Nutzungs- und Verwertungsrechte nach sich ziehen kann.
Selber Fotos von Grabsteinen Dritter zu erstellen und diese dann kommerziell zu nutzen ist grundsätzlich zulässig, da Friedhöfe öffentliche Plätze sind und insoweit eine Sonderregelung im Urheberrechtsgesetz eingreift, wenn die Grabsteine Urheberrechtsschutz genießen. Allerdings ist dann der Urheber zu benennen. Hat etwa ein Bildhauer (wohl auch Steinmetz) seinen Namen oder sein Firmenlogo am Denkmal (wohl auch Grabstein) angegeben, ist auch die Nennung im Internet geboten. Bei unsignierten Werken ist grundsätzlich im Rahmen von Treu und Glauben in Erfahrung zu bringen, wer der Urheber ist. Wenn das Gebot zur Quellenangabe verletzt wird, bestehen grundsätzlich auch Schadensersatzansprüche, wobei zum Teil als ausreichend angesehen wurde, wenn die Urheberbenennung nachgeholt wird (etwa in der Neuauflage eines Kataloges). Hier kommt es aber sehr auf den Einzelfall an. Oft besitzen Grabsteine schon keinen Urheberrechtsschutz, da sämtliche Gestaltungsmerkmale meist vorbekannt und bereits unendlich variiert worden sein dürften. Vor der Benutzung fremder Grabsteine für die eigene Werbung sollte die betreffenden Grabsteine und die konkrete Nutzung mit einem Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz besprochen werden. Insoweit ist zu bedenken, dass jedenfalls grundsätzlich Grabsteine auch geschmacksmusterrechtlich geschützt sein können. Dass der sog. „ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz“ insoweit fruchtbar gemacht werden könnte, hält der Verfasser indes für eher fernliegend, da das Wettbewerbsrecht grundsätzlich von Nachahmungsfreiheit („Imitationswettbewerb“) ausgeht. Steinmetze die wegen der Werbung mit Grabsteinen von Wettbewerbern oder angeblich unzulässiger Imitation o.ä. abgemahnt wurden sollten nicht voreilig von der Gegenseite vorformulierte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärungen unterschreiben, sondern sich zeitnah an einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz wenden, um die Rechtslage im konkreten Fall prüfen zu lassen das weitere Vorgehen zu besprechen.

Fazit: Die Lauterkeit des Wettbewerbs ist wesentlich, damit sich Einzelne keine unrechtmäßigen Vorteile gegenüber Ihren Konkurrenten im Markt verschaffen. Das Wettbewerbsrecht bietet ein scharfes Instrumentarium um „schwarzen Schafen“ zu begegnen. Bei klar wettbewerbswidrigem Verhalten können zeitnah einstweilige Verfügungen erwirkt und der unlautere Wettbewerb verfolgt werden. Wenden Sie sich im konkreten Fall am besten an einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.

Quelle: RGZ 145, S. 396; BGH, Urteil vom 12.03.1971, Az.: I ZR 119/69; Bundesgerichthof, PM Nr. 85/2010 vom 22.04.2010; BGH, Urteil vom 22.04.2010, Az.: I ZR 29/09; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.01.2009, Az.: 6 U 90/08; LG Gießen, Urteil vom 03.04.2008, Az.: 8 O 3/08; Haslinger, WRP 2008, 1052.

Dieser allgemeine Ratgeber kann und soll die Rechtsberatung im konkreten Einzelfall etwa durch einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz nicht ersetzen.

Autor dieses Rechtstipps

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Dr. Lars Jaeschke

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