Bundesverfassungsgerichtsurteil zum nachehelichen Unterhalt – mehr Geld für geschiedene Ehegatten möglich!
28.02.2011, Autor: Herr Andreas Jäger / Lesedauer ca. 3 Min. (4712 mal gelesen)
Über die kürzlich getroffene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts.
In einem bahnbrechenden Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe kürzlich die vom Bundesgerichtshof (BGH) entwickelte Rechtsprechung zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts für geschiedene Ehegatten für verfassungswidrig erklärt (AZ: 1BvR 918/10).
Als Folge der Entscheidung können eine Vielzahl geschiedener und unterhaltsberechtigter Ehepartner auf eine höhere Bemessung ihres Unterhaltes hoffen. Von der Entscheidung betroffen sind solche Fälle, in denen der unterhaltspflichtige Ehepartner sich wieder verheiratet hat und sowohl seinem neuen Ehegatten als auch geschiedenen Ehegatten gegenüber unterhaltspflichtig ist.
Nach Wiederverheiratung wurde der Unterhaltsanspruch einer geschiedenen Ehefrau gekürzt
Im Ausgangsfall hatte eine nach 24 Ehejahren geschiedene Ehefrau eine Verfassungsbeschwerde erhoben, nachdem ihr Unterhalt infolge einer Wiederverheiratung ihres Ex-Ehemanns gerichtlich um 130€ gekürzt wurde. Dies war der Fall, da auch die neue Ehefrau Unterhaltsansprüche gegen den Ex-Ehemann hatte.
Das Amtsgericht, welches per Urteil über die Kürzung entschied, stützte sich dabei auf eine vom BGH entwickelte Methode zur Berechnung des nachehelichen Unterhaltes – der so genannten „Dreiteilung“.
BGH entwickelte eigene Methode zur Berechnung des Unterhaltes
Das Prinzip der „Dreiteilung“ sieht im Groben vor, dass bei der Bedarfsermittlung die Einkünfte aller drei Ehepartner (also z.B. unterhaltspflichtiger Ehemann, seine geschiedene Ehefrau und seine derzeitige Ehefrau) zunächst zusammengerechnet wurden und dann das Ergebnis daraufhin durch drei geteilt wurde, um daraus den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten zu berechnen, wobei natürlich die eigenen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Ehegatten angerechnet wurden. Bei dieser Dreiteilungsmethode durfte – so der BGH - ein hohes Einkommen des neuen Ehepartners jedoch niemals positiv in die Unterhaltsberechnung mit einbezogen werden, sodass geschiedene Ehepartner niemals von der „Dreiteilung“ profitieren konnten.
Prinzip der „Dreiteilung“ entspricht nicht den Vorgaben des Grundgesetzes
Das Bundesverfassungsgericht jedoch erkannte diese vom BGH entwickelte Methode der Berechnung des nachehelichen Unterhalts für verfassungswidrig. Sie orientiere sich nicht an den gesetzlichen Vorgaben zur Unterhaltsberechnung, sondern ersetze diese durch „eigene Gerechtigkeitsvorstellungen“ der BGH-Richter. Indem der BGH im Wege der (ansonsten zulässigen) richterlichen Rechtsfortbildung für die Berechnung des nachehelichen Unterhalts auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhaltsanspruches abstelle, setze er sich über den Wortlaut des Gesetzes in unzulässiger Weise hinweg. Dieses besagt nämlich, dass für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig ausschließlich die Lebensverhältnisse des geschiedenen Ehepaares im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ausschlaggebend sind. Darüber hinaus solle der Wandel der Lebensverhältnisse des zum Unterhalt verpflichteten Ehepartners keinen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch haben, wobei Kürzungen des Unterhalts nur in ganz begrenztem Umfang möglich seien – eine Regelung, die durch die „Dreiteilung“ in verfassungswidriger Weise umgangen wurde.
Solange eine Kürzung des Unterhaltes also nicht an die Ehe zwischen Unterhaltsberechtigtem und –verpflichteten anknüpfe, wie es im Falle der „Dreiteilung“ geschehe, sei diese unzulässig.
Die Verfassungsrichter erachteten zudem für Unrecht, dass ein geschiedener Ehegatte nach der „Dreiteilungsmethode“ „regelmäßig weniger, selten dasselbe, nie aber mehr erhält“ als im Wege einer vom Gesetzeswortlaut verlangten Anknüpfung an die Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung.
Entscheidung bringt vielen Geschiedenen mehr Unterhalt
Die Entscheidung des BVerfG hat weitreichende Folgen. Eine Vielzahl geschiedener „Ex-Ehepaare“ leben in Deutschland in der Konstellation, wie sie im Ausgangsfall beschrieben wurde. Das BVerfG hat im dargestellten Fall der geschiedenen Ehefrau einen Unterhaltsanspruch von 761 € errechnet, was für sie rund 275 € mehr Unterhalt im Monat bedeutete.
Aufgrund des Urteils des BVerfG wird es für geschiedene Ehepartner, die sich in einer ähnlichen Konstellation befinden, von nun an möglich sein, Ihre Unterhaltsansprüche gerichtlich überprüfen zu lassen und so dauerhaft mehr Unterhalt zu erhalten.
Andreas Jäger
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Familienrecht,
Fachanwalt für Erbrecht
https://www.gks-rechtsanwaelte.de
In einem bahnbrechenden Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe kürzlich die vom Bundesgerichtshof (BGH) entwickelte Rechtsprechung zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts für geschiedene Ehegatten für verfassungswidrig erklärt (AZ: 1BvR 918/10).
Als Folge der Entscheidung können eine Vielzahl geschiedener und unterhaltsberechtigter Ehepartner auf eine höhere Bemessung ihres Unterhaltes hoffen. Von der Entscheidung betroffen sind solche Fälle, in denen der unterhaltspflichtige Ehepartner sich wieder verheiratet hat und sowohl seinem neuen Ehegatten als auch geschiedenen Ehegatten gegenüber unterhaltspflichtig ist.
Nach Wiederverheiratung wurde der Unterhaltsanspruch einer geschiedenen Ehefrau gekürzt
Im Ausgangsfall hatte eine nach 24 Ehejahren geschiedene Ehefrau eine Verfassungsbeschwerde erhoben, nachdem ihr Unterhalt infolge einer Wiederverheiratung ihres Ex-Ehemanns gerichtlich um 130€ gekürzt wurde. Dies war der Fall, da auch die neue Ehefrau Unterhaltsansprüche gegen den Ex-Ehemann hatte.
Das Amtsgericht, welches per Urteil über die Kürzung entschied, stützte sich dabei auf eine vom BGH entwickelte Methode zur Berechnung des nachehelichen Unterhaltes – der so genannten „Dreiteilung“.
BGH entwickelte eigene Methode zur Berechnung des Unterhaltes
Das Prinzip der „Dreiteilung“ sieht im Groben vor, dass bei der Bedarfsermittlung die Einkünfte aller drei Ehepartner (also z.B. unterhaltspflichtiger Ehemann, seine geschiedene Ehefrau und seine derzeitige Ehefrau) zunächst zusammengerechnet wurden und dann das Ergebnis daraufhin durch drei geteilt wurde, um daraus den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten zu berechnen, wobei natürlich die eigenen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Ehegatten angerechnet wurden. Bei dieser Dreiteilungsmethode durfte – so der BGH - ein hohes Einkommen des neuen Ehepartners jedoch niemals positiv in die Unterhaltsberechnung mit einbezogen werden, sodass geschiedene Ehepartner niemals von der „Dreiteilung“ profitieren konnten.
Prinzip der „Dreiteilung“ entspricht nicht den Vorgaben des Grundgesetzes
Das Bundesverfassungsgericht jedoch erkannte diese vom BGH entwickelte Methode der Berechnung des nachehelichen Unterhalts für verfassungswidrig. Sie orientiere sich nicht an den gesetzlichen Vorgaben zur Unterhaltsberechnung, sondern ersetze diese durch „eigene Gerechtigkeitsvorstellungen“ der BGH-Richter. Indem der BGH im Wege der (ansonsten zulässigen) richterlichen Rechtsfortbildung für die Berechnung des nachehelichen Unterhalts auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhaltsanspruches abstelle, setze er sich über den Wortlaut des Gesetzes in unzulässiger Weise hinweg. Dieses besagt nämlich, dass für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig ausschließlich die Lebensverhältnisse des geschiedenen Ehepaares im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ausschlaggebend sind. Darüber hinaus solle der Wandel der Lebensverhältnisse des zum Unterhalt verpflichteten Ehepartners keinen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch haben, wobei Kürzungen des Unterhalts nur in ganz begrenztem Umfang möglich seien – eine Regelung, die durch die „Dreiteilung“ in verfassungswidriger Weise umgangen wurde.
Solange eine Kürzung des Unterhaltes also nicht an die Ehe zwischen Unterhaltsberechtigtem und –verpflichteten anknüpfe, wie es im Falle der „Dreiteilung“ geschehe, sei diese unzulässig.
Die Verfassungsrichter erachteten zudem für Unrecht, dass ein geschiedener Ehegatte nach der „Dreiteilungsmethode“ „regelmäßig weniger, selten dasselbe, nie aber mehr erhält“ als im Wege einer vom Gesetzeswortlaut verlangten Anknüpfung an die Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung.
Entscheidung bringt vielen Geschiedenen mehr Unterhalt
Die Entscheidung des BVerfG hat weitreichende Folgen. Eine Vielzahl geschiedener „Ex-Ehepaare“ leben in Deutschland in der Konstellation, wie sie im Ausgangsfall beschrieben wurde. Das BVerfG hat im dargestellten Fall der geschiedenen Ehefrau einen Unterhaltsanspruch von 761 € errechnet, was für sie rund 275 € mehr Unterhalt im Monat bedeutete.
Aufgrund des Urteils des BVerfG wird es für geschiedene Ehepartner, die sich in einer ähnlichen Konstellation befinden, von nun an möglich sein, Ihre Unterhaltsansprüche gerichtlich überprüfen zu lassen und so dauerhaft mehr Unterhalt zu erhalten.
Andreas Jäger
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Familienrecht,
Fachanwalt für Erbrecht
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