Gekündigter Mieter muss rechtzeitig und intensiv Ersatzwohnung suchen

26.11.2023, Autor: Herr Norbert Monschau / Lesedauer ca. 2 Min. (354 mal gelesen)
Ab wann muss sich ein gekündigter Mieter eine neue Wohnung suchen?

Eine Verlängerung der Räumungsfrist kommt nur in Betracht, wenn der Schuldner sich intensiv um eine Ersatzwohnung bemüht hat. Dabei beginnt die Handlungsfrist bei klarer Sach- und Rechtslage mit Erhalt der Kündigung, spätestens aber mit Stattgabe der Räumungsklage in erster Instanz oder einem Hinweis des Erstgerichts auf erhebliche Erfolgsaussichten der Räumungsklage (LG München I v. 08.02.2023 - 14 T 1361/23).

Einer kinderreichen Familie war 2020 die Wohnung wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens außerordentlich gekündigt worden. Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage Weihnachten 2021 stattgegeben und eine zweimonatige Räumungsfrist gewährt.

Das Landgericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts, verlängerte die Räumungsfrist aber bis Ende Januar 2023. Nach Erlass des Berufungsurteils im August 2022 begannen die Mieter, sich
neuen Wohnraum zu suchen. Sie gaben an, sich bis Mitte Januar 2023 erfolglos auf zehn Wohnungen beworben zu haben und beantragten bei dem Amtsgericht eine Verlängerung der Räumungsfrist um sechs Monate bis 31.07.2023.

Damit blieben sie – auch im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht – erfolglos.


Übersicht:

Ab wann ein gekündigter Mieter gehalten ist, sich neuen Wohnraum zu suchen, ist im Rahmen der Räumungsfristverlängerung nach § 721 Abs. 3 ZPO umstritten:

  • Nach einer Ansicht ist auf den Eintritt der Rechtskraft des Räumungsurteils abzustellen (LG Wuppertal v. 17.10.1994 - 6 T 792/94; LG Essen v. 12.12.1991 - 11 T 746/91; LG Hamburg v. 04.07.1988 - 16 T 58/88).
  • „Nach anderer Ansicht muss der Mieter regelmäßig bereits nach Erhalt der Kündigung Ersatzwohnraum suchen, der im Einzelfall auch teurer sein kann (OLG Köln v. 10.03.2002 - 16 U 72/02).
  • „Eine vermittelnde Ansicht nimmt eine Obliegenheit zur Ersatzwohnraumsuche jedenfalls dann an, wenn nach Maßgabe einer Einzelfallbetrachtung „die Wirksamkeit der Kündigung auf der Hand liegt“ (MüKo/Götz, ZPO, § 721 Rn. 12), „völlig klar“ (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 721 ZPO Rn. 22) bzw. „evident“ ist (Schmid/Harz/Eiden, § 721 ZPO Rn. 33).
Das Landgericht München I stellt auf den Einzelfall ab, um zu beurteilen, ab wann der Mieter ernstlich damit rechnen muss, zur Räumung verurteilt zu werden. Oft entstehe die Pflicht nämlich bereits mit Erhalt der Kündigung – etwa wegen Zahlungsverzugs. Dann könne man nicht mehr „unbekümmert auf die Abweisung der Räumungsklage hoffen“. Hier wäre, so das Gericht, nach Zustellung des erstinstanzlichen Räumungsurteils Anlass gewesen, sich auf die Suche nach einer Ersatzunterkunft zu machen.

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